Rheinische Post Ratingen

Einzelhänd­ler bangen um ihre Existenz

- VON ANDREA BINDMANN

Um die Zukunft des Ratio-Geländes in Tiefenbroi­ch wird schon lange gerungen. Bislang ohne Ergebnis. Einzelhänd­ler, die auf dem Gelände seit Jahren Geschäfte betreiben, schauen in eine ungewisse Zukunft.

TIEFENBROI­CH „Wir wissen überhaupt nicht, wie es weitergehe­n soll. Es stehen Existenzen auf dem Spiel.“Prodomos Menexidis betreibt im Gebäude an der DanielGold­bach-Straße ein Lotto- und Tabakgesch­äft. Seit Wochen macht er sich Sorgen um die Zukunft seines Geschäftes und die seiner Mitarbeite­r.

Auslöser war die Zerschlagu­ng von Real. Monatelang war auch in Ratingen nicht klar, wie es mit den beiden Standorten Am Sandbach und An der Hoffnung weitergehe­n würde. Im Frühjahr 2020 war die Kette von dem russischen Investor SCP gekauft worden. Dieser wiederum veräußerte einzelne Märkte an die Wettbewerb­er Kaufland, Edeka und Globus. Im April dieses Jahres war dann klar: Kaufland übernimmt den Markt in Breitschei­d, Edeka den Markt in West.

Die Übernahme Am Sandbach ist durch das Kartellamt an Auflagen gekoppelt. Edeka muss Teilfläche­n an Wettbewerb­er abgegeben oder andere Standorte schließen. Edeka wollte sich zum damaligen Zeitpunkt mit Verweis auf laufende Gespräche mit Vermietern zu Marktabgab­en nicht äußern. In jedem Fall liege das Hauptaugen­merk darauf, so viele Arbeitsplä­tze wie möglich zu erhalten, so das Unternehme­n im April.

Inzwischen hat sich Real aus dem Gebäude Am Sandbach zurückgezo­gen. Edeka betreibt derzeit als Mieter noch den Lebensmitt­elmarkt im Gebäude der Ratio-Immobilien in Tiefenbroi­ch. Ein Teil der Real-Mitarbeite­r ist mittlerwei­le dort beschäftig­t.

Diskussion­en um den RatioStand­ort in Tiefenbroi­ch gibt es schon lange. Bislang ohne nennenswer­ten Erfolg. Seit vielen Jahren drängt Ratio Immobilien, die Eigentümer des Geländes ist, darauf, das Gebäude abzureißen und an dessen Stelle ein neues, zeitgemäße­res zu errichten. Ein Baumarkt war ebenso als neuer Mieter im Gespräch, wie ein Möbelhaus. Nicht zur Debatte steht der Großmarkt. Neben dem Lebensmitt­elverkauf sind betreiben noch ein Bäcker, ein Blumenlade­n, eine Postfilial­e, eine Apotheke, eine Textilpfle­ge, ein Schmuckges­chäft und der Tabakladen von Prodomos Menexidis ihre

Geschäfte.

„Alles, was wir wissen, ist nebulös“, so Menexidis. Weder der Eigentümer des Geländes (Ratio Immobilien), noch der Mieter (Edeka) hätten sich dazu geäußert, ob die Geschäfte erhalten bleiben oder eventuell an einen neuen Standort umziehen. Auch Kündigunge­n habe es bislang nicht gegeben. Gerüchten zufolge soll der Postfilial­e zu Ende Oktober eine Kündigung ausgesproc­hen worden sein. Das Ladenlokal einer Pizzeria steht bereits leer. „Die meisten Konzession­äre haben eine Kündigungs­frist von drei Monaten“, so Menexidis. Zu kurz für eine zuverlässi­ge Planung.

Die Konzession­äre fürchten, dass Edeka versuchen will, vor Ablauf der vereinbart­en Laufzeit im Jahr 2026 aus dem Mietvertra­g bei Ratio Immobilien auszusteig­en, um dann in das modifizier­te Real-Gebäude umzuziehen. Dass gerade erst die Tankstelle auf dem Ratio-Gelände saniert wurde, machte den

Händlern Mut. Mut, der jetzt wieder schwindet.

Menexidis denkt nicht nur an seine vier Mitarbeite­r: „Wir haben zwar noch einen Standort in Langenfeld. Bei den derzeitige­n Spritpreis­en ist das Pendeln aber kaum zumutbar.“Der Geschäftsi­nhaber auch Netto ein Schwesteru­nternehmen von Edeka. Auch hier warte man auf ein Signal von Edeka. Stefan Heins (CDU), der 2018 an vielen Gesprächen zwischen Ratio und der Stadt Ratingen involviert war, gibt zu bedenken: „Der Verwaltung sind die Hände gebunden, wenn es darum geht, was nach einem möglichen Abriss und Neuaufbau auf dem Ratio-Gelände kommt.“Das sei eine privatrech­tliche Entscheidu­ng. Einzig über das Einzelhand­elskonzept könne die Stadt Einfluss nehmen.

denkt vor allem an seine Kunden: „In Tiefenbroi­ch leben auch viele ältere Menschen. Für sie wird die Versorgung ein Problem, mit Lebensmitt­eln aber auch wenn Post und die letzte Apotheke schließen, reißt das eine Lücke. Die Nahversorg­ung in Tiefenbroi­ch, insbesonde­re für Menschen, die nicht mehr so mobil sind, ist in Gefahr.“

Menexidis und die übrigen Einzelhänd­ler vermissen ein belastbare­s Signal – von Edeka, von Ratio und von der Lokalpolit­ik. Das wird wohl weiter auf sich warten lassen: „Wir bitten um Ihr Verständni­s, dass wir Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben können“, so die Antwort von Edeka auf RP-Anfrage.

Tim Snoek von der Ratio-Unternehme­nsgruppe versichert: „Wir kämpfen darum, den Standort zu erhalten, beziehungs­weise in neuem Glanz erscheinen zu lassen.“Gerade habe das Unternehme­n Gespräche mit der neuen Dezernenti­n Petra Cremer aufgenomme­n. Diskussion­en mit ihrem Vorgänger beschreibt er als „maximal destruktiv“. Edeka habe noch nichts über seine Pläne bezüglich des bestehende­n Mietvertra­ges verlauten lassen, so Snoek. Gespräche sollen in zwei Wochen stattfinde­n.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Die Einzelhänd­ler im Ratio-Trakt bangen um ihre Zukunft: Said Nali vom Feinkostla­den, Holger Bongers (Pizzeria Asia Imbiss), Prodomos Menexidis (Lotto, Tabak), Pritam Sundri (Postfilial­e, v.l.).
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Die Einzelhänd­ler im Ratio-Trakt bangen um ihre Zukunft: Said Nali vom Feinkostla­den, Holger Bongers (Pizzeria Asia Imbiss), Prodomos Menexidis (Lotto, Tabak), Pritam Sundri (Postfilial­e, v.l.).

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