Guter Start unter Vorbehalt für Lolli-Tests
Seit Montag gibt es für Grund- und Förderschüler einen einfachen Corona-Test. Sie müssen dafür 30 Sekunden an einem Wattestäbchen lutschen. Die echte Probe für die Logistik wird aber nach den ersten Ergebnissen kommen.
DÜSSELDORF Es ist Montagmorgen, die Klasse 3d an der Vitusschule in Mönchengladbach wirkt müde. Der Corona-Test steht an. Seit Wochen ist das Routine für die Kinder. „Ab heute wird es ganz einfach“, sagt Lehrerin Silvana Tenbült. „Wir müssen uns mit den Lolli-Tests nicht mehr in der Nase herumpulen.“Ein leises Raunen in den Reihen. „Na endlich“, sagt Elia (9). 30 Sekunden lang lutschen die Kinder konzentriert an den Wattestäbchen.
3800 Grund- und Förderschulen in NRW sollten am Montag mit der neuen Methode starten, für mehr als 730.000 Schüler sind zwei Tests pro Woche geplant. Beim Start am Montag lief es gut, nur an einigen Stellen haperte es. Die wirkliche Probe für die Lolli-Tests wird nach den ersten Ergebnissen kommen. Eltern und Lehrer kritisieren vor allem den organisatorischen Aufwand.
Die Tests funktionieren zwar einfacher als ihre Vorgänger, doch für die Schulen wird die Organisation komplizierter. „Die Erwartung ist, dass wir von früh morgens bis spät abends bereit stehen – und das kann niemand leisten“, sagt Maria Meyen, Leiterin der Pestalozzischule in Neuss. Denn: Die Ergebnisse der Tests sind spätestens bis 6 Uhr am nächsten Morgen abrufbar. Bei einem positiven Ergebnis muss also bereits in den frühen Morgenstunden reagiert werden. Nicht nur von der Lehrer-, sondern auch von der Elternschaft, die dann das jeweilige Kind, das zu der positiven Lerngruppe gehört, in den eigenen vier Wänden testen muss.
„Die Auswertung und die anschließende Weitergabe der Ergebnisse durch die Labore an die Schulleitungen darf nicht zu einer 24-Stunden-Rufbereitschaft führen“, sagt auch Stefan Behlau, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung. In einzelnen Schulen sind zudem nicht alle Tests pünktlich angekommen. Aus dem Remscheider Schulamt hieß es, man warte noch auf einige Testkits, die mit DHL kämen. Sebastian Sdrenka, Vorsitzender der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW, sagte, dass es bei den zusätzlichen Tests, die Kinder für den Fall mit nach Hause nehmen sollen, gehapert habe. „Die sind wohl nicht bei allen angekommen“, sagt Sdrenka.
Größer scheint das Problem in Essen zu sein: Dort hätten rund 20 Prozent aller Schulen den Anfang der Lolli-Tests verschoben, berichtet die Funke-Mediengruppe. Für den ersten Tag sei verhältnismäßig wenig Sand im Getriebe gewesen, sagt Sdrenka. Nun gelte es abzuwarten, ob der Testbetrieb weiter relativ störungsfrei laufe.
In den 36 Förderschulen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) sind am Montag alle Lolli-Tests pünktlich eingetroffen. Für Kinder mit Behinderung seien diese Tests enorm wichtig, sagt LVR-Sprecher Michael Sturmberg. Normale Selbsttests seien für sie schwer zu handhaben. „Wir begrüßen das daher sehr“, sagt Sturmberg. Zumal der LVR die Lolli-Tests schon seit 26. April in eigener Regie benutzt, außerdem Rachenspültests für Erwachsene.
Die Erfahrungen seien gut, bei rund 6200 Anwendungen wurden bisher vier infizierte Schüler und sieben infizierte Erwachsene gefunden. Ob bei einem positiv getesteten Schüler alle Kontaktpersonen in Quarantäne müssen, entscheidet jeweils das zuständige Gesundheitsamt.
Die Frage treibt auch den Elternverein NRW um. Dazu gebe es widersprüchliche Aussagen, kritisiert Vorsitzende Andrea Heck. „Die Gesundheitsämter gehen von Kommune zu Kommune unterschiedlich damit um“, sagt Heck. Manchmal müssten alle Kontaktkinder in Quarantäne,
manchmal nicht. Selbst vor Ort können die Entscheidungen anders ausfallen. Aus dem Gesundheitsamt für den Rhein-Kreis Neuss hieß es bereits im Vorfeld, dass die Frage nach der Quarantäne individuell bewertet werde. Der Elternverein wünscht sich in dieser Hinsicht eine einheitliche Vorgehensweise, möglichst dergestalt, dass Kinder nicht unnötig unter einer Quarantäne leiden müssten.
In der 3d an der Mönchengladbacher Vitusschule fällt das Fazit gut aus: Komischer Geschmack, aber angenehmer als das Stäbchen in Rachen und Nase.