Blutrote Abwärtsspirale
Tom Holland spielt die Hauptrolle in dem Drogen-Drama „Cherry“auf Apple TV+.
Mit dem Überfall auf eine Bank beginnt der neue Film der Russo-Brüder. In „Cherry“spricht Hauptdarsteller Tom Holland („Spider-Man“) direkt mit dem Zuschauer, erklärt ihm seine Motivation während des Raubzugs, macht ihn zum Komplizen. Aber das ist nicht das einzige, was in diesem neuen Drama auf Apple TV+ irritiert.
In sechs epischen Kapiteln breiten die Brüder Anthony und Joe Russo, sonst bekannt für die actionreichen Marvel-Blockbuster, diese Geschichte nach dem autobiografischen Roman von Nico Walker aus. Erzählen, wie es dazu kommt, dass Cherry eigentlich aus Liebeskummer in den Krieg zieht.
Denn seine Highschool-Liebe Emily (Ciara Bravo) verschmäht ihn zunächst. So landet er als Sanitäter im Irak und kehrt traumatisiert zurück. Doch Emily, die auf ihn gewartet hat, kann ihn nicht vor sich selbst retten. Er flieht in Drogen, steigert sich von Oxy-Pillen zu Heroin und zieht Emily mit in den Sumpf.
Nun dominieren Drogen das Leben der beiden. Um Geld dafür zu verschaffen, raubt Cherry mit Jugendfreunden Banken aus. Und so unprofessionell und furchtlos, wie er da an einem Schalter steht und die Scheine verlangt, wundert man sich, dass das so lange gut geht. Zu Hause kümmert er sich um Emily, setzt ihr liebevoll die Spritze, während ihr Heim und ihr Leben immer mehr verlottern. Es ist eine Frage der Zeit, bis etwas schief läuft. Die Abwärtsspirale hat längst begonnen.
Irgendwie hat man bei dem Film immer das Gefühl, alles schon einmal gesehen zu haben – nur besser. Auch wenn sich die Russo-Brüder filmisch viel Mühe geben – aufwendige Einstellungen, Drohnenflüge, Farbmalerei und ein paar zu viele Slow Motions – bewegt die Geschichte nicht, bleibt oberflächlich, trotz der Tragik und der unterlegten Opernmusik. Die Kapitel fügen sich aneinander ohne wirklichen Höhepunkt. Das mag bei Superhelden-Filmen genügen, wo es um Effekte und Action geht. Aber beim Drama, in dem über Emotionen etwas über den Zustand der
Welt gesagt werden könnte, die sich nicht genug kümmert um solche traumatisierten Menschen, macht sich das Manko bemerkbar. Auf gut zwei Stunden Laufzeit wird der leere Kern im Inneren des Films deutlich und zunehmend zäh spürbar.
Cherry verzweifelt, rammt sich die Spritze im Auto immer wieder in den Oberschenkel, bis das Blut spritzt, so rot, wie die Titel der Kapitel unterlegt sind. Tom Holland versucht, schauspielerisch zu glänzen – vielleicht zu sehr –, kann aber den Zuschauer nicht für sich einnehmen. Vom Schüler entwickelt er sich zum Liebhaber, Soldaten, Junkie, Bankräuber, Knastbruder: Auch wenn manche ihn als Oscar-Anwärter sahen – dafür hat es nicht gereicht.
Info „Cherry“läuft bei Apple TV+.