Polizei vereitelt Anschlag auf Schule in Essen
Ein 16-Jähriger steht unter Verdacht. In seiner Wohnung werden Waffen und Material für Bomben gefunden, außerdem rechtsextreme Schriften und nationalsozialistische Symbole. Ein Mitschüler hatte der Polizei einen Hinweis gegeben.
ESSEN/DÜSSELDORF Die Polizei hat am Donnerstag in Essen einen Sprengstoffanschlag an einer Schule vereitelt. Spezialeinheiten nahmen am frühen Morgen einen 16-jährigen Schüler in der elterlichen Wohnung im Stadtteil Borbeck fest. Bei der Wohnungsdurchsuchung stellten sie sowohl Waffen als auch eindeutig ausländerfeindliches und rechtsextremes Material sicher, wie der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittag in Düsseldorf sagte. „Darunter eine selbst gebaute Schusswaffe, eine Armbrust mit Pfeilen und Material zum Bau einer Bombe“, sagte Reul. So seien 16 Rohrkörper sichergestellt worden, an einigen seien Uhren angebracht, andere mit Nägeln präpariert gewesen. Außerdem seien zusammengemischte Explosivstoffe gefunden worden, die wahrscheinlich zum Befüllen der Rohre vorgesehen waren, berichtete der Innenminister.
„Inwieweit das Material wirklich funktionstüchtig gewesen wäre, das ist jetzt Gegenstand kriminaltechnischer Untersuchungen“, sagte Reul. Die Polizei habe möglicherweise einen Albtraum verhindert. „Aktuell hat die Polizei keinen zündfähigen Sprengsatz gefunden – das bislang sichergestellte Material war funktions-, aber nicht einsatzfähig“, so Reul. Nach Informationen unserer Redaktion war das Material für den Bau einer Bombe noch nicht vollständig zusammengesetzt. Die für Terrorismus zuständige Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen.
Der deutsche Jugendliche war Schüler des katholischen Don-Bosco-Gymnasiums. Wie unsere Redaktion aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll der Jugendliche den Anschlag für diesen Freitag geplant haben. Er soll einem Mitschüler von seinem Plan erzählt haben, der dann die Schule informierte. Nach Angaben von Reul sagte der Tatverdächtige, er wolle Bomben in seiner Schule platzieren. Dem Hinweisgeber und dem konsequenten und zügigen Vorgehen der Polizei sei zu verdanken, dass Schlimmeres verhindert wurde, sagte der Innenminister.
In der Wohnung sollen auch verbotene Symbole wie Hakenkreuze und Runen auf Schriftstücken gefunden worden sein sowie eine Art Manifest, in dem der Jugendliche sich über Menschen auslässt, die er nach eigenen Angaben hasst.
Die Ermittler stießen auf zahlreiche rechtsextreme, antisemitische und antimuslimische Schriftstücke. „Diese gefundenen Aufzeichnungen können auch als dringender Hilferuf eines verzweifelten jungen Mannes gelesen werden“, sagte Reul. Es gebe Hinweise, dass der Jugendliche massive psychische Probleme und Suizidgedanken gehabt habe. Er sei nach derzeitigem Ermittlungsstand offenbar ein Einzeltäter.
Die Polizei durchsuchte bei einem Großeinsatz das Gymnasium in Essen-Borbeck und die Realschule am Schloss Borbeck, die ehemalige Schule des Verdächtigen. 123 Polizeikräfte und zehn Sprengstoffhunde waren eingesetzt. Sprengsätze wurden in den Schulgebäuden nicht gefunden. Beide Schulen blieben am Donnerstag geschlossen.
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) twitterte, der Hinweisgeber und die Polizistinnen und Polizisten hätten „wahrscheinlich eine Horrortat und eine schlimme Tragödie verhindert“. Auch Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) hatte sich über Twitter bei der Polizei Essen für die „Verhinderung eines mutmaßlichen Nazi-Terroranschlags“bedankt.
Der NRW-SPD-Vorsitzende und Fraktionschef im Landtag, Thomas Kutschaty, erklärte: „Es ist wohl hoher Zivilcourage und dem beherzten Eingreifen der Polizei zu verdanken, dass Lehrerinnen, Lehrern, Schülerinnen und Schülern nichts passiert ist. Aus vollem Herzen: danke!“Die Gesellschaft müsse dem Rechtsextremismus gegenüber wachsam sein. 41 Prozent der Opfer politischer Gewalttaten seien 2021 von Rechtsextremisten attackiert worden.
Mona Neubaur, Landesvorsitzende der Grünen, zeigte sich ebenfalls erschüttert: „Es ist äußerst beunruhigend, dass der Schüler Material besaß, das zum Bau von Bomben geeignet war.“Der vereitelte Anschlag zeige erneut, „dass die größte Gefahr für unsere vielfältige demokratische Gesellschaft vom Rechtsextremismus ausgeht“. Nordrhein-Westfalen