Der Bund hatte Schloss Augustusburg, Nordrhein-Westfalen und Düsseldorf Schloss Benrath. Dort wurden Kaiser, Könige und Präsidenten mehr als vier Jahrzehnte bis zum Anfang der 90er Jahre bei Dinners verwöhnt. Mit dem Denkmalschutz nahm man es dabei nicht
waren die „Kaisertage“, 1877 und 1884 residierte Wilhelm I. mit großem Gefolge, darunter Reichskanzler Graf Otto von Bismarck, in Benrath. Anlass waren militärische Manöver im Umland. Dass das Schloss schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg so viele glanzvolle Momente erleben sollte, hat mit politischen Finessen und räumlicher Not zu tun. Die junge Bundesrepublik mit der Hauptstadt Bonn nutzte das nahe Schloss Augustusburg für repräsentative Zwecke, das Land NRW Schloss Benrath – was höfischen Glanz angeht, wollte das Land dem Bund nicht nachstehen. Außerdem war die Villa Horion am Düsseldorfer Rheinufer, Dienstsitz des Ministerpräsidenten, für größere Bankette und Defilees zu klein. Bundespräsident Walter Scheel, der selbst lange in Benrath wohnte, hätte das Schloss in den 70er Jahren gerne in das Eigentum des Bundes überführt, daraus wurde aber nichts.
Der erste Präsident, der nach dem Krieg kam, war der eigene, nämlich Theodor Heuss 1950, der letzte Schelju Schelew 1991, Präsident von
Bulgarien – dann strahlte die neue Bundeshauptstadt Berlin. Die Premiere als Staatsgast aus dem Ausland darf der Kaiser von Äthiopien für sich verbuchen, Haile Selassie I. gab sich im November 1954 die Ehre. Zwischen Hauptbahnhof und Südbrücke standen mehr als 10.000 Menschen, um den Monarchen zu sehen. Seine Kolonne zählte zwölf Mercedes 300; die königliche Delegation hatte 45 Zimmer im Breidenbacher Hof belegt, im Schloss zauberte Karl-Heinz Stockheim ein Sechs-Gänge-Menü. Ein Jahr später kam der Schah das erste Mal nach Düsseldorf, die rund 40.000 Menschen bejubelten aber vor allem seine junge Frau Soraya, Tochter einer Deutschen und eines persischen Fürsten. Im Parkhotel verputzte das junge blaue Blut zum Lunch Linsensuppe mit Bockwurst und kaufte am Nachmittag Schallplatten und Kameras auf der Königsallee und an der Schadowstraße, die Leibwächter kamen kaum hinterher. Am Abend aber zeigte die erst 22-Jährige, dass sie zu Recht Märchenkaiserin
genannt wurde. Als sie das Hotel zur Abfahrt nach Benrath verließ, verharrte sie laut eines enthusiastischen Reporters auf dem roten Läufer der Freitreppe. „Im Haar glitzerte ein Brillant-Diadem, um die Schultern trug sie das sagenhafte weiße Nerzcape, das ihr Stalin geschenkt hatte, darunter ein cremefarbenes, nerzbesetztes Dior-Abendkleid. Der begeisterte Aufschrei der Menge mischte sich mit dem hochtourigen Motorengeräusch der Polizeimaschinen.“
Benrath profitierte vom vielfachen hohen Besuch, aber das Schloss, eigentlich nicht geeignet für Besuche und Dinners mit mehr als 300 Personen, wurde mächtig in Mitleidenschaft gezogen. Der Bahnhof des Stadtteiles wurde beispielsweise renoviert, bevor der Sonderzug der Queen einrollte, auch am Schloss wurde neu angestrichen, Wege, Beete und Rasenflächen wurden aufgehübscht. Die Staatsbesuche waren aber aus Sicht des Denkmalschutzes oft eine Zumutung. 1987 beschwerte sich Irene Markowitz,
die Kustodin des Schlosses, nach dem Honecker-Besucher bei der Landesregierung darüber, dass der Salon des Kurfürsten unabgesprochen als Getränkeküche genutzt worden sei. Die Teppiche seien durch das Bierzapfen und Öffnen der Sektflaschen durchnässt worden und zu guter Letzt sei die Klimaanlage zusammengebrochen, da die Tür des Kuppelsaals zum Garten geöffnet worden sei. Kein Einzelfall. Wenn in der Nähe der Festtafel Champagnerflaschen geöffnet oder Bierfässer angeschlagen wurden, schossen zuweilen Fontänen gegen Wandpaneelen und Türen.
Die Stöckelschuhe der Damen ramponierten das Parkett, Möbel sowie Stuck- und Marmorverkleidung wurden nicht nur durchs Rangieren beschädigt, sondern auch durch das starke Aufheizen und Abkühlen des Schlosses. Es bildeten sich Risse und Verformungen, auch die Gemälde litten. Der aufsteigende Dampf der warmen Speisen erzeugte im Gartensaal Kondenswassertropfen an den Deckengemälden. Wenn es nach dem Essen Mokka gab, waren damit auch Schnäpse und Zigarren gemeint, die vom Personal gleich kistenweise dargereicht wurden, wie beispielsweise beim Schah-Besuch 1967. Bis 1971 war das Rauchen im Schloss erlaubt, Brandflecken sind stumme Zeugen. Wer an Johannes Rau und Helmut Schmidt denkt, ahnt es schon: Für sie wurde auch später eine Ausnahme gemacht, dezent wurden kleine Aschenbecher platziert. Damit ist es wie mit den Staatsbesuchen heute vorbei.
Info „Schloss Benrath macht Staat! Glanzvolle Empfänge in der Landeshauptstadt Düsseldorf 1950-1989“, 184 Seiten, 223 Abbildungen, erhältlich für 14,90 Euro im Shop des Schlosses