Wie ein Gründer die Pandemie meistert
Nur wenige Tage nachdem Bastian Kames mit seinem frisch gegründeten Unternehmen Produktionsräume in Rheindahlen bezog, begann die Krise. Trotzdem läuft der junge Betrieb und soll weiter wachsen.
MÖNCHENGLADBACH Bastian Kames gründete seinen Zerspanungsbetrieb GSS GmbH im Februar dieses Jahres. Am 1. März zog das Startup in seine Rheindalener Produktionsstätte an der Broicher Straße ein. Dank eines ersten Kunden lief das Geschäft sechs Wochen lang solide.
Doch dann kam Corona. Und mit dem Virus zog sich der Kunde, für den GSS im Lkw-Trailer-Bau gestartet war, erst einmal zurück – bis zum kommenden Januar, dann will er die Zusammenarbeit wieder aufgreifen. „Es war hart, als es für uns im April hieß ‚All in oder All out‘“, erinnert sich Kames, der 100-prozentiger Gesellschafter der GSS ist. Der 44-Jährige entschied sich für Ersteres,
„Ich habe 20 Jahre als Angestellter gearbeitet. Jetzt wollte ich mal selbst etwas machen“Bastian Kames
Gründer GSS GmbH
krempelte die Ärmel hoch. Sein Business-Plan sah eigentlich vor, im Laufe der ersten sechs Monate des Bestehens seiner Firma einige weitere Kunden zu akquirieren. Nun musste er diese Spanne auf sechs Wochen kappen.
Er schaffte es. Insgesamt zehn Kunden aus den Branchen Chemie und Pharmazeutik beliefert er mittlerweile und hofft, dass aus ihnen Stammkunden werden. GSS fertigt für namhafte Unternehmen in ganz Europa Maschinenersatz- und Neuteile aus Stahl und Edelstahl an. Der Betrieb versteht sich als Dienstleister, bietet keine eigenen Produkte an. Aus Stahl- und Edelstahlrohlingen gesägt, gedreht und gefräst werden in der 750 Quadratmeter großen Halle beispielsweise Schnecken für Ölpressen, die in der Agrarindustrie oder im Kosmetikbereich benötigt werden. Auch für die regionale Wirtschaft ist der Betrieb ein Partner: Für das Erkelenzer Unternehmen PG Systemtechnik etwa ist GSS in der Vorproduktion von Gleitlagern für die Industrie tätig. „Der Name GSS hat übrigens keinerlei Bedeutung, die Buchstabenkombination war einfach noch frei, als ich dem Kind einen Namen geben musste“, sagt Kames lachend.
Bei GSS wird an vier Maschinen gefertigt: an einer Automatiksäge und zwei CNC-Dreh- und Fräsmaschinen, gebraucht erworben. Eine weitere Maschine ist ganz neu, besitzt die Ausmaße eines schweren Lkw und hat eine halbe Million Euro gekostet. Kames beschreibt seine Neue nicht ohne Stolz als „Bearbeitungszentrum, das sowohl drehen als auch fräsen kann. Diese Maschine ist von ihrer Größe und Qualität außergewöhnlich für die Region.“
Die Sparkasse Neuss hat für die Finanzierung dieser Maschine gesorgt, den Rest der Betriebsgründung hat der Jungunternehmer mit Eigenkapital gestemmt. Im kommenden Januar sollen zwei weitere Maschinen folgen. Drei Angestellte arbeiten in der Produktion, darunter zwei CNC-Techniker. Kames will im Januar 2021 zwei neue Mitarbeiter einstellen – es läuft trotz Pandemie.
„Im Oktober haben wir im Drei-Schichten-Betrieb gearbeitet, da habe ich als Neuling an den Maschinen sogar selbst mit Hand anlegen dürfen. Jetzt im November flacht das Geschehen wieder etwas ab, wir haben aber noch ein Auftragsvolumen für anderthalb Schichten“, sagt Kames. Der gelernte Fachinformatiker ist in die Zerspanung aufgrund seines beruflichen Umfelds hineingerutscht, war zuletzt im Einkauf bei einem Lieferanten für Industrieanlagen tätig. „Ich habe 20 Jahre lang als Angestellter gearbeitet. Jetzt wollte ich mal selbst etwas machen, auf eigenen Füßen stehen“, erklärt
Kames seine Entscheidung.
Umtriebig war er schon immer: Mit 20 war er bereits Geschäftsführer einer Firma für Online-Marketing in Kaarst – parallel zu seiner Ausbildung zum IT-Spezialisten bei der IHK, bei der er seit zwei Jahrzehnten Prüfer ist.
Die GSS-Strategie hat Kames klar vor Augen: „Wachstum. Wir wollen bei kontinuierlicher Auftragslage an unsere Kapazitäten kommen. Ich will weitere, ordentlich bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Mitarbeiter sind das Kapital der Firma.“GSS ist anerkannter Ausbildungsbetrieb für CNC-Zerspaner und Büroassistenten. Die Alleinstellungsmerkmale der Firma sieht Kames in der jungen, flexiblen Struktur.
Bastian Kames ist in Grevenbroich
geboren, wo er mit seiner Frau und dem -Sohn lebt. Für die Mönchengladbacher Produktionsstätte entschied er sich, weil es in seinem Heimatort kein vergleichbares Gelände gab, das für ausreichend Stromversorgung garantieren konnte: „Ein Glücksgriff, meine Vermieterin in Rheindalen ist super, sie hat direkt Solarzellen auf das Dach gepackt“, sagt Kames. Den Schritt in die Selbstständigkeit bedauert er nur manchmal abends: „Es ist schon eine Riesenverantwortung. Aber ich erhalte viel Zuspruch und Support von Kunden- und Lieferantenseite.“
Für die Zeit nach Corona wünscht er sich, mal wieder in Urlaub fahren zu können – sein letzter war vor zwei Jahren.