Warnung vor Antisemitismus „im Gewand von Israel-Kritik“
BERLIN (dpa) Die Antisemitismusbeauftragten von Bund und Ländern kritisieren die sogenannte BDS-Bewegung scharf. Die Bewegung sei „ein zentraler Akteur des antiisraelischen Antisemitismus“, schreiben die Beauftragten in einer am Montag verabschiedeten gemeinsamen Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. „Der gegen Israel gerichtete Antisemitismus ist eine zentrale Integrationsideologie für antisemitische Bewegungen in Deutschland und weltweit“, heißt es in dem Papier.
BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Bei Desinvestitionen handelt es sich um die Rücknahme von Investitionen. Die Bewegung verlangt ein Ende der Besatzung des Westjordanlandes, der Golanhöhen und Ost-Jerusalems und die völlige Gleichberechtigung arabisch-palästinensischer Bürger Israels. Außerdem fordert sie ein Recht auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen. Dabei handelt es sich nach UN-Angaben mittlerweile um mehr als fünf Millionen Menschen – aus Sicht Israels würde das einer Forderung nach seiner Zerstörung nachkommen, weil es das Ende des Landes als jüdischer Staat bedeuten würde. Der Bundestag hat die Bewegung vor zwei Jahren als antisemitisch eingestuft. Sie ist international aktiv und wird zum Teil auch von Prominenten und Intellektuellen unterstützt.
„Der Debatte um BDS und andere antisemitische Boykottkampagnen liegt häufig eine Auseinandersetzung um antisemitische Positionen zugrunde, die im Gewand einer „Israel-Kritik“vorgetragen werden, dabei aber allzu oft weit über legitime Kritik an einer Regierung und deren Maßnahmen hinausgehen“, beklagen die Beauftragten. Dafür gebe es im öffentlichen Raum oft zu wenig Gegenrede.
„Die antiisraelische BDS-Bewegung ist mit ein Wegbereiter einer neuen Welle des in Europa aufkommenden Antisemitismus, der immer aggressiver gegen hier lebende Juden verbal und auch tätlich ausgelebt wird“, sagte der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt. Damit schüre die BDS-Bewegung den Hass nicht nur gegen israelische Staatsbürger, sondern auch gegen Juden außerhalb Israels – jedoch seien „Europas Juden für die Kritik am Staat Israel die falsche Adresse“. Deswegen forderte Goldschmidt die Europäische Union und die europäischen Mitgliedstaaten auf, die Bewegung zu verbieten.
Mehrere renommierte Kultureinrichtungen aus Deutschland hatten im Dezember vor der Gefahr gewarnt, im Kampf gegen Antisemitismus wichtige kritische Stimmen in der Gesellschaft von der öffentlichen Debatte auszuschließen. Zudem warnten sie vor missbräuchlichen Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs.
„Europas Juden sind für die Kritik am Staat Israel die falsche Adresse“Pinchas Goldschmidt Europäische Rabbinerkonferenz