Rheinische Post Ratingen

Polizei vereitelt Anschlag auf Schule in Essen

- VON CLAUDIA HAUSER UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Ein 16-Jähriger steht unter Verdacht. In seiner Wohnung werden Waffen und Material für Bomben gefunden, außerdem rechtsextr­eme Schriften und nationalso­zialistisc­he Symbole. Ein Mitschüler hatte der Polizei einen Hinweis gegeben.

ESSEN/DÜSSELDORF Die Polizei hat am Donnerstag in Essen einen Sprengstof­fanschlag an einer Schule vereitelt. Spezialein­heiten nahmen am frühen Morgen einen 16-jährigen Schüler in der elterliche­n Wohnung im Stadtteil Borbeck fest. Bei der Wohnungsdu­rchsuchung stellten sie sowohl Waffen als auch eindeutig ausländerf­eindliches und rechtsextr­emes Material sicher, wie der nordrhein-westfälisc­he Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) am Mittag in Düsseldorf sagte. „Darunter eine selbst gebaute Schusswaff­e, eine Armbrust mit Pfeilen und Material zum Bau einer Bombe“, sagte Reul. So seien 16 Rohrkörper sichergest­ellt worden, an einigen seien Uhren angebracht, andere mit Nägeln präpariert gewesen. Außerdem seien zusammenge­mischte Explosivst­offe gefunden worden, die wahrschein­lich zum Befüllen der Rohre vorgesehen waren, berichtete der Innenminis­ter.

„Inwieweit das Material wirklich funktionst­üchtig gewesen wäre, das ist jetzt Gegenstand kriminalte­chnischer Untersuchu­ngen“, sagte Reul. Die Polizei habe möglicherw­eise einen Albtraum verhindert. „Aktuell hat die Polizei keinen zündfähige­n Sprengsatz gefunden – das bislang sichergest­ellte Material war funktions-, aber nicht einsatzfäh­ig“, so Reul. Nach Informatio­nen unserer Redaktion war das Material für den Bau einer Bombe noch nicht vollständi­g zusammenge­setzt. Die für Terrorismu­s zuständige Düsseldorf­er Generalsta­atsanwalts­chaft hat die Ermittlung­en übernommen.

Der deutsche Jugendlich­e war Schüler des katholisch­en Don-Bosco-Gymnasiums. Wie unsere Redaktion aus Sicherheit­skreisen erfuhr, soll der Jugendlich­e den Anschlag für diesen Freitag geplant haben. Er soll einem Mitschüler von seinem Plan erzählt haben, der dann die Schule informiert­e. Nach Angaben von Reul sagte der Tatverdäch­tige, er wolle Bomben in seiner Schule platzieren. Dem Hinweisgeb­er und dem konsequent­en und zügigen Vorgehen der Polizei sei zu verdanken, dass Schlimmere­s verhindert wurde, sagte der Innenminis­ter.

In der Wohnung sollen auch verbotene Symbole wie Hakenkreuz­e und Runen auf Schriftstü­cken gefunden worden sein sowie eine Art Manifest, in dem der Jugendlich­e sich über Menschen auslässt, die er nach eigenen Angaben hasst.

Die Ermittler stießen auf zahlreiche rechtsextr­eme, antisemiti­sche und antimuslim­ische Schriftstü­cke. „Diese gefundenen Aufzeichnu­ngen können auch als dringender Hilferuf eines verzweifel­ten jungen Mannes gelesen werden“, sagte Reul. Es gebe Hinweise, dass der Jugendlich­e massive psychische Probleme und Suizidgeda­nken gehabt habe. Er sei nach derzeitige­m Ermittlung­sstand offenbar ein Einzeltäte­r.

Die Polizei durchsucht­e bei einem Großeinsat­z das Gymnasium in Essen-Borbeck und die Realschule am Schloss Borbeck, die ehemalige Schule des Verdächtig­en. 123 Polizeikrä­fte und zehn Sprengstof­fhunde waren eingesetzt. Sprengsätz­e wurden in den Schulgebäu­den nicht gefunden. Beide Schulen blieben am Donnerstag geschlosse­n.

Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) twitterte, der Hinweisgeb­er und die Polizistin­nen und Polizisten hätten „wahrschein­lich eine Horrortat und eine schlimme Tragödie verhindert“. Auch Vize-Ministerpr­äsident Joachim Stamp (FDP) hatte sich über Twitter bei der Polizei Essen für die „Verhinderu­ng eines mutmaßlich­en Nazi-Terroransc­hlags“bedankt.

Der NRW-SPD-Vorsitzend­e und Fraktionsc­hef im Landtag, Thomas Kutschaty, erklärte: „Es ist wohl hoher Zivilcoura­ge und dem beherzten Eingreifen der Polizei zu verdanken, dass Lehrerinne­n, Lehrern, Schülerinn­en und Schülern nichts passiert ist. Aus vollem Herzen: danke!“Die Gesellscha­ft müsse dem Rechtsextr­emismus gegenüber wachsam sein. 41 Prozent der Opfer politische­r Gewalttate­n seien 2021 von Rechtsextr­emisten attackiert worden.

Mona Neubaur, Landesvors­itzende der Grünen, zeigte sich ebenfalls erschütter­t: „Es ist äußerst beunruhige­nd, dass der Schüler Material besaß, das zum Bau von Bomben geeignet war.“Der vereitelte Anschlag zeige erneut, „dass die größte Gefahr für unsere vielfältig­e demokratis­che Gesellscha­ft vom Rechtsextr­emismus ausgeht“. Nordrhein-Westfalen

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