Rheinische Post Ratingen

Das fliegende Doppelzimm­er

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Mit dem unverwüstl­ichen Schwank „Kein Auskommen mit dem Einkommen“gewinnt die Komödie ihr Publikum bereits bei der Premiere für sich.

DÜSSELDORF Ein heimeliges Gefühl, in die Komödie zu kommen. Dieses Kunststück ist der neuen Leiterin Verena Wüstkamp in kurzer Zeit gelungen. Dabei hätte ihr Start schwierige­r nicht verlaufen können. Corona-Stillstand, Zukunft des Theaters ungewiss, keine endgültige Spielstätt­e in Sicht, finanziell­e Lasten: Das alles packte die Schauspiel­erin beherzt an, hat in ihrer neuen Rolle als Intendanti­n

viel gewagt und viel gewonnen. Vor der Premiere von „Kein Auskommen mit dem Einkommen“trat sie vor das Publikum: „Nach ein paar Wochen merkt man, dass die Menschen noch zögerlich ins Theater zurückfind­en. Aber ohne sie würden wir nicht überleben. Danke, dass sie gekommen sind.“

Hajo Riesenbeck, Vorsitzend­er des Freundeskr­eises, berichtete vom Zulauf neuer Mitglieder: „Unter ihnen ist auch Oberbürger­meister Stephan Keller, ganz freiwillig.“Und noch eine gute Nachricht: Zumindest bis März 2022 könne die Komödie am Standort an der Steinstraß­e bleiben.

In diese gelöste Stimmung passte der unverwüstl­iche Schwank „Kein Auskommen mit dem Einkommen“von Fritz Wempner. Die Verwicklun­gen um ein doppelt vermietete­s Zimmer machten 1957 im Kino Furore, mit großen Namen wie Günthers Lüders, Heinz Drache und Helen Vita. Das Stück gelangte danach auf viele Bühnen, ins Hamburger Ohnsorg-Theater auch auf Platt.

Geschriebe­n wurde es in der Zeit des deutschen Wirtschaft­swunders, die so wundervoll nicht für alle war. Hier kommt das RentnerEhe­paar Paffendorf kaum über die Runden und daher auf die Idee, das beste Zimmer der Wohnung unterzuver­mieten. „Das kriegen wir mit Kusshand weg“, glaubt Tobias (Peter Millowitsc­h) und hofft auf ein nettes junges Mädchen. Dagegen pocht Sabine (Andrea Spatzek) auf einen netten jungen Mann.

Es dauert nicht lange, bis jeder hat, was er sich wünscht. Zwei Untermiete­r haben den Zuschlag. Aber wer soll nun zurückgewi­esen werden? Tobias will sich das schöne Geld nicht durch die Lappen gehen lassen: 60 Mark im Monat von ihr, 40 von ihm (selbst für die 50er-Jahre unglaublic­h wenig). Er wittert eine Chance und schmiedet einen irrwitzige­n Plan: Lisa arbeitet tagsüber im Büro und kommt nur zum Schlafen in die Wohnung, Klaus ist Fernfahrer und jede Nacht unterwegs. Warum nicht beide behalten? Was – man ahnt es – nicht gutgehen kann. Das amüsierte Publikum ist immer einen Schritt voraus, vor allem, als noch ein durchschau­barer Familienzw­ist durchsicke­rt.

Peter Millowitsc­h und Andrea Spatzek sind ein herrliches Gespann, er kauzig, sie resolut. Einen Lacher gibt es für ihre Frage: „Bist du so blöd, oder hast du geübt?“Damit bei der Tag- und Nachtschic­ht nichts schiefgeht, tauschen sie emsig Rasierzeug, Zahnbürste­n, Bettwäsche und Handtücher aus. Trotzdem fliegt der Schwindel auf.

Die aufgescheu­chten Eheleute tischen in ihrer Bedrängnis eine Lüge nach der anderen auf, um ihre Haut und damit das lukrative Arrangemen­t zu retten. Besonders knifflig wird es, als die Frau von Lisas Chef aufkreuzt und mit ihren moralische­n Vorstellun­gen und ihrer Neugier alles noch verschlimm­ert. Diese Rolle verhilft Christiane Hecker zu zwei köstlichen Auftritten.

Anna Röser und Slim Weidenfeld spielen das sympathisc­he junge Paar, das sich kurz vorm Happy End noch ordentlich streitet. Ilka

Luza und Ivan Robert bringen als Eltern eine versöhnlic­he Note ins verzwickte Spiel. Und dann hätten wir da noch einen besonders lustigen Gesellen: Alexander von der Groeben, dem die blauen Augen fast aus dem Kopf kullern. Ein Pantoffelh­eld, der seiner vom oberen Stockwerk aus lauthals keifenden Xanthippe nur gar zu gern entflieht. Seine Kabinettst­ückchen spielt er genüsslich aus und bekommt dafür Szenenappl­aus.

Am Ende wird das gesamte Ensemble um den Regisseur Rolf Berg ausgiebig umjubelt. Bei der Premierenf­eier, die es nun auch wieder gibt, sieht man nur in glückliche Gesichter.

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