Die Flut und die Politik
Politik lebt immer auch von Symbolen. Gut zehn Wochen vor der Bundestagswahl, die das Ende der Ära von Angela Merkel markiert, muss es selbstverständlich um Inhalte und um Programme gehen. Aber gewählt werden Menschen – und zwar nicht nur für das, was sie sagen und tun, sondern wie sie sich geben. Es geht um Vertrauen, dass der Mann oder die Frau an der Spitze der Bundesregierung insbesondere in Krisenzeiten das Richtige zur richtigen Zeit tut. Und dieses Vertrauen entsteht durch Worte und Taten, aber auch durch Bilder.
Dass Gerhard Schröder einst beim Elbe-Hochwasser in Gummistiefeln „nah bei de Leud“war, wie Kurt Beck zu sagen pflegte, hat ihm wohl seine Wiederwahl knapp gesichert. Nicht, weil er viel tun konnte (den Wasserspiegel senkte er nicht), sondern nur, weil er da war. Man mag das falsch oder zynisch finden, aber relevant ist die Frage schon, ob ein Politiker den politischen Moment in einem Ereignis erkennt. So gesehen ist das Hochwasser auch ein Charaktertest.
Armin Laschet hat seinen Auftritt bei der CSU abgesagt und sich in Altena und Hagen eingefunden, was für einen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen das Mindeste ist. Aber er hätte auch einen Tag früher schon etwas sagen können, und wenn man Bundeskanzler werden will, sollte es nicht nur das eigene Bundesland sein. Annalena Baerbock kommt vorzeitig aus dem Urlaub zurück und hat schon am Mittwochabend ihr Mitgefühl getwittert. Ähnlich Olaf Scholz. Es entsteht also ein Wettrennen um die besten Sätze und besten Bilder, das eigentlich abstößt, weil es doch um konkretes Leid und echte Not zu gehen hat und nicht um Prozentpunkte in Umfragen. Was daran ist echt? Und doch bestimmen solche Momente maßgeblich, wie wir über jene denken, die uns regieren oder regieren wollen. Das ist menschlich, aber doch auch zutiefst politisch.