NRW muss Einkaufsregeln nachbessern
Das Land hat seine Corona-Schutzverordnung schnell angepasst, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster sie bemängelt hatte. Gleichbehandlung im Einzelhandel ist die Devise. Nur ein paar Stunden waren die Regeln außer Kraft.
DÜSSELDORF/MÜNSTER Im nordrhein-westfälischen Einzelhandel waren am Montag für ein paar Stunden die Zeiten von Click & Meet vorbei. Dann platzten die Träume schon wieder. Kurz vor 14 Uhr präsentierte das NRW-Gesundheitsministerium eine mit Blick auf den Einzelhandel angepasste Coronaschutzverordnung und reagierte damit auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster Die bis dahin geltende Verordnung reichte nach Ansicht der Richter nicht, um die teilweise Ungleichbehandlung aufrechtzuerhalten, und darum hatten sie sie am Vormittag gekippt.
Für diese kurze Zeit also gab es keine Kundenbegrenzung pro Quadratmeter mehr (auch im Lebensmittelhandel nicht), und eine Terminbuchung war nicht mehr notwendig. Im Kopf entstand bei vielen Handelstreibenden – und vermutlich auch Verbrauchern – unwillkürlich ein Bild von vollen Läden, in denen die Menschen keine Rücksicht mehr darauf nehmen mussten, ob noch Einkaufswagen oder -körbe vorhanden waren, sondern unter Einhaltung von Hygieneund Abstandsregeln nahezu unzählig in die Läden hätten strömen können – wenn sie es denn gewollt hätten.
Vorbei der Traum schon Stunden später: „Da das Oberverwaltungsgericht eine unzulässige Ungleichbehandlung darin gesehen hat, dass Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte ab 8. März ohne diese Beschränkungen (Einkauf nur mit Termin, nur ein Kunde je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche) öffnen durften, gelten die Pflicht zur Terminvereinbarung und die 40-Quadratmeter-Begrenzung mit der jetzt geänderten Verordnung auch für diese Geschäfte“, teilte das Gesundheitsministerium mit. „Wichtig ist, dass das Gericht grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit unserer Maßnahmen erneut bestätigt hat“, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Was so gesehen stimmt, aber nicht über die mangelhafte Verordnung hinwegtäuschen darf. Das OVG Münster hatte am Morgen auf den Eilantrag eines Media-Marktes hin „die Vorschriften der Corona-Schutzverordnung zur Beschränkung des Einzelhandels vorläufig außer Vollzug gesetzt, weil sie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar sind“. Das Gericht bemängelte, die Landesregierung habe bei der geltenden Regelung ihren Spielraum überschritten. Und zwar dadurch, dass sie beispielsweise Buchläden und Gartenmärkten eine zahlenmäßig unbeschränkte Öffnung ohne Terminbuchung erlaubt hatte, während Modehändler keinen Kunden ohne vorherige Anmeldung reinlassen durften. Und weil man aus verfassungsrechtlichen Gründen auch die Quadratmeter-Regel nicht splitten darf, waren die Grenzen einstweilen überall gefallen. So etwas droht bei womöglich steigenden Kundenzahlen die Pandemiezahlen noch weiter nach oben zu treiben, aber der Schritt erhöhte aus Sicht des Gerichts den Druck auf Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen: „Die Landesregierung ist am Zug, sie muss schnell eine Neuregelung finden.“Was die postwendend tat.
Im Handel war die Freude über die Entscheidung aus Münster ohnehin gedämpft gewesen: „Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts bestätigt uns grundsätzlich in der Forderung nach einer diskriminierungsfreien Öffnungsperspektive für den ganzen Handel“, sagte Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW. Er hatte nach eigener Aussage schon damit gerechnet, dass die Verordnung schnell angepasst werden würde, und prohezeite: „Die Freude über dieses Urteil wird nicht lange anhalten.“
Sein unverändertes Credo: „Was wir brauchen, ist ein Strategiewechsel bei der Pandemiebekämpfung. Der Handel ist und war nie ein Infektionsherd. Inzidenzwerte dürfen nicht das einzige Beurteilungskriterium für einzuleitende Maßnahmen sein.“