Rheinische Post Viersen

Ein unvergessl­icher Pokalabend

Der ASV Süchteln heimste nach der 1:2-Niederlage gegen den KFC Uerdingen viel Lob ein – sportlich wie organisato­risch.

- VON DAVID BEINEKE

VIERSEN Dass zu einem Fußballspi­el im Stadion am Hohen Busch Zuschauer im vierstelli­gen Bereich gepilgert sind, das ist wirklich schon verdammt lange her. Als der 1. FC Viersen in der 1980er Jahren noch in der Oberliga Nordrhein kickte, da hatte er zeitweise einen Schnitt von knapp über 1000 Zuschauern. 1990 kamen zu einem Derby gegen den Rheydter SV sogar mal 2500 Menschen. Für einen neuen Rekord der jüngeren Vergangenh­eit sorgten allerdings nicht die mittlerwei­le bis in Bezirkslig­a abgerutsch­ten Viersener, sondern am Mittwochab­end der Stadtrival­e ASV Süchteln, der die Partie im Niederrhei­npokal gegen den KFC Uerdingen aus Sicherheit­sgründen nicht im heimischen Sportpark ausrichten, aber immerhin die nötige Infrastruk­tur im Stadtgebie­t nutzen konnte. Letztlich waren es offiziell 1470 Zuschauer (1200 zahlende), die ihr Kommen nicht bereuen mussten. Denn sie bekamen einen mitreißend­en Pokalfight zu sehen, in dem sich Landesligi­st Süchteln gegen den Drittligis­ten teuer verkaufte und nur 1:2 nach Verlängeru­ng unterlag. Bis zur strittigen Elfmeteren­tscheidung, die den Gästen den Siegtreffe­r brachte, lag eine Sensation in der Luft.

„Über dieses Spiel wird in Süchteln noch lange gesprochen“Dietmar Hirsch

Ex-Profi aus der ASV-Jugend

„Bis dahin hat der Schiedsric­hter gut gepfiffen. Ich finde es einfach schade, dass jetzt nur über diese eine Szene gesprochen wird. Dabei haben wir als Mannschaft eine tolle Leistung abgeliefer­t, und der Verein insgesamt hat dafür gesorgt, dass alle Zuschauer einen super Fußballabe­nd erlebt haben“, meinte ASV-Trainer Heinrich Losing mit einer Nacht Abstand, „was der Verein da mit so vielen Ehrenamtli­chen auf die Beine gestellt hat, ist einfach klasse. Das zeigt, wie viel der Verein den Menschen bedeutet.“In der Tat haben die Süchtelner in den drei Wochen von der Auslosung bis zum Spiel Beachtlich­es geleistet: Vom Ticketvorv­erkauf, über die Parkplatz-Einweisung bis hin zu den Ordnern, dem Essensund Getränkeve­rkauf, dem Einlass sowie den Einlaufkin­dern griff ein Rädchen ins andere. Fußball-Abteilungs­leiter Philipp Hillecke war nach der Partie erleichter­t. „Was aus dem Verein heraus geleistet wurde, war einfach sensatione­ll. Da haben wir etwas richtig Gutes auf die Beine gestellt. Natürlich mit allen die dazugehöre­n, wie etwa auch die Stadt und die Polizei.“Auch KFC-Trainer Stefan Krämer hatte lobende Worte für den ASV übrig. „Die Organisati­on war wirklich super. Im Verhältnis hat der ASV alles besser gemacht als wir“, sagte Krämer auch mit Blick auf die enttäusche­nde Vorstellun­g seiner Mannschaft.

Weniger die schwache Leistung des Favoriten, als vielmehr die tolle Vorstellun­g des Außenseite­rs wollte Ex-Profi Dietmar Hirsch in den Mittelpunk­t gestellt wissen. Der 46-Jährige lernte das Fußballspi­elen beim ASV, spielte dort in der Jugend und noch ein Jahr bei den Senioren, bevor er dann auszog, um für Mönchengla­dbach, Duisburg, Unterhachi­ng und Hansa Rostock in der Bundesliga in 195 Partien elf Tore zu erzielen. Klar, dass er sich ein solches Highlight für seinen Heimatvere­in nicht entgehen lassen wollte, zumal am Hohen Busch, wo er zwischenze­itlich auch mal für den 1. FC Viersen gekickt hatte. „Es ist schon toll, zu sehen, was man über Mentalität und Einstellun­g alles bewirken kann. Man muss ja bedenken, dass die Süchtelner Spieler sieben bis acht Stunden gearbeitet haben, bevor sie zum Spiel gekommen sind“, sagte Hirsch kurz vor der Beginn der Verlängeru­ng. Er war sich ganz sicher: „Über dieses Spiel wird in Süchteln noch lange gesprochen. Egal, was jetzt noch passiert.“Das konnte hinterher Stürmer Nando Di Buduo nur bestätigen. Mit seinen 32 Jahren hat er im Amateurfuß­ball schon einiges erlebt, und trotz des unglücklic­hen Ausgangs sprach er von einer tollen Erfahrung für die Mannschaft. „Man steht morgens auf und freut sich auf so ein Spiel. Und dann spielen wir noch so gut, dass man über weite Strecken keinen Unterschie­d gesehen hat.“

Doch bei aller Freude über den starken Pokal-Auftritt wird es für die Süchtelner jetzt darauf ankommen, die Leistung in das nächste Meistersch­afts-Heimspiel am Sonntag gegen den Rather SV zu transporti­eren. Denn nach einem schwachen Saisonstar­t mit nur drei Punkte aus fünf Spielen braucht der ASV unbedingt weitere Zähler. Trainer Heinrich Losing hofft, dass das frische Selbstvert­rauen die durch die 120 Minuten Schwerstar­beit entstanden­e Müdigkeit aus den Beinen treibt. „Letztlich werden wir erst am Sonntag sehen, ob der Verlauf des Pokalspiel­s ein Vor- oder Nachteil für uns war. Aber ich denke schon, dass wir das hinbekomme­n“, sagt Losing. In der abschließe­nden Trainingse­inheit am Freitag wird die Regenerati­on im Mittelpunk­t stehen, schließlic­h braucht’s am Sonntag die nötige Frische, um die Konzentrat­ion über 90 Minzten hoch zu halten.

Denn daran haperte es im bisherigen Saisonverl­auf. Weil es an Konstanz fehlte, belohnten sich die Süchtelner zu selten für ihren Aufwand. Klar ist für den ASV-Coach, dass seine Mannschaft am Sonntag eine ganz andere Partie erwartet als gegen den KFC. „Ich gehe davon aus, dass wir das Spiel machen müssen“, meint Losing. Und auch die Atmosphäre wird nicht vergleichb­ar sein, denn knapp 1500 Zuschauer wird der Rather SV eher nicht anlocken.

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FOTO: TOM OSTERMANN Der Moment der puren Freude: Nach dem Führungstr­effer durch Stefan Heinrichs entladen sich auf der ASV-Bank und bei den Süchtelner Fans auf der prall gefüllten Tribüne die Emotionen.
 ??  ?? Links: Ex-Profi Dietmar Hirsch (l.) kommentier­t die Pokalparti­e mit den Moderatore­n von Radio BlauRot. Rechts: Einige der Einlaufkin­der fiebern ihrem großen Moment entgegen.
Links: Ex-Profi Dietmar Hirsch (l.) kommentier­t die Pokalparti­e mit den Moderatore­n von Radio BlauRot. Rechts: Einige der Einlaufkin­der fiebern ihrem großen Moment entgegen.
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FOTOS: BEINEKE
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FOTO: BEINEKE Routinier Eric Bongartz heizt die Zuschauer an.
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FOTO: BEINEKE Der ASV schwört sich auf den Pokalfight ein.

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