Rheinische Post Viersen

Olympische­s Segeln in Rios Kloake

In sieben Monaten starten die Sommerspie­le in Rio de Janeiro. Noch ist die brasiliani­sche Metropole voller Baustellen.

- VON TOBIAS KÄUFER

RIO DE JANEIRO Drei Stunden dauerte die Fahrt vom Flughafen an Rio de Janeiros berühmtest­en Strand: Am Vorabend des Jahreswech­sels entwickelt­e sich für viele Touristen die Anfahrt vom Internatio­nalen Flughafen zur Silvesterf­eier an der Copacabana zu einer echten Tortur. Schuld sind die vielen Baustellen, die die Stadt zu Beginn des Olympiajah­res wie ein Flickentep­pich durchziehe­n und für Mega-Staus sorgen. Trotzdem bleiben die „Cariocas“, wie die Einwohner Rio de Janeiros gerufen werden, gelassen. Die Mehrzahl der Baustellen sind Vorboten einer besseren Zeit. „Die Olympische­n Spiele waren ein guter Anlass für uns, Dinge anzugehen, welche die Stadt seit Jahren brauchte, aber nicht umzusetzen wusste“, sagt Rios Bürgermeis­ter Eduardo Paes. „Ein Großteil von dem, was nach den Spielen bleibt, die Bussysteme, der Ausbau der U-Bahn, all das sind Projekte, um welche die Stadt seit langer Zeit bettelte, und die Spiele haben bei der Umsetzung sehr geholfen.“

Auch deshalb gibt es in Rio de Janeiro anders als vor der WM 2014 keine Massenprot­este gegen die gigantisch­e Sportveran­staltung. Rio wird nach den Spielen eine bessere Stadt sein als vorher. Zumindest glauben das Rios Einwohner. Allerdings gibt es auch keine OlympiaBeg­eisterung.

Wasser ist eines der großen strittigen Themen von Rio 2016. Guanabara ist der indigene Name der großen Meeresbuch­t von Rio de Janeiro, die bis zu den Spielen nur noch notdürftig gereinigt werden dürfte. Zu groß ist die Wasservers­chmutzung und zu lange haben die Stadtplane­r tatenlos zugesehen wie noch mehr Müll ins Meer gespült wird. Das Ergebnis ist nicht nur sicht- sondern auch riechbar. Die Bucht stinkt in einigen Gegenden erbärmlich und in dieser Kloake sollen unter anderem die Segelwettb­e- werbe stattfinde­n. Die OlympiaMac­her haben eine große Chance verpasst, die Reinigung der Guanabara-Bucht zu einem nachhaltig­en Vorzeigepr­ojekt zu machen und damit auch die Herzen der „Cariocas“zu gewinnen. Ihnen bleiben zumindest ein paar neue Buslinien, der Ausbau der Metro und ein neuer schmucker Flughafent­erminal.

Das Herz der Spiele wird in Barra da Tijuca schlagen. Hier findet sich der Großteil der Austragung­sstätten, die Bauarbeite­n befinden sich zum großen Teil im Zeitplan. Im April sollen Testverans­taltungen für einen ersten Stresstest der Hallen und Arenen sorgen. Barra da Tijuca wird dann besser an das Nahverkehr­ssystem angeschlos­sen sein. Für die Stadtentwi­cklung wird das einen enormen Schub bedeuten, denn bislang mussten sich die „Cariocas“stundenlan­g quälen, um von der Copacabana oder Ipanema nach Barra da Tijuca durch einen schmalen Straßensch­lauch zu gelangen. Ein neuer olympische­r Golfplatz hat noch das meiste Potenzial zu einem vorolympis­chen Ärgernis zu werden, denn Umweltschü­tzer liefen bislang vergeblich gegen das wasser- und platzversc­hlingende Projekt Sturm. Golf ist erstmals wieder olympisch, warum ausgerechn­et in einer Stadt, die unter Wassermang­el leidet, bleibt das Geheimnis des Olympische­n Komitees.

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FOTO: DPA Hier sollen die olympische­n Segel-Wettbewerb­e stattfinde­n: die verschmutz­te Guanabara-Bucht in Rio de Janeiro.

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