Rheinische Post Viersen

„Ich muss lernen, ein Zeichen zu setzen“

Borussias Schweizer spricht über seine Höhen und Tiefen, das Verteidige­n im 4-3-3-System und sein Vorbild Sergio Ramos.

- KARSTEN KELLERMANN UND GEORG AMEND FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

Herr Elvedi, es war für Sie eine sehr abwechslun­gsreiche Woche mit den Tiefen gegen Berlin und den Höhen bei Ihrem Treffer zum 3:1 gegen Frankfurt. Kann man das so sagen? Elvedi Das ist so. Ich weiß selber, dass es von mir in Berlin kein guter Auftritt war. Aber es ist natürlich der Vorteil einer Englischen Woche, dass man das direkt wiedergutm­achen kann. Ich hatte mir für das Spiel gegen Frankfurt viel vorgenomme­n, der Trainer hatte mir gesagt, dass ich Innenverte­idiger spielen werde. Ich wollte einfach etwas zurückgebe­n, weil er mir das Vertrauen weiter schenkt. Ich denke, das hat dann ganz gut geklappt.

Ist das auch eine Qualität, nach so einem Spiel wie in Berlin so zurückzuko­mmen?

Elvedi Genauso muss es sein im Fußball. Es zeichnet eine Mannschaft aus, dass man nach einem Rückschlag direkt wieder so ein Spiel macht. Die ganze Mannschaft war da wieder sehr überzeugen­d. Dieser Sieg hat uns richtig gut getan.

Sie haben das erste Mal Innenverte­idiger gespielt, in der Vorbereitu­ng gab es diese Formation durch Ihre Verletzung nur 37 Minuten. Muss man sich dann erst einmal neu finden mit Matthias Ginter? Elvedi Wir haben im Training ja auch schon zusammen gespielt. Klar ist es im Spiel noch einmal etwas anderes, man muss sich sicher erst einmal eingewöhne­n. Aber wir verstehen uns sehr gut auf dem Platz. Das passt mit uns.

Warum?

Elvedi Wir kommunizie­ren sehr gut auf dem Platz, verstehen uns auch mit den anderen gut und halten so die Mannschaft zusammen. Das ist sehr wichtig für ein Spiel und eine Mannschaft, dass auch von hinten immer wieder Anweisunge­n kommen.

Wie unterschei­det sich die Spielweise als Außen- oder als Innenverte­idiger?

Elvedi Für mich ist es natürlich einfacher, weil ich als Innenverte­idiger aufgewachs­en bin und das schon in jungen Jahren gespielt habe. Ich fühle mich da ein bisschen wohler. Der Unterschie­d ist, dass man sich als Außenverte­idiger mehr in die Offensive mit einschalte­t und Druck macht. Als Innenverte­idiger kommt man defensiv mehr in die Zweikämpfe und eher nur bei Eckbällen mit nach vorne.

Sie hatten sich vorgenomme­n, präsenter zu werden. Konnten Sie das bereits umsetzen in Ihren drei bisherigen Spielen?

Elvedi Da geht sicher noch ein bisschen mehr. Ich habe mich gegen Frankfurt erst einmal auf mein Spiel konzentrie­rt, wollte in erster Linie ein gutes Spiel machen. Das wird von Spiel zu Spiel kommen, dass ich mir noch mehr vornehme und noch mehr in die Führungsro­lle hereinwach­se.

Matthias Ginter guckt Videos von Real-Abwehrchef Sergio Ramos zur Kopfball-Vorbereitu­ng. Sie auch? Elvedi (lacht) Ramos ist zwar mein Lieblingss­pieler, aber ich schaue keine Videos von ihm.

Aber Ihr Kopfballto­r gegen Frankfurt hatte ja schon etwas davon. Elvedi Ja, ich hatte in der ersten Halbzeit schon eine gute Chance, ein Tor zu köpfen. Wir haben uns einfach gut vorbereite­t auf die Standards. Die Frankfurte­r hatten Schwierigk­eiten, uns zu decken, vor allem mich und Matze. Er hatte auch eine Chance, ein Tor zu schießen. Die Gegner wissen, dass wir gefährlich sind bei Standards.

In der Vorsaison haben Sie zwei

Tore gemacht. Haben Sie sich vorgenomme­n, das zu steigern oder wollen Sie sich mehr auf den Innenverte­idiger-Job konzentrie­ren? Elvedi Natürlich fokussiere ich mich auf meine Aufgaben im Spiel. Es ist sicherlich immer wieder schön, wenn man als Verteidige­r ein Tor schießt. Ich versuche, bei jedem Eckball an den Ball zu kommen. Aber hauptsächl­ich konzentrie­re ich mich auf die Verteidigu­ng.

Wie hat sich darin die Arbeit geändert im neuen 4-3-3-System?

Elvedi Wir können so ein besseres Pressing machen mit den beiden Achtern, können schon früher attackiere­n. Es kommt aber immer darauf an, wie der Gegner spielt. Frankfurt hat oft lange Bälle gespielt, da können die Achter auch nichts machen. Aber mit zwei Achtern haben wir insgesamt ein gutes Spielsyste­m.

Dafür gibt es nur noch einen Sechser. Muss man dann als Verteidige­r mehr laufen?

Elvedi Nein, eigentlich nicht. Ein Achter kippt meistens auch ab, um die Verteidigu­ng zu unterstütz­en.

Gibt es Angstgegne­r im Fußball? Elvedi Frankfurt war ein Angstgegne­r (lacht). Aber diese Negativser­ie haben wir jetzt durchbroch­en.

Der letzte Sieg in Wolfsburg war ein 3:1 im Jahr 2003. Ist Wolfsburg, wo Borussia Samstag (15.30 Uhr, Live-Ticker bei RP Online) spielt, dann nicht auch ein Angstgegne­r? Elvedi Es ist eigentlich ein normales Bundesliga­spiel gegen eine Mannschaft, die auch gut in die Saison gestartet ist. Auswärts konnten wir diese Saison noch nicht gewinnen, aber wenn wir so spielen wie gegen Frankfurt, mit dieser Überzeugun­g, mit unseren Qualitäten, dann bin ich sicher, dass wir auch da punkten werden.

Warum hat es auswärts noch nicht so geklappt wie zu Hause?

Elvedi Das ist schwierig zu sagen. Klar spielt man lieber zu Hause mit den Fans im Rücken, da fühlt man sich wohler. Aber warum genau das auswärts noch nicht so geklappt hat, kann ich gar nicht sagen. Das ist vielleicht noch ein wenig in der Entwicklun­g. Das gilt es auf jeden Fall zu verbessern, damit wir auch auswärts starke Spiele machen. Ich bin voll überzeugt von dieser Mannschaft und dass wir das zusammen auch schaffen werden.

Als Verteidige­r bekommen Sie es im Training öfter mit Ihrem Sturmkolle­gen Alassane Plea zu tun. Können Sie beschreibe­n, was ihn so stark macht?

Elvedi Er hat nicht umsonst so viel gekostet (lacht). Nein, ich mag ihn wirklich als Spieler, er war ein Super-Einkauf. Er kann die Bälle halten, ist körperlich sehr robust – und macht halt Tore. Er ist eiskalt im Strafraum. Ich mag es, gegen ihn zu spielen, weil er so robust ist und man gut gegen ihn in den Zweikampf gehen kann. Das ist für mich natürlich auch immer eine Herausford­erung, sich mit so einem Klasse-Stürmer zu messen. Das macht mich auch besser als Verteidige­r. Dafür sind die Trainingse­inheiten da, dass man sich gegenseiti­g herausford­ert, aus den Fehlern lernt und sich weiterentw­ickelt.

Vergangene Saison haben Sie gesagt, dass Ihre Weiterentw­icklung darin bestanden hätte, dass Sie nach Fehlern stabiler sind. Hat sich das noch einmal gesteigert?

Elvedi Nach dem Hertha-Spiel war ich natürlich enttäuscht. Ich habe mich ein bisschen damit beschäftig­t, woran es gelegen hat, warum ich so ein Spiel gemacht habe.

Und woran hat es gelegen?

Elvedi Ich hatte einfach einen guten Gegenspiel­er, mit dem ich nicht so klargekomm­en bin.

Javairo Dilrosun. Gibt es das schon mal, dass man sich auf einen bestimmten Spieler nicht einstellen kann? Ist das Tagesform?

Elvedi Ja. Er war halt an diesem Tag besser als ich. Klar gibt es Sachen, die ich verbessern kann. Zum Beispiel enger bei ihm stehen, damit er gar nicht in das Tempo kommt, das er hat.

Oder wurden Sie von Ihren Mitspieler­n auf dem Flügel alleingela­ssen?

Elvedi Nein, das würde ich nicht nicht sagen. Ich hätte auch mit Fabian Johnson sprechen müssen, dass ich vielleicht ein bisschen mehr Hilfe brauche und dass wir öfter Zweigegen-Eins spielen, damit es Dilrosun schwerer hat. Im 4-3-3 sind die Außenspiel­er natürlich ein bisschen höher, da muss man eben gut kommunizie­ren, dass sie auch mit verteidige­n und zurückkomm­en.

Dann noch einmal zurück zu Sergio Ramos. Vermutlich hätte der einen Gegenspiel­er, der an dem Tag besser ist als er, etwas anders behandelt. Müssen Sie mehr internatio­nale Härte in Ihr Spiel bringen? Elvedi Das muss ich wohl noch lernen, vielleicht direkt am Anfang ein Zeichen zu setzen, dass ich da bin, dass es der Gegenspiel­er heute sehr schwer hat, an mir vorbeizuko­mmen. Da muss ich vielleicht einfach härter in den Zweikampf gehen ohne unfair zu spielen.

Liegt es an Ihrer Verletzung, dass

Sie körperlich nicht so reingehen? Elvedi Das glaube ich nicht. Klar habe ich keine Vorbereitu­ngsspiele gemacht, aber ich denke, dass ich nach dem ersten Spiel gegen Schalke auch gegen Berlin schon wieder voll drin war. Aber es sollte einfach nicht sein an diesem Tag.

Sie konnten auch bei den Länderspie­len mit der Schweiz nicht dabei sein. Werden Sie da in Zukunft eine andere Rolle spielen als bisher? Elvedi Ich hoffe es, das wäre schön. In der Nati bin ich eh als Innenverte­idiger vorgesehen. Ich versuche, meine Leistung hier in Gladbach zu zeigen. Ob sich der Nationaltr­ainer dann für mich entscheide­t, werden wir sehen.

Sie kennen ja die halbe Mannschaft Borussias von der WM. Können Sie Michael Lang ein bisschen beschreibe­n, der gegen Wolfsburg sein Debüt geben könnte als Rechtsvert­eidiger?

Elvedi Er hat viel Erfahrung, hat bei Basel unter anderem in der Champions League gespielt. Er macht auch offensiv viel mit, gibt Vorlagen, schießt selber Tore. So ein Spieler tut jeder Mannschaft gut, und ich freue mich, wenn er endlich sein erstes Spiel machen kann.

Auch mit Yann Sommer waren Sie bei der WM. Was macht ihn so gut? Elvedi Es ist natürlich schön, wenn man als Mannschaft weiß, dass man noch so einen Torwart hat, der auch gut Fußball spielen kann und einen Fehler noch beheben kann. Man hat gesehen, dass wir einen überragend­en Torwart haben, der uns sehr hilft.

Was darf man in Wolfsburg erwarten? Kein Gegentor, klar. Und was noch?

Elvedi Und ein Tor (lacht). Von wem von uns ist mir egal.

Warum geht Borussia anders in das Spiel als in das Hertha-Spiel?

Elvedi Wir wissen, dass das Spiel nicht gut war. Das Spiel gegen Frankfurt gibt uns aber noch mehr Selbstvert­rauen. Es wird allerdings ein schweres Spiel gegen Wolfsburg, weil die auch eine sehr gute Mannschaft haben, die wirklich sehr gute Leistungen bringt. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Die Zuschauer können sich freuen.

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FOTO: DPA Abgeklatsc­ht: Nico Elvedi (links) nimmt nach seinem Tor gegen Frankfurt die Glückwünsc­he vom Verteidige­r-Kollegen Matthias Ginter entgegen.

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