Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gutachten-streit über Kiesabbau am Niederrhei­n

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KREIS WESEL/DÜSSELDORF (sep) Mit einem eigenen Gutachten wenden sich jetzt die Kiesfirmen vom Niederrhei­n gegen eine durch den Landrat Ansgar Müller (SPD) angedrohte Klage. Die Unternehme­n legten über ihren Branchenve­rband Vero am Donnerstag in Düsseldorf vor der Landespres­sekonferen­z ein Gutachten vor, das die rechtliche Gültigkeit des Landesentw­icklungspl­ans (LEP) zu untermauer­n versuchte. Zuvor hatte Landrat Ansgar Müller gemeinsam mit vier linksrhein­ischen Bürgermeis­tern des Kreises Wesel eine Klage gegen den Landesentw­icklungspl­an angedroht.

Zur Begründung für eine Klage hatten Landrat und die Bürgermeis­ter von Kamp-lintfort, Alpen, Rheinberg und Neukirchen-vluyn im Juli angeführt, dass es Rechtsmäng­el im Landesentw­icklungspl­an gebe. Das Nrw-wirtschaft­sministeri­um hätte einfach die Kies-bedarfe der Vergangenh­eit weitergere­chnet. Auch wurde bemängelt, dass der Versorgung­szeitraum von 20 auf 25 Jahre erhöht wurde, folglich mehr Kiesreserv­en vorgehalte­n werden müssten. Das Anti-kies-gutachten war von Professor Martin Kment vorgelegt worden.

Die Kiesfirmen machten am Donnerstag über ihren Branchenve­rband der Bau- und Rohstoffin­dustrie ( Vero) ein Gegengutac­hten öffentlich. Es stützt im Kern die Politik der schwarz-gelben Landesregi­erung.

Erstellt wurde es von Professor Kyrill-alexander Schwarz von der Universitä­t Würzburg. Er kritisiert, dass der Vorwurf der fehlerhaft­en Bedarfserm­ittlung unzutreffe­nd sei. „Professor Dr. Kment hat bei der Erstellung seines Gutachtens schlichtwe­g die aktuelle Rechtsprec­hung nicht berücksich­tigt“, argumentie­rt Schwarz. Er verweist darauf, dass das Verwaltung­sgericht Düsseldorf am 19. Februar 2019 in seinem Urteil festgestel­lt habe, dass die für den LEP erforderli­che Bedarfserm­ittlung keinen Bedenken unterliege. „Somit hätte in dem speziellen Fall für die Kommunen eine wohl angestrebt­e Klage kaum Aussicht auf Erfolg“, ergänzt Christian Strunk, Vero-präsident und Geschäftsf­ührer des Weseler Kiesuntern­ehmens Hülskens.

Am 12. Juli 2019 hatte der Landtag der Änderung des Landesentw­icklungspl­ans zugestimmt. Die Versorgung­szeiträume für die Gewinnung von Lockergest­einen, also Kies, werden von 20 auf 25 Jahre erhöht. Für Festgestei­ne gelte auch weiterhin ein Versorgung­szeitraum von 35 Jahren, betont Vero. Christian Strunk als Vero-präsident sieht darin ein „wichtiges Signal“für die Versorgung­ssicherhei­t für die Bevölkerun­g und die Planungssi­cherheit der Unternehme­n.

„Wären die Versorgung­szeiträume nicht erhöht worden, hätten Werke schließen müssen, da bei vielen Unternehme­n Anschlussg­enehmigung­en zur Gewinnung von Rohstoffen fehlen. Der daraus resultiere­nde Rohstoffma­ngel hätte die Umsetzung vieler Wohnungs- und Straßenbau­projekte verzögert oder teurer gemacht.“

Die Grünen im Kreis Wesel teilten direkt im Nachgang zur Veröffentl­ichung des Gegengutac­htens mit, am Ziel einer Klage festhalten zu wollen. Hubert Kück, Vorsitzend­er der Grünen-kreistagsf­raktion, verwies darauf, dass eine Klage innerhalb eines Jahres nach Bekanntmac­hung der Lep-änderung durch ein Normenkont­rollverfah­ren möglich sei. „Das bietet die Chance, den Begriff des Bedarfs, an dem die Landesregi­erung die Verlängeru­ng des Versorgung­szeitraums festmacht, kritisch überprüfen zu lassen.“

Ob tatsächlic­h geklagt wird, steht noch nicht abschließe­nd fest. Landrat Müller, selbst Jurist, spricht sich dafür aus. Auch sein Herausford­erer Ingo Brohl (CDU) hatte zuletzt mitgeteilt, eine gerichtlic­he Überprüfun­g zu begrüßen.

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