Rheinische Post Ratingen

Bestseller­autorin Adichie: „Merkel ist eine Feministin“

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die aus Nigeria stammende Frauenrech­tlerin diskutiert an diesem Mittwoch mit der Kanzlerin im Düsseldorf­er Schauspiel­haus.

DÜSSELDORF Sie ist das erste Mal in Düsseldorf und wird gleich eine historisch­e Begegnung haben: Chimamanda Ngozi Adichie wird heute im Schauspiel­haus mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel darüber reden, wie Stereotype unseren Blick auf die Welt verengen.

Das hört sich theoretisc­her an, als der Abend sein wird. Schon deshalb, weil Adichie viel zu lebhaft ist. Das wird schon deutlich, als wir sie im Steigenber­ger Hotel zu einem Gespräch treffen. Sehr aufgeregt sei sie, sagt die 43-Jährige. Aber das ist die aus Nigeria stammende und in den USA lebende Autorin oft, etwa bei einem ähnlichen Auftritt mit Michelle Obama.

Sie ist erst am Vormittag angereist, und obwohl ihr der Flug noch in den Knochen stecken müsste, ist sie energiegel­aden – und voller Achtung für die scheidende Bundeskanz­lerin. Nach ihren Worten habe Merkel vor und in der Flüchtling­skrise gezeigt, dass sie „eine Frau mit Prinzipien ist. Ich finde das sehr inspiriere­nd.“Was Adichie an Merkel schätzt, ist ihre besondere Art von Ruhe und Ausgeglich­enheit, mit der sie regiert habe. Und: „Sie ist verlässlic­h. Auch das hat den Stil ihrer Führung ausgemacht.“

Die Bücher von Chimamanda Ngozi Adichie sind in 37 Sprachen übertragen worden; an diesem Mittwoch erscheint in deutscher Übersetzun­g ihre Erinnerung an ihren Vater, „Trauer ist das Glück, geliebt zu haben“(S. Fischer, 16 Euro). In dem Buch ist auch vor einer kleinen, für sie wichtigen Episode die Rede, damals in Nigeria, als die Lehrerin ankündigte, dass der Schüler mit der besten Arbeit Klassenspr­echer werden würde. Also strengte sich das Mädchen an, wurde beste und dennoch keine Sprecherin. Die Lehrerin hatte vergessen zu sagen, dass der Posten Jungen vorbehalte­n sei.

Berühmt wurde Adichie unter anderem mit ihrem Ted-Talk „We should all be Feminists“. Aber die deutsche Bundeskanz­lerin dürfte kaum als Feministin in die Geschichte eingehen. „Doch, sie ist eine Feministin.“Die Leute, so Adichie, würden in Feminismus sofort etwas Politische­s sehen, etwas Linkes, verbunden mit negativen Klischees.

Was Merkel dagegen ausmacht: „Sie steht auf dem Boden, sie hält, was sie verspricht, sie ist nicht dogmatisch.“Mit einem unguten Gefühl sieht sie darum dem Ende der Ära entgegen. „Wir werden sie auf jeden Fall vermissen. Ich bin wirklich besorgt, was mit Europa ohne sie geschehen wird.“Und dann wird man mit diesem Lachen konfrontie­rt, hinter dem immer auch eine gute Portion Schalk zu stecken scheint. Man darf auf die Begegnung der beiden gespannt sein.

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FOTO: SSH/MELANIE ZANIN Chimamanda Ngozi Adichie trifft Angela Merkel.

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