„Der Film spiegelt die Realität“
Ivo: Die Geschichte einer Palliativpflegerin.
Die renommierte Regisseurin Eva Trobisch erzählt in „Ivo“die Geschichte einer Palliativpflegerin, die von ihrer Freundin um Sterbehilfe gebeten wird. Johann Campean, ehemaliger ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) im Kreis Mettmann, spielt im Film einen Palliativarzt. Die Darsteller waren mit einem SAPV-Team unterwegs, nach dem bundesweiten Kinostart läuft der Film nun auch in Ratingen.
Herr Dr. Campean, vor einem Jahr haben wir über Ihren Abschied als Geschäftsführer der SAPV im Kreis Mettmann gesprochen. Nun treffen wir uns wieder, weil Sie in einem Film mitspielen, der auf der diesjährigen Berlinale mit dem HeinerCarow-Preis ausgezeichnet wurde und gerade im Ratinger Kino läuft. Erzählen Sie uns davon…
JOHANN CAMPEAN Mein Sohn Adrian ist Kameramann, die Regisseurin von „Ivo“, Eva Trobisch, wollte den Film mit ihm drehen. Beide haben mich gefragt, ob ich mir das Drehbuch anschauen kann.
Und dann haben Sie erstmal angefangen, darin herumzustreichen…
CAMPEAN (lacht) …nein, keineswegs. Wir haben uns zusammengesetzt und geschaut, was realistisch ist und was nicht. Ich habe Eva Trobisch zur SAPV Niederberg und Mettmann eingeladen und ihr angeboten, dass Sie mit uns zu den Patienten fahren kann. Das hat sie gemacht, auch die Darsteller sind mit der SAPV mitgefahren. Einer unserer Ärzte hat die Dreharbeiten unterstützt und geschaut, dass aus medizinischer Sicht alles gut umgesetzt wird.
Derweil haben Sie ihre Rolle als Palliativarzt auswendig gelernt?
CAMPEAN Keine Texte lernen zu müssen: Das war meine Bedingung. Ich habe mit allen so gesprochen, wie ich es in der Realität mit meinen Patienten und Kollegen auch tun würde. Manche Szene musste allerdings oft wiederholt werden, den Totenschein habe ich zehn Mal ausgestellt.
Vor 15 Jahren waren Sie einer der Gründer der SAPV im Kreis Mettmann und auch nach Ihrem Rückzug als ärztlicher Leiter und Geschäftsführer begleiten Sie noch immer schwerkranke Menschen in der letzten Phase ihres Lebens. Wie nahe kommt der Film der Realität? CAMPEAN Sehr nahe, es ist keine sentimentale Sicht aufs Sterben. Der Film spiegelt die Realität, so wie ich sie jeden Tag erlebe. Es wird alles sehr nüchtern erzählt, man schaut von außen auf das Geschehen.
„Ivo“erzählt aus dem Leben einer ambulanten Palliativpflegerin, die ihre an ALS erkrankte Freundin in den Tod begleitet. In ihrer Rolle als Palliativarzt warnen Sie davor, das zu tun. Warum?
CAMPEAN Es ist sehr schwierig, enge Freunde oder nahe stehende Angehörige zu betreuen. Man kann nicht abschalten, die Nähe ist ständig da. Man muss schwierige Entscheidungen treffen, beispielsweise die, Morphium zu spritzen bei schwerer Atemnot oder starker Unruhe.Wenn der Patient danach entspannt stirbt, entwickelt man Schuldgefühle. Kollegen würde ich immer dazu raten, die Begleitung nahestehender Menschen abzugeben.
Ihr Sohn Adrian ist Kameramann, „Ivo“ist nicht sein erster Film, in dem es um Sterben und Tod geht. Man könnte meinen, Ihr Job als Palliativarzt hat auch das Leben Ihres Sohnes geprägt?
CAMPEAN Das ist wohl so. Wenn man Menschen in den Tod begleitet, kann man das nicht einfach ablegen wie einen Mantel an der Garderobe. Es ist nicht so, dass man zuhause am Esstisch über das Erlebte spricht. Und dennoch: Das Sterben und der Tod sind immer nah.
In der Geschichte von „Ivo“geht es auch um Sterbehilfe, die SAPV lehnt den assistierten Suizid, so wie er zur Zeit praktiziert wird, ab. Wie sind sie damit umgegangen? CAMPEAN Ja, das Thema „assistierter Suizid “ist brisant. Wir haben bei der SAPV darüber gesprochen und uns gerade deswegen dazu entschlossen, dieses Filmprojekt zu unterstützen.