Kreideaktion am Cüppers-Berufskolleg
Schüler fordern eine weitergehende Schulschließung und ein Durchschnittsabitur und -abschlüsse mit freiwilliger Prüfung.
RATINGEN Weil sie sich „von der Landesregierung im Stich gelassen und einem erheblichen Infektionsrisiko ausgesetzt“sehen, hat offenbar eine Gruppe von Schülern des Adam-Josef-Cüppers-Berufskollegs am vergangenen Wochenende den Schulhof aus Protest mit Kreide bemalt. Dort steht etwa „Wir werden laut“oder „#Arminlasses“. Wie die Schüler in einer Pressemitteilung, die der Redaktion vorliegt, mitteilen, möchten sie damit auf ihre Sorgen und Ängste im Zuge der Schulöffnungen aufmerksam machen. „Wir mahnen an, dass der aktuelle Plan der Landesregierung, der vorsieht, die Abschlussprüfungen und Abiturprüfungen regulär stattfinden zu lassen, eine Katastrophe ist.“Ihre Forderung: eine weitergehende Schulschließung bis zur Aufhebung der Kontaktsperre und Durchschnittsabitur und -abschlüsse mit freiwilliger Prüfung.
Die Schulleitung teilte mit, dass sie Verständnis für die Bedenken und Anspannungen der Schüler in dieser besonderen Situation habe. Sie versichert, dass sie „mit Unterstützung des Schulträgers – Kreis Mettmann – umfängliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, um für alle am Schulleben Beteiligten einen sicheren Unterrichtsbetrieb zu ermöglichen“.
Die besorgten Schüler argumentieren damit, dass wegen des Homeschoolings und der starken Isolation viele Schüler des Berufskollegs „psychisch sehr belastet und überfordert“seien. Auf ihnen laste noch mehr Leistungsdruck. Da ferner ein stiller sowie angenehmer Lernort nicht für alle von ihnen zur Verfügung stehe, „vor allem für Schüler aus ärmeren Familien“, muss nach Angaben der Schüler davon ausgegangen werden, dass auch die Leistungen schlechter werden.
„In manchen Klassen müssen in den nächsten Wochen jeweils drei Klausuren pro Woche geschrieben werden. Die Noten und damit die Zeugnisse werden schlechter. Viele aus der Qualifikationsstufe 1 haben Angst nächstes Jahr nicht zum Abitur
zugelassen zu werden, da ihre Noten schlechter als unter normalen Umständen ausfallen können.“
Angeblich gehörten „viele Schüler“zur Risikogruppe und könnten deswegen nicht am regulären Unterricht teilnehmen. „Trotzdem müssen wir die Klausuren schreiben, auf die wir uns alleine zuhause vorbereiten müssen und nicht wie die, die Glück haben, nicht zur Risikogruppe zu gehören, in der Schule.“
Die Sektion Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) etwa stellt fest, dass Schüler gegenwärtig mit dem Lernstoff weitgehend allein gelassen werden. Insbesondere für Kinder und Jugendliche in armen Familien, in denen kein Internetzugang oder Computer zur Verfügung steht, werde sich der Lernrückstand durch die Schulschließungen deutlich verstärken. Gleiches gilt laut der
Bildungsexperten für bildungsferne Familien oder Eltern mit Sprachdefiziten.
Erste Schülergruppen der Abschlussklassen seien am Montag in Kleingruppen unterrichtet worden, erklärt Schulleiterin Heidi Abbenhaus. „Die Resonanz war sehr positiv, die Schüler waren dankbar, im persönlichen Gespräch Fragen zum Online-Unterricht der vergangenen Wochen stellen zu können und die sozialen Kontakte, wenn auch auf Distanz, wieder aufnehmen zu können.“ Zudem gibt es laut Abbenhaus nur Unterricht in Kleingruppen und lediglich in den wichtigsten Fächern. „Schüler und Lehrkräfte, die zu dem besonders gefährdeten Personenkreis gehören, oder Angehörige haben, die diesem Personenkreis angehören, werden weiterhin digital unterrichtet oder unterrichten digital“, erklärt Abbenhaus.
Um sie auf den Schulbetrieb in Coronavirus-Zeiten einzustimmen, hätten alle Schüler sowie deren Eltern ein Informationsschreiben zu den Sicherheitsmaßnahmen von der Schulleitung sowie einen virtuellen Schulrundgang erhalten.
Schulleiterin Abbenhaus stellte indes in Frage, ob die Kreideaktion tatsächlich von Schülern ihrer Schule stammt, da „mit mir oder der Schule kein Kontakt aufgenommen wurde“.
Auch die am Montag anwesenden Schüler hätten nichts von dieser Aktion gewusst.
Heidi Abbenhaus stellte aber auch klar, dass sie jederzeit dialogbereit ist. „Wenn es sich um Schüler unserer Schule handeln sollte, steht ich für diese für ein Gespräch zur Verfügung.“