Lasst der Industrie die Impfstoff-Lizenzen!
Historisch“, jubelt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), ein Schritt in Richtung globaler Gerechtigkeit sei das. Schon lange kämpft die WHO dafür, dass Hersteller von Impfstoffen ihre Patente freigeben, sodass andere Unternehmen sie „nachkochen“können. Und nun zeigen sich auch US-Präsident Joe Biden und die EU-Kommission offen dafür. Gewiss: Bei der Bekämpfung der Pandemie ist Solidarität gefragt. Viele arme Länder sind auf die Hilfe der reichen angewiesen. Hilfe für andere ist auch im Eigeninteresse der Industrieländer: Was nützt es ihnen, die Pandemie zu besiegen, wenn von außen das Virus immer neu eingetragen wird?
Und doch ist der Schritt, den die große Koalition der Gutmenschen nun gehen will, falsch. Wer die Impfstoffhersteller zwingt, ihre Patente offenzulegen, macht den Kampf gegen die Pandemie nicht leichter, sondern schwerer. Schon Biontech-Chef Ugur Sahin warnte, dass es mit der Veröffentlichung nicht getan ist – zu komplex ist der Herstellungsprozess.
Noch schlimmer sind die langfristigen Folgen: Die Staatengemeinschaft bringt die Hersteller um Milliarden an Einnahmen. Pharmaforschung ist ein riskantes Geschäft: Fünf Ideen erweisen sich als Flop, bevor eine sechste zündet. Die muss so viel Gewinn abwerfen, dass die Pharmafirmen sich auch künftig auf solche Abenteuer einlassen. Die Anreizwirkung eines Lizenzentzugs wäre fatal: Wer hat noch den Mut und gibt das Kapital, Impfstoffe oder Medikamente zu entwickeln, wenn er anschließend enteignet wird?
Die EU und die USA sollen gern für mehr Kooperation und ein gestaffeltes Preissystem werben, wie es Biontech und andere ja auch praktizieren: Reiche Länder zahlen viel, arme Länder wenig. Aber Enteignung ist ein ungeeignetes, kurzsichtiges Mittel der Politik. Die nächste Pandemie kommt bestimmt.
BERICHT USA ENTFACHEN STREIT UM PATENTE, WIRTSCHAFT