Corona schwächt Gewerbesteuer ab
Die Steuereinnahmen brechen weg, punktuelle Hilfsprogramme werden aufgelegt. Die Kommunen stehen vor sehr schwierigen Zeiten. Kämmerer Martin Gentzsch geht für 2021 von einem deutlich geringeren Gewerbesteuer-Soll aus.
RATINGEN Die Corona-Pandemie sorgt im wirtschaftlichen Bereich für massive Kettenreaktionen. Eine Folge: Die Steuereinnahmen brechen ein. Das wirkt sich auch auf die Finanzmittel aus, die die Kommunen jedes Jahr vom Land erhalten. Mit dem sogenannten Gemeindefinanzierungsgesetz 2021 werden die Gelder an die Kommunen verteilt. Wie daraus hervorgeht, steht dem Land in Summe rund eine Milliarde Euro weniger zu Verfügung, als von den Kommunen ursprünglich geplant. „Das entspricht genau der Summe, die wir bereits im Mai prognostiziert haben“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt.
Die SPD-Fraktion hatte mit Blick auf die zu erwartenden Einnahmeeinbrüche ein Gutachten bei dem renommierten Finanzprofessor Martin Junkernheinrich in Auftrag gegeben, der exakt die Summe ermittelte, um die die Einnahmen nun niedriger ausfallen. Die Landesregierung will die fehlende Summe im Gemeindefinanzierungsgesetz zwar aufstocken, allerdings sollen die Kommunen sie nur als Kredit erhalten.
„Die Antwort der Landesregierung auf die Finanzprobleme der Städte und Gemeinden lautet also: weitere Schulden. Dabei häuft sich die Verschuldung durch Kassenkredite bei den meisten Städten im Kreis Mettmann ohnehin schon. Insgesamt liegt sie bereits bei über 300 Millionen Euro“, betont die Abgeordnete. Das sei „hochgradig ungerecht und unseriös“, da sich das Land für die eigenen Steuerausfälle selbst sehr wohl aus dem Corona-Rettungsschirm bediene.
Sie fordert stattdessen eine Altschuldenlösung für das bestehende Schuldenproblem der NRW-Kommunen mit landesweit insgesamt über 21,6 Milliarden Euro Kassenkrediten. Sie wirft der Landesregierung vor, die riesigen Schuldenberge der Städte und Gemeinden nur weiter zu vergrößern. „Es wäre angemessen, unsere Kommunen unter den Corona-Rettungsschirm zu nehmen und sie mit echten Finanzhilfen zu unterstützen, anstatt sie immer weiter in die Verschuldung zu treiben“, so die Abgeordnete.
Besonders dramatisch schätzt sie die Situation in ihrer Heimatstadt Ratingen ein. „Bei uns wird die Steuerkraft und damit auch die Finanzkraft der Stadt um mehr als 21 Millionen Euro einbrechen. Hier wären echte Lösungen der Landesregierung nötig“, findet Müller-Witt.
Hilfe für die Kommunen, Unterstützung für die lokale Wirtschaft – die Sorgen sind groß. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) nennt ein Beispiel: „Für die Gastronomie, die Veranstaltungsbranche und sämtliche Freizeiteinrichtungen führt der gegenwärtige Teil-Lockdown zu massiven Einbußen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Solo-Selbstständige sind weitere finanzielle Hilfen jetzt überlebenswichtig. Dafür hat sich die Landesregierung in intensiven Gesprächen mit dem Bund ebenso erfolgreich eingesetzt, wie für ein unbürokratisches, rein digitales Verfahren, das sich bei der Soforthilfe
und der Überbrückungshilfe bewährt hat.“
Die finanziellen Aussichten für 2021 sehen nicht gerade rosig aus. Stadtkämmerer Martin Gentzsch hat in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses betont: Man habe im Jahr 2020 deutliche Rückgänge bei den Gewerbesteuereinnahmen feststellen müssen.
Allerdings komme man durch eine einmalige Nachzahlung eines Steuerpflichtigen und Kompensation von Gewerbesteuerausfällen durch den Bund 2020 mit einem blauen Auge davon. Unsicherer erscheint das Jahr 2021, bei dem von einem deutlich geringeren Gewerbesteuer-Soll und kaum Nachzahlungen auszugehen ist. Derzeit bereite die Verwaltung den Haushaltsplanentwurf vor, der am 15. Dezember in den Stadtrat eingebacht wird, erklärte Gentzsch.
Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, unterstreicht: „Im nächsten Jahr fehlen bundesweit allein bei der Gewerbesteuer – der wichtigsten kommunalen Steuer – mehr als sechs Milliarden Euro. Deshalb brauchen wir auch für 2021 und 2022 Hilfe von Bund und Land. Es geht darum, die Investitionskraft der Städte zu stärken, damit die Konjunktur schnell anziehen kann und nicht wieder gebremst wird. Nötig ist auch, den kommunalen Finanzausgleich nicht zusammenschrumpfen zu lassen. Das Land muss das Gemeindefinanzierungsgesetz 2021 so ausstatten, dass die Städte weiter investieren können.“
Dass sich der Gewerbesteueransatz in Ratingen deutlich nach unten verschieben kann, kann passieren. Doch im aktuellen Fall ist die Corona-Pandemie der Hauptauslöser für die wirtschaftliche Schieflage. Und das bekommen die Kommunen jetzt schon voll zu spüren.