Teurer Abbruch einer Ebay-Auktion
5249 Euro Schadenersatz muss der Verkäufer an einen Bieter zahlen, weil er die Versteigerung seines Autos in dem Portal zurückgezogen hat. Das BGH-Urteil schützt die Rechte von Käufern, ruft aber auch Abbruchjäger auf den Plan.
KARLSRUHE Der missglückte Verkauf seines Autos wird für einen Mann aus Thüringen nachträglich teuer. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Verkäufer des Wagens dem nicht zum Zuge gekommenen Bieter Schadenersatz zahlen muss, weil er die Versteigerung im Internet-Auktionshaus Ebay vorzeitig abbrach und dem Bieter so das Schnäppchen entging (AZ: VIII ZR 42/14). Folge: Der Verkäufer muss 5249 Euro an den Bieter zahlen. Was war passiert? Im Mai 2012 stellte der Verkäufer das Angebot für seinen VW Passat im Internet-Auktionshaus zu einem Startpreis von einem Euro ein. Das ist gängige Strategie, weil so die an Ebay zu zahlende Gebühr am niedrigsten ist, der letztlich erzielte Verkaufspreis in der Regel aber trotzdem durch viele Bieter nach oben geht. Tatsächlich fand sich schnell ein Bieter – der heutige Kläger. Kurz darauf zog der Verkäufer das Angebot aber zurück, weil er den Wagen zwischenzeitlich anderweitig für 4200 Euro verkaufen konnte. Als die Auktion abgebrochen wurde, gab es genau einen Bieter, das Höchstgebot stand bei einem Euro – dem vom Verkäufer eingestellten Startpreis. Der Bieter bestand auf Lieferung des Fahrzeugs zu dem Preis. Das konnte der Verkäufer aber nicht einhalten, weil das Auto ja bereits verkauft war. Der Bieter klagte auf Schadenersatz – und bekam in allen Instanzen Recht. Der Schadenersatz wird ermittelt nach dem Wert des Autos. Den bezifferten die Vorinstanzen auf 5250 Euro. Davon wird der Verkaufspreis von einem Euro abgezogen. Es bleiben also 5249 Euro. Was hat der Verkäufer falsch gemacht? Die Richter entschieden, dass zwischen Verkäufer und Bieter ein Vertrag zustande gekommen sei. Wer bei Ebay als Mindestgebot 1 Euro einstellt, erklärt sich verbindlich mit der Annahme auch dieses Höchstgebots einverstanden. Wenn sich ein Bieter findet, kommt ein Kaufvertrag zustande, von dem der Verkäufer nicht einfach zurücktreten kann. Das entschied auch das Oberlandesgericht Oldenburg 2005 so (AZ: 8 U 93/05). Neu ist in diesem Fall der lächerliche Verkaufspreis. Ist die krasse Diskrepanz zwischen dem Verkaufspreis und dem Wert des Autos nicht sittenwidrig? Genau darum ging es dem Bundesgerichtshof jetzt. Der zuständige Zivilsenat entschied: nein. „Das Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts sei bei InternetAuktionen nicht ungewöhnlich“, erklärt der IT-Rechtsanwalt Christian Solmecke. Die Richter befanden: „Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen.“ Was sind die Lehren aus der Entscheidung? „Die Käufer sind ganz gut geschützt“, sagt Solmecke. Wer eine Ware bei Ebay verkaufen will, sollte es nicht auch woanders probieren. Sonst droht eine Schadenersatz-Forderung. Das ist nicht selten: Bei Ebay sind Abbruchjäger unterwegs, die massenweise Gebote abgeben und es nur auf Schadenersatz abgesehen haben. Erst vorige Woche erkannte das Oberlandesgericht Hamm bei einer abgebrochenen Auktion für einen Gabelstapler einem vermeintlichen Abbruchjäger 5054 Euro an Schadenersatz zu (AZ: 28 U 199/13). „Angebote auf Verdacht abzugeben und dann auf Schadenersatz zu klagen, ist gar nicht selten“, warnt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Roman Amonat. Wie kann ich eine Auktion bei Ebay abbrechen? Das geht, wenn es noch keinen Bieter gibt. Liegen Gebote vor, muss der Verkäufer nachweisen, dass ein Irrtum vorliegt. Das könnte zum Beispiel bei einem falsch angegebenen Artikelzustand oder einem aus Versehen falsch angegebenen Preis der Fall sein. „Diese Gründe berechtigen auch bei klassisch zustande gekommenen Kaufverträgen zur Anfechtung“, sagt Solmecke. Oder: Der Artikel wurde in der Zwischenzeit gestohlen oder beschädigt und kann nicht mehr verkauft werden. Dann muss der Verkäufer vorhandene Angebote streichen, die Auktion beenden und dem Höchstbietenden sofort eine Anfechtungserklärung machen. Ein Interview mit Rechtsanwalt Christian Solmecke zum Thema gibt es unter: www.rp-online.de/digitales