Grundstückspolitik soll aktiver werden
Verwaltung und Politik planen eine eigene Entwicklungsgesellschaft als Stadttochter, die unter einem Dach Grundstücke ankaufen, erschließen und vermarkten soll. Vor der Sommerpause steht eine Entscheidung an.
NETTETAL Am 1. Januar 2022 könnte eine neue Stadttochter an den Start gehen. Zurzeit prüft die Verwaltung, wie so etwas aussehen und umgesetzt werden könnte. Es geht um die Beschaffung, Erschließung und Vermarktung von Grundstücken für Gewerbe und Wohnen. Damit ist jetzt endlich öffentlich, was bisher nur intern diskutiert wurde. Bereits vor mehr als einem Jahr, im März 2020, wurde im Lenkungsausschuss Wirtschaft und Marketing eine eigene Organisationsstruktur vorgestellt. Durch Corona und den Kommunalwahlkampf wurde das Thema aber erst einmal vertagt.
Die ersten Gedanken wurden dem Ältestenrat, einer Runde der Fraktionsvorsitzenden, im Dezember und Januar vorgestellt. Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich dann in der Sitzung am 11. März im nicht-öffentlichen Teil damit befasst und einen Prüfauftrag an die Verwaltung gegeben. In der April-Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung und Digitalisierung wurde das Thema öffentlich vorgestellt.
Den Ursprung haben die Überlegungen in der Übernahme der ehemaligen Venete-Flächen von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen (WFG). Schon 2012 wurde die Gründung einer Vermarktungsgesellschaft für diese Flächen erwogen. Dieser Plan wurde allerdings nach dem erfolgreichen Anlauf der eigenen Vermarktung durch die Verwaltung zunächst nicht weiterverfolgt. Wirtschaftsförderer Hans-Willi Pergens hat großes Interesse daran, nach dem Gewerbegebiet Nettetal-West I, wie Venete heute genannt wird, mit Nettetal-West II neue Gewerbeflächen zu erschließen. Der Flächennutzungsplan sieht dort weitere Gewerbeansiedlungen im Bereich Kaldenkirchen-Nord vor.
Schwieriger, so Pergens weiter, ist der komplexe Wohnbau-Bereich. Nach eingehenden Beratungen
mit den Stadtwerken Nettetal, der Baugesellschaft Nettetal sowie dem Nettebetrieb kam die Verwaltung zu dem Ergebnis, nicht nur für Gewerbeflächen eine eigene Organisationsstruktur zu schaffen, sondern ebenso für den Schwerpunkt Wohngebietsflächen. Ergänzend dazu sollen auch Tausch- und Ausgleichsflächen als Teil der strategischen Flächensicherung Berücksichtigung finden. Die bisher geplanten Wohnbauprojekte sind zum großen Teil realisiert, perspektivisch gesehen müssten neue Flächen erschlossen werden. Für den Wohnungsbau setzt die Verwaltung auf eine Bevorratung von Grundstücken in den nächsten Jahren. Dort gibt es einen großen Handlungsbedarf. Langfristig müsse auch alles mit dem Landesentwicklungsplan abgestimmt sein.
Die Verwaltung prüft zwar noch und hat keine Empfehlung abgegeben, da aber die Pläne im Rathaus selber entwickelt wurden, ist damit zu rechnen, dass die Gründung einer eigenen Entwicklungsgesellschaft realistisch ist. Eine solche GmbH soll eine enge Bindung an die Politik haben, um den Stadtrat nicht zu entmachten. Aber eine eigenständige Gesellschaft könne am Markt schlagkräftiger und schneller, agieren als ein klassisches Liegenschaftsamt. Diese neue GmbH bündelt die drei Aufgabenfelder: Liegenschaften ankaufen, erschließen und vermarkten.
Vor der Sommerpause soll eine Entscheidung gefällt werden. Das muss auch der Fall sein. Denn, will man zum 1. Januar starten, ist ein halbes Jahr Vorlauf schon knapp bemessen. Der Weggang des Ersten Beigeordneten Michael Rauterkus, der auch Geschäftsführer Nettebetrieb ist, zum 1. Juli, bedeutet eine weitere Herausforderung. Die Konsolidierung der Haushalte hat in der Vergangenheit dazu geführt, die Stellenpläne knapp zu halten. Nettetal hat sich in diesem Jahr eine kräftige Ausweitung des Stellenplans geleistet. Wohnungsbau hat es aber insgesamt und überall schwer: langwierige Genehmigungsverfahren, Personalmangel auf dem Arbeitsmarkt, ausgelastete Bauunternehmen und schnell steigende Baupreise hemmen die Entwicklung.