Auch Casino Hohensyburg zerstörte Kunst
Für den Sohn des Bildhauers Max Bill ist das Werk nur noch Archivmaterial und ohne Handelswert.
DÜSSELDORF/ HOHENSYBURG Während in der vergangenen Nacht die beiden Warhol-Gemälde aus dem Besitz des landeseigenen CasinoBetreibers Westspiel in New York unter den Hammer kamen, wurde nun eine weitere Kunstzerstörung bekannt. So ist bereits vor einigen Jahren eine Skulptur des Schweizer Bildhauers Max Bill (1908–1994), die in der Spielbank Hohensyburg ausgestellt war, einem renommierten rheinischen Kunsthändler zu einem Preis in sechsstelliger Höhe angeboten worden. Als dieser sich gegen einen Ankauf entschied, hätten die Casino-Betreiber die Skulptur zerlegt.
Ein Westspiel-Sprecher bestätigte gestern auf Anfrage, dass der Spielbank-Betreiber im Besitz der BillPlastik ist und diese „zu Dekorationszwecken in der Spielbank Hohensyburg installiert“war. „Nach dem Flughafenbrand in Düsseldorf wurden die Brandschutzauflagen verschärft. Danach war das mehrgeschossige Kunstwerk von Max Bill mit diesem Standort nicht mehr vereinbar.“Informationen, nach denen das Werk danach zersägt und vernichtet worden ist, will der Sprecher weder bestätigen noch dementieren. Er verwendet eine andere Wortwahl: „Das Werk wurde nach Rücksprache und mit Billigung der Bill-Foundation fachmännisch zerlegt“. Hingegen erklärte der Sohn des Bildhauers, Jakob Bill, jetzt unserer Zeitung, dass die Skulptur „völlig unsachgemäß zerteilt worden ist. Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte ich Ratschläge geben können.“Nach seiner Einschätzung ist die Hohensyburger Skulptur „Unendliche Spiralfläche“– die in einer Garage aufbewahrt werde – „bestenfalls noch Archivmaterial“. Und Jakob Bill weiter: „Dieses Kunstwerk ist jetzt futsch und hat keinen Handelswert mehr.“Max Bill gilt nach Alberto Giacometti als einer der bedeutendsten Bildhauer der Schweiz.
Die Bill-Plastik ist nicht das erste Kunstwerk in Landesbesitz, das die Westspiel-Gruppe zerstört hat. Im Eingang des ebenfalls von Westspiel betriebenen Casinos Aachen hing ein 13 Meter hoher „Lichtregen“von Heinz Mack mit 7000 elektrischen Lichtquellen und einer Steuerung für 256 Variationen. Nach unwidersprochenen Recherchen unserer Redaktion wurde das Werk 2003 entsorgt.
Noch bis kurz vor der New Yorker Versteigerung der zwei Warhol-Bilder „Triple Elvis“sowie „Four Marlons“in der vergangenen Nacht stand auch die NRW-Landesregierung in der Kritik. Der Kulturrat NRW mahnte die „Unveräußerlichkeit von Kunst aus dem Besitz der öffentlichen Hand“an. Ähnlich sagte Staatsministerin Monika Grütters der Rheinischen Post: „Kunstwerke sind für die öffentliche Hand keine Spekulationsobjekte. Sie zu veräußern, um klamme Staatskassen zu sanieren, wäre schlichtweg unanständig und ein Systembruch. Kunst und Kultur sind uns anvertraut, sie bedürfen des Schutzes aller Ebenen im Kulturföderalismus.“Der aktuelle Wert beider Warhols – die die Spielbank Aachen in den 1970er Jahren für 183000 und 205000 D-Mark kaufte – wird auf 100 Millionen Euro geschätzt. Westspiel, eine 100-prozentige Tochter der landeseigenen NRW-Bank, würde von diesem Erlös rund 80 Millionen Euro bekommen.