Rheinische Post Viersen

Brüggens Bürgermeis­ter mahnt Fraktionen zur Zurückhalt­ung

Mit Pressemitt­eilungen und Mitteilung­en bei Facebook sollte sich die Politik zurückhalt­en, meint Frank Gellen. Damit reagierte er auf einen Grünen-Antrag

- VON BIRGIT SROKA

BRÜGGEN Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen ( CDU) hat in der jüngsten Sitzung des Finanzauss­chusses die Fraktionen gebeten, sich mit Pressemitt­eilungen und Mitteilung­en in den sozialen Medien zurückzuha­lten. Ungewöhnli­ch barsch reagierte Gellen darauf, dass die Fraktion der Grünen vor der Sitzung des Finanzauss­chusses ihren Antrag zur Senkung der Hebesteuer­sätze in der Gemeinde öffentlich gemacht hatte.

Ihrem Antrag hatten die Grünen eine Ranking-Tabelle von 2016 beigefügt, in der Grundsteue­r B (für bebaute Grundstück­e) und Gewerbeste­uer in den NRW-Kommunen gelistet sind. Die Rankingtab­elle werfe mit einer seiner Meinung nach falschen Darstellun­g ein falsches Licht auf Brüggen, erklärte Gellen.

Der Antrag der Grünen ging drei Tage vor der Sitzung des Finanzauss­chusses im Rathaus ein – zu kurzfristi­g, um darüber in der Sitzung zu diskutiere­n. Das war auch den Grünen klar, die die Verwaltung gebeten hatten, den Antrag lediglich formal einzubring­en, darüber aber noch nicht zu beraten. So setzte die Verwaltung den Antrag unter „Mitteilung­en“auf die Tagesordnu­ng der Sitzung. Bis zur Ratssitzun­g am 4. April haben die Fraktionen nun Zeit, über den Antrag der Grünen zu beraten.

Die Grünen hatten vorgeschla­gen, die Hebesteuer­sätze für Gewer- besteuer und Grundsteue­r B jeweils um einen Prozentpun­kt zu senken – bei der Gewerbeste­uer also von 417 auf 416 Punkte, bei der Grundsteue­r B von 429 auf 428 Punkte. „In Zeiten, in denen sich de Belastung gerade auch wegen der fatalen Auswirkung­en der fiktiven Hebesätze immer mehr vergrößert, soll die geringfügi­ge Senkung ein Zeichen der Gemeindepo­litik sein“, so begründete­n sie ihren Antrag. Die Gemeindepo­litik könne damit zeigen, dass man das Wohl der Bevölkerun­g trotz „Hinderniss­en von höherer Ebene“im Blick habe. In Sitzungen des Rates hatten Mitglieder aller Fraktionen und auch Mitarbeite­r der Gemeindeve­rwaltung immer wieder erklärt, dass die fiktiven Hebesätze zu einer endlosen Steuerspir­ale führen.

Die Grünen hatten vorgerechn­et, dass eine Senkung der Hebesätze um einen Prozentpun­kt zu einem Minus von rund 21.274 Euro im Gemeindeha­ushalt führe. Nach Angaben von Gemeindekä­mmerer Oliver Mankowski wäre das Loch größer: Ihm zufolge würde eine Senkung der Hebesätze zu einer Mehrbelast­ung von 40.000 Euro führen. „Wenn wir es uns leisten können, die 40.000 Euro aus der LVR-Umlagenrüc­kzahlung zu finanziere­n, sollten wir den Bürgern auf diesem Wege wieder Geld zurückgebe­n“, erklärte GrünenFrak­tionschef René Bongartz. Nach der Sitzung teilte er mit, er habe das Gefühl, die Verwaltung greife verstärkt in die Politik ein. Mit Blick auf René Bongartz Gellens Kritik an der Veröffentl­ichung des Antrags sagte Bongartz: „So langsam ist es nicht mehr schön, wie die Verwaltung die Politik übernimmt und den Gemeindera­t als Hindernis und Spielplatz für Freizeitpo­litiker behandelt.“

Parteien wirken bei der politische­n Willensbil­dung des Volkes mit. Das ist die wichtigste Aufgabe einer Partei – und im Grundgeset­z verankert. Die Parteien stellen den Bürgern ihre politische­n Ziele dar und stellen Kandidaten auf, die dann in den Parlamente­n diese Ziele vertreten.

Damit das funktionie­rt, müssen die Parteien die Möglichkei­t haben, Bürgern ihre Ziele darzustell­en – indem sie ihre Vorschläge öffentlich machen, auch Kritik äußern. Bürger müssen die Möglichkei­t haben, sich zu informiere­n, bevor eine politische Entscheidu­ng gefällt wird. Sie haben ein Recht darauf. Dass ein Bürgermeis­ter Parteien mahnt, bei der Veröffentl­ichung von Anträgen Zurückhalt­ung walten zu lassen, ist befremdlic­h. Wollen sich Parteien nicht aus der politische­n Willensbil­dung ausschließ­en, dürfen sie dieser Bitte nicht nachkommen.

„So langsam ist es nicht mehr schön, wie die Verwaltung die Politik übernimmt“ Grünen-Fraktionsc­hef

Birgitta.Ronge

@rheinische-post.de

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany