Ein Weckruf für die Mitte der Gesellschaft
Die aktuelle Statistik zur politisch motivierten Kriminalität in Deutschland ist eine Steilvorlage für alle Fans des weit verbreiteten Whataboutism. So nennt man die rapide zunehmende Unart, von jedem schlüssigen Nachweis durch den Hinweis auf einen anderen Befund abzulenken. Sie zeugt schon selbst von einem größer werdenden Kommunikationsdefekt in unserer Gesellschaft. Mit dem linken Zeigefinger werden die einen nun auf die rasant gestiegene Zahl rechtsextremistischer Straftaten zeigen, mit dem rechten Zeigefinger die anderen auf die rapide gestiegene Zahl linksextremistischer Gewalt. Rechts führt mit großem Abstand bei der Kriminalität insgesamt, links führt mit großem Abstand bei der Gewalt. Hat sich das damit ausgeglichen? Nein! Es vermehrt im Zusammenspiel vielmehr die Bedrohung für die freiheitliche Gesellschaft. Deshalb: nieder mit dem Whataboutism!
Mehr kriminelle Energie am rechten wie am linken Rand, mehr Neigung zur Eskalation von Corona-Protesten, mehr Angriffe auf Amtsträger und Journalisten, mehr Hass auf alles, was nicht der eigenen Meinung entspricht, und zwar in einem Ausmaß, dass die Behörden allein hier pro Tag 30 Straftaten registrieren – das alles nimmt Innenminister Horst Seehofer zusammen, wenn er einen klaren Trend zur Verrohung feststellt. Das muss ein Weckruf für die Mitte der Gesellschaft sein, sich eindeutig und laut gegen die Versuche der Spaltung und Polarisierung zu stellen. Sie darf es nicht zulassen, dass in ihrem Namen die angebliche Bürgerlichkeit für Angriffe auf Ausländer, Juden oder andere Minderheiten in Anspruch genommen wird. Genauso wenig darf sie tolerieren, dass sie über den schwammigen Kampfbegriff des Antifaschismus dazu verleitet werden soll, linksextremistische Gewalt zu verharmlosen oder darüber zu schweigen.
BERICHT SO VIELE POLITISCHE STRAFTATEN WIE NOCH NIE, POLITIK