Landtag soll über Loveparade reden
Das Verfahren zu Aufarbeitung der Katastrophe steht kurz vor der Einstellung.
DÜSSELDORF/DUISBURG Wegen des bevorstehenden Endes des Loveparade-Verfahrens sieht der Düsseldorfer Opferanwalt Julius Reiter die Politik gefordert. „Wir erwarten jetzt eine Abschlussdebatte des Landtages über die Konsequenzen aus dem gescheiterten Loveparade-Prozess“, sagte der Jurist der Kanzlei „Baum, Reiter & Collegen“, der einige Hinterbliebene der Katastrophe vertritt. „Das Ende des Verfahrens kann ja so nicht alleine stehen bleiben. Was ist mit der Verantwortung des Landes?“, fragt Reiter. Außerdem habe das Verfahren gezeigt, dass die deutsche Strafprozessordnung für solche Fälle wie die strafrechtliche Auseinandersetzung der Loveparade-Katastrophe nicht ausreicht. „Das haben wir auch bei dem Prozess um die Aufarbeitung des Düsseldorfer Flughafenbrandes schon gesehen. Man sollte daher über eine Gesetzesänderung diskutieren“, so Reiter.
Die strafrechtliche Aufarbeitung der Duisburger Tragödie im Juli 2010 wird ohne Verurteilung zu Ende gehen. Das Duisburger Landgericht hatte die Einstellung vorgeschlagen. Staatsanwaltschaft und Angeklagte stimmten zu. Allerdings hat das Gericht den Nebenklägern eine neue Frist zur Stellungnahme bis 27. April eingeräumt. Und erst danach wird das Gericht über das weitere Vorgehen entscheiden. „Auf eine Zustimmung der Nebenklagevertreter zu einer Einstellung kommt es nicht an. Die Nebenklage kann diese Art der Einstellung weder ermöglichen noch verhindern“, erklärte Rechtsanwalt Ingo Bott von der Düsseldorfer Kanzlei „Plan A“, der einen Angeklagten verteidigt hat.
Bei der Katastrophe waren am 24. Juli 2010 im Gedränge 21 Menschen ums Leben gekommen; rund 650 wurden verletzt, viele sind bis heute schwer traumatisiert. Nach mehr als 180 Verhandlungstagen wird nun aller Voraussicht nach Ende Juli Schluss sein mit dem Verfahren. Zudem hätte auch die Verjährung gedroht. Der Prozess ist derzeit wegen der Corona-Krise unterbrochen und soll am 4. Mai fortgesetzt werden.
Für Anwalt Bott wäre die Einstellung „das letzte Kapitel einer juristischen Vollblamage“. Schon die Einstellung des Verfahrens gegen sieben Angeklagte im Februar 2019 sei eine Kapitulationserklärung der Staatsanwaltschaft gewesen. „Für den Rechtsstaat ist das ein Ende mit Schrecken, für die auf Aufklärung hoffenden Angehörigen bleibt es ein Schrecken ohne Ende“, so der Jurist.
Wie hoch die Kosten des Verfahrens sind, ist noch nicht bekannt. Tragen wird sie aber auf jeden Fall zum größten Teil der Staat. Aber auch auf rund ein Dutzend Privatpersonen könnten Prozesskosten zukommen. Direkte Angehörige wären aber nicht betroffen. „Für das Verfahren werden allein die Staatskasse und vielleicht einige Opfer zur Kasse gebeten. Nicht aber der Organisator der Loveparade, Rainer Schaller, der mit seiner Fitnesskette Millionen verdient. Das finde ich unsäglich“, so Reiter.
Angeklagt sind derzeit noch drei Mitarbeiter des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung.