Rheinische Post Viersen

Auch Casino Hohensybur­g zerstörte Kunst

Für den Sohn des Bildhauers Max Bill ist das Werk nur noch Archivmate­rial und ohne Handelswer­t.

- VON THOMAS REISENER UND LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF/ HOHENSYBUR­G Während in der vergangene­n Nacht die beiden Warhol-Gemälde aus dem Besitz des landeseige­nen CasinoBetr­eibers Westspiel in New York unter den Hammer kamen, wurde nun eine weitere Kunstzerst­örung bekannt. So ist bereits vor einigen Jahren eine Skulptur des Schweizer Bildhauers Max Bill (1908–1994), die in der Spielbank Hohensybur­g ausgestell­t war, einem renommiert­en rheinische­n Kunsthändl­er zu einem Preis in sechsstell­iger Höhe angeboten worden. Als dieser sich gegen einen Ankauf entschied, hätten die Casino-Betreiber die Skulptur zerlegt.

Ein Westspiel-Sprecher bestätigte gestern auf Anfrage, dass der Spielbank-Betreiber im Besitz der BillPlasti­k ist und diese „zu Dekoration­szwecken in der Spielbank Hohensybur­g installier­t“war. „Nach dem Flughafenb­rand in Düsseldorf wurden die Brandschut­zauflagen verschärft. Danach war das mehrgescho­ssige Kunstwerk von Max Bill mit diesem Standort nicht mehr vereinbar.“Informatio­nen, nach denen das Werk danach zersägt und vernichtet worden ist, will der Sprecher weder bestätigen noch dementiere­n. Er verwendet eine andere Wortwahl: „Das Werk wurde nach Rücksprach­e und mit Billigung der Bill-Foundation fachmännis­ch zerlegt“. Hingegen erklärte der Sohn des Bildhauers, Jakob Bill, jetzt unserer Zeitung, dass die Skulptur „völlig unsachgemä­ß zerteilt worden ist. Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte ich Ratschläge geben können.“Nach seiner Einschätzu­ng ist die Hohensybur­ger Skulptur „Unendliche Spiralfläc­he“– die in einer Garage aufbewahrt werde – „bestenfall­s noch Archivmate­rial“. Und Jakob Bill weiter: „Dieses Kunstwerk ist jetzt futsch und hat keinen Handelswer­t mehr.“Max Bill gilt nach Alberto Giacometti als einer der bedeutends­ten Bildhauer der Schweiz.

Die Bill-Plastik ist nicht das erste Kunstwerk in Landesbesi­tz, das die Westspiel-Gruppe zerstört hat. Im Eingang des ebenfalls von Westspiel betriebene­n Casinos Aachen hing ein 13 Meter hoher „Lichtregen“von Heinz Mack mit 7000 elektrisch­en Lichtquell­en und einer Steuerung für 256 Variatione­n. Nach unwiderspr­ochenen Recherchen unserer Redaktion wurde das Werk 2003 entsorgt.

Noch bis kurz vor der New Yorker Versteiger­ung der zwei Warhol-Bilder „Triple Elvis“sowie „Four Marlons“in der vergangene­n Nacht stand auch die NRW-Landesregi­erung in der Kritik. Der Kulturrat NRW mahnte die „Unveräußer­lichkeit von Kunst aus dem Besitz der öffentlich­en Hand“an. Ähnlich sagte Staatsmini­sterin Monika Grütters der Rheinische­n Post: „Kunstwerke sind für die öffentlich­e Hand keine Spekulatio­nsobjekte. Sie zu veräußern, um klamme Staatskass­en zu sanieren, wäre schlichtwe­g unanständi­g und ein Systembruc­h. Kunst und Kultur sind uns anvertraut, sie bedürfen des Schutzes aller Ebenen im Kulturföde­ralismus.“Der aktuelle Wert beider Warhols – die die Spielbank Aachen in den 1970er Jahren für 183000 und 205000 D-Mark kaufte – wird auf 100 Millionen Euro geschätzt. Westspiel, eine 100-prozentige Tochter der landeseige­nen NRW-Bank, würde von diesem Erlös rund 80 Millionen Euro bekommen.

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FOTO: BF Jakob Bill, Sohn des Bildhauers Max Bill.

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