Bürgermeister erhält Kot per Post
Kempens Bürgermeister Christoph Dellmans ist erbost: Im Rathaus-Briefkasten landete ein Umschlag voller Kot. Der Absender wollte damit seinem Ärger über den abgebauten Toilettenwagen vor dem Rathaus Luft machen.
KEMPEN Am frühen Dienstagmorgen machten Mitarbeiter der Stadtverwaltung in Kempen eine eklige Entdeckung: Bei der Leerung des Briefkastens am Rathaus kurz vor 8 Uhr fanden sie einen weißen DINA4-Umschlag, aus dem Exkremente quollen. Auf dem Umschlag stand geschrieben: „Herr Bürgermeister, wann wird der Toilettenwagen auf dem Buttermarkt wieder aufgebaut?“Weitere Briefe kamen nicht zu schaden. Auch vor dem Rathaus lag ein Haufen. Von dem Vorfall berichtete Bürgermeister Christoph Dellmans (parteilos) am Dienstagabend im Wirtschaftsausschuss der Stadt. Die Mitglieder des Ausschusses waren sichtlich entsetzt, als Dellmans davon erzählte und hinzufügte: „Es ist sehr despektierlich, wenn meine Mitarbeiter Umschläge in die Hand nehmen, wo – Entschuldigung – die Scheiße herausquillt.“– „Das ist ekelig, das haben die Mitarbeiter der Verwaltung nicht verdient. So gehen Menschen nicht miteinander um. Das ist eine Unverschämtheit“, sagte Ute Straeten (Grüne), Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, die für ihre Worte von allen Mitgliedern Applaus erhielt.
Der Toilettenwagen, den der Absender des Kot-Briefs meinte, wurde zum 1. Mai abgebaut. Er war im März 2020 vor dem Rathaus am Buttermarkt in der Altstadt aufgestellt worden, nachdem corona-bedingt die öffentlichen Toiletten im Rathaus für Besucher geschlossen werden mussten. Die Nutzung war kostenfrei, und wie Bürgermeister Dellmans berichtete, wurde der Toilettenwagen auch sehr gut angenommen. Er sei häufig besucht und alle zwei Stunden gereinigt worden.
Dass der so beliebte Toilettenwagen nun zum Monatsbeginn abgebaut wurde, geht auf eine Anfrage aus der Politik zurück: CDU, Freie Wähler und FDP hatten angeregt, den Wagen aus Kostengründen wieder abzubauen. Dem sei die Stadt gefolgt, berichtete Dellmans auf Anfrage unserer Redaktion. Man habe die Rechnungsprüfung im Haus, achte sehr genau auf die Ausgaben, bei denen es sich schließlich auch um Steuergelder handele. Was die Stadt konkret für den Toilettenwagen bezahlte, will Dellmans nicht sagen. Schließlich sei der Anbieter des Wagens bekannt, dessen Preise man nicht nennen wolle. Nur so viel: Seit März 2020 habe die Stadt „eine mittlere fünfstellige Summe“für den Wagen ausgegeben.
Dass jemand Kot in einen Umschlag stopft und in den Rathaus-Briefkasten wirft, macht Dellmans fassungslos. So etwas sei bislang noch nicht vorgekommen. Anzeige werde er nicht erstatten, „da wird sowieso niemand gefunden“, sagt der Bürgermeister. Doch er gehe offen mit dem Vorfall um, habe deshalb sofort im Ausschuss davon berichtet. Dellmans: „Diese Menschen sollten über ihr Verhalten nachdenken. So etwas akzeptiere und toleriere ich nicht.“
Immer häufiger gehen im Rathaus unfreundliche E-Mails oder Drohbriefe ein, „das ist leider heute so“, sagt Dellmans. Die Hemmschwelle sei niedriger geworden, das sehe er in den Diskussionen in sozialen Medien ebenso wie bei den E-Mails, die bei der Stadt ankämen. „Das ist aber nicht nur in Kempen so“, sagt Dellmans. Von Beschimpfungen und Bedrohungen berichteten auch Bürgermeister-Kollegen in anderen Städten. Durch die Corona-Pandemie und die allgemeine Unsicherheit sei die Hemmschwelle weiter gesunken, meint Dellmans. Er glaubt, dass auch soziale Medien dazu beitragen: „Durch die Anonymität glauben viele, geschützt zu sein und alles schreiben zu können.“
Dass städtische Mitarbeiter beschimpft und bedroht werden, nun aus Ärger um den fehlenden Toilettenwagen gar Kot im Rathaus landete, findet Dellmans „vorsichtig ausgedrückt sehr, sehr schade“. Schließlich gebe es andere Wege, mit der Verwaltung in Kontakt zu treten: „Wir können nicht alle Wünsche berücksichtigen“, macht der Bürgermeister deutlich, „aber man kann sich schriftlich äußern oder das Gespräch suchen.“
Weiterhin nutzen können Besucher die öffentliche barrierefreie Toilette auf dem Parkplatz P10 (hinter der Volksbank), die nach jeder Nutzung durch ein Selbstreinigungssystem gereinigt wird. Die Nutzung kostet 30 Cent. Zuletzt gab es häufiger Probleme, weil der Münzeinwurf verstopft war. „Das kann nicht mehr passieren. Die Anlage wird jetzt täglich kontrolliert“, versichert der Bürgermeister. Es helfe keinem, nun den Toilettenwagen wieder aufzustellen. Dellmans: „Wir haben die Entscheidung getroffen, die zu respektieren ist.“