Stindl ist Borussias Chiellini-Bonucci
Wie die beiden Italiener zeigt auch Borussias Kapitän immer wieder den Wert von Routiniers für ein Team.
Als Berti Vogts, der Ur-Borusse, zuletzt in seiner EM-Kolumne für unsere Redaktion den neuen Europameister Italien würdigte, schrieb Gladbachs Rekordspieler dem betagten Innenverteidiger-Duo Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci einen großen Anteil am Triumph der „Squadra Azzurra“zu. Chiellini war für Vogts der beste Spieler der EM, Bonucci der Prototyp eines Führungsspielers. 36 und 34 Jahre sind die beiden Herren von der „alten Dame“Juventus Turin alt, doch wer sie spielen gesehen hat beim paneuropäischen Turnier, dem kamen sofort die bekannten Worte vom guten Rotwein, der mit der Zeit immer besser wird, in den Sinn.
Im Vergleich zu Chiellini und Bonucci ist Borussias Lars Stindl mit seinen 32 Jahren regelrecht ein
Jungspund. In Gladbach jedoch, wo Manager Max Eberl einen neuen Jugendstil ausgerufen hat, ist er in der Altersrangliste der Feldspieler nach dem Abgang von Oscar Wendt (35) und Ibrahima Traoré (33) nun ganz vorn angekommen. Im gesamten Kader ist nur Ersatztorwart Tobias
Sippel älter als Stindl, der am 26. August 33 Jahre alt wird. Kein Gladbacher ist indes erfahrener als der Kapitän: 24.190 Minuten Bundesliga-Minuten hat er hinter sich, verteilt auf 321 Spiele.
Vor allem aber hat Stindl in den vergangenen beiden Spielzeiten nachgewiesen, dass er mit seinen Qualitäten dem Team absolut hilft: In der Saison 2019/20 war er der beste deutsche Tormacher in den Topligen Europas, mit seinen Toren in der Schlussphase der Saison sorgte er für die Champions-League-Qualifikation. In der Saison 2020/21 war er der beste deutsche Torjäger der Bundesliga. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass er als EM-Teilnehmer im DFB-Ensemble hätte etwas bewegen können mit seiner Art, die Spielkultur, Teamgeist und ein gesundes Maß an Aggressivität beinhaltet.
Deswegen wird Stindl für den neuen Trainer Adi Hütter das sein, was Chiellini und Bonucci für Italiens Trainer Roberto Mancini sind: Leitwölfe, Anführer, notwendige Stützen. Natürlich als Offensiver anders als die Verteidiger, die von hinten raus wirken. Stindl geht qua Position schon rein geografisch voran.
Stindl maß sich mit den beiden Italienern direkt in der Champipons League, als Borussia 2015 0:0 und 1:1 gegen Juventus spielte. Damals bildete Stindl mit Raffael das Angriffsduo, inzwischen ist er weiter zurückgerutscht, spielt meist hinter den Spitzen als ein Mischwesen aus Neun, Zehn und Neuneinhalb: Er ist Spielmacher ebenso wie Tormacher, offensiver Mittelfeldspieler ebenso wie Mittelstürmer, Inspirator, Passgeber, Entscheider, ein „Thomas Müller“, aber eben als „Lars Stindl“, genau genommen ist er eine eigene
Marke geworden und in dieser Rolle „stindlt“er für Borussia.
Adi Hütter hat Stindl als ersten angerufen, um etwas über sein neues Team zu erfahren. Und Stindl wird bei ihm gesetzt sein, alles andere würde überraschen, ob er nun mit einem oder zwei Menschen hinter den/der Spitze(n) spielt: Stindl ist der vorderste Teil der Gladbacher Achse und zugleich der Kopf des Teams, der Chiellini-Bonucci Borussias. Die beiden Italiner haben bei der EM noch mal ordentlich Werbung für die These gemacht, dass es nicht auf das Alter, sondern auf die Qualität allein ankommt. Stindl war zuletzt ebenfalls ein bestes Beispiel, um sie zu stützen. „Mit fast 37 Jahren ist er auch für die Zukunftspläne unabdingbar“, schrieb der „Corriere dello Sport“über Chiellini. Ersetzt man die 37 durch eine 33 gilt das exakt so auch für Stindl.