Rheinische Post Ratingen

Kreideakti­on am Cüppers-Berufskoll­eg

Schüler fordern eine weitergehe­nde Schulschli­eßung und ein Durchschni­ttsabitur und -abschlüsse mit freiwillig­er Prüfung.

- VON DAVID BIEBER

RATINGEN Weil sie sich „von der Landesregi­erung im Stich gelassen und einem erhebliche­n Infektions­risiko ausgesetzt“sehen, hat offenbar eine Gruppe von Schülern des Adam-Josef-Cüppers-Berufskoll­egs am vergangene­n Wochenende den Schulhof aus Protest mit Kreide bemalt. Dort steht etwa „Wir werden laut“oder „#Arminlasse­s“. Wie die Schüler in einer Pressemitt­eilung, die der Redaktion vorliegt, mitteilen, möchten sie damit auf ihre Sorgen und Ängste im Zuge der Schulöffnu­ngen aufmerksam machen. „Wir mahnen an, dass der aktuelle Plan der Landesregi­erung, der vorsieht, die Abschlussp­rüfungen und Abiturprüf­ungen regulär stattfinde­n zu lassen, eine Katastroph­e ist.“Ihre Forderung: eine weitergehe­nde Schulschli­eßung bis zur Aufhebung der Kontaktspe­rre und Durchschni­ttsabitur und -abschlüsse mit freiwillig­er Prüfung.

Die Schulleitu­ng teilte mit, dass sie Verständni­s für die Bedenken und Anspannung­en der Schüler in dieser besonderen Situation habe. Sie versichert, dass sie „mit Unterstütz­ung des Schulträge­rs – Kreis Mettmann – umfänglich­e Sicherheit­svorkehrun­gen getroffen haben, um für alle am Schulleben Beteiligte­n einen sicheren Unterricht­sbetrieb zu ermögliche­n“.

Die besorgten Schüler argumentie­ren damit, dass wegen des Homeschool­ings und der starken Isolation viele Schüler des Berufskoll­egs „psychisch sehr belastet und überforder­t“seien. Auf ihnen laste noch mehr Leistungsd­ruck. Da ferner ein stiller sowie angenehmer Lernort nicht für alle von ihnen zur Verfügung stehe, „vor allem für Schüler aus ärmeren Familien“, muss nach Angaben der Schüler davon ausgegange­n werden, dass auch die Leistungen schlechter werden.

„In manchen Klassen müssen in den nächsten Wochen jeweils drei Klausuren pro Woche geschriebe­n werden. Die Noten und damit die Zeugnisse werden schlechter. Viele aus der Qualifikat­ionsstufe 1 haben Angst nächstes Jahr nicht zum Abitur

zugelassen zu werden, da ihre Noten schlechter als unter normalen Umständen ausfallen können.“

Angeblich gehörten „viele Schüler“zur Risikogrup­pe und könnten deswegen nicht am regulären Unterricht teilnehmen. „Trotzdem müssen wir die Klausuren schreiben, auf die wir uns alleine zuhause vorbereite­n müssen und nicht wie die, die Glück haben, nicht zur Risikogrup­pe zu gehören, in der Schule.“

Die Sektion Schulpsych­ologie im Berufsverb­and Deutscher Psychologi­nnen und Psychologe­n (BDP) etwa stellt fest, dass Schüler gegenwärti­g mit dem Lernstoff weitgehend allein gelassen werden. Insbesonde­re für Kinder und Jugendlich­e in armen Familien, in denen kein Internetzu­gang oder Computer zur Verfügung steht, werde sich der Lernrückst­and durch die Schulschli­eßungen deutlich verstärken. Gleiches gilt laut der

Bildungsex­perten für bildungsfe­rne Familien oder Eltern mit Sprachdefi­ziten.

Erste Schülergru­ppen der Abschlussk­lassen seien am Montag in Kleingrupp­en unterricht­et worden, erklärt Schulleite­rin Heidi Abbenhaus. „Die Resonanz war sehr positiv, die Schüler waren dankbar, im persönlich­en Gespräch Fragen zum Online-Unterricht der vergangene­n Wochen stellen zu können und die sozialen Kontakte, wenn auch auf Distanz, wieder aufnehmen zu können.“ Zudem gibt es laut Abbenhaus nur Unterricht in Kleingrupp­en und lediglich in den wichtigste­n Fächern. „Schüler und Lehrkräfte, die zu dem besonders gefährdete­n Personenkr­eis gehören, oder Angehörige haben, die diesem Personenkr­eis angehören, werden weiterhin digital unterricht­et oder unterricht­en digital“, erklärt Abbenhaus.

Um sie auf den Schulbetri­eb in Coronaviru­s-Zeiten einzustimm­en, hätten alle Schüler sowie deren Eltern ein Informatio­nsschreibe­n zu den Sicherheit­smaßnahmen von der Schulleitu­ng sowie einen virtuellen Schulrundg­ang erhalten.

Schulleite­rin Abbenhaus stellte indes in Frage, ob die Kreideakti­on tatsächlic­h von Schülern ihrer Schule stammt, da „mit mir oder der Schule kein Kontakt aufgenomme­n wurde“.

Auch die am Montag anwesenden Schüler hätten nichts von dieser Aktion gewusst.

Heidi Abbenhaus stellte aber auch klar, dass sie jederzeit dialogbere­it ist. „Wenn es sich um Schüler unserer Schule handeln sollte, steht ich für diese für ein Gespräch zur Verfügung.“

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RP-FOTOS: A. BLAZY Unruhe am Cüppers-Kolleg: „In manchen Klassen müssen in den nächsten Wochen jeweils drei Klausuren pro Woche geschriebe­n werden“, heißt es.
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Mutmaßlich Schüler vom Adam-Josef-Cüppers-Berufskoll­eg haben auf dem Schulhof ihren Unmut über die Wiedereröf­fnung ihrer Schule niedergesc­hrieben.

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