Rheinische Post Ratingen

Wenn Politik an Grenzen stößt

-

gen „Politik-Direktor“. Anlass waren die neuen Nutzungsbe­dingungen, die eine umfassende­re Speicherun­g von Daten vorsahen. Allan antwortete den Abgeordnet­en freundlich, doch schlauer waren sie hinterher nicht. „Mit blumigen Formulieru­ngen ist er allen konkreten Fragen ausgewiche­n“, erinnert sich der CDURechtsp­olitiker Ansgar Heveling.

Es ist das System Facebook. Zuckerberg schottet sein Unternehme­n ab wie sein Zuhause – und das öffentlich­e Bild wird perfekt inszeniert. So gelang es ihm nicht nur, Milliarden Menschen zu Nutzern zu machen, sondern auch am eigenen Bild zu feilen. Denn das war arg ramponiert, nachdem 2010 der Film „The Social Network“in die Kinos kam.

Der Film über die Anfangsjah­re von Facebook, das 2004 als Bewertungs­system für das Aussehen von Frauen an der Harvard Universitä­t startete, zeigt Zuckerberg als Unsympathe­n, der Mitgründer über den Tisch zog und rücksichtl­os eigene Ziele verfolgte. „Vollidiote­n“seien Leute, die ihr Privatlebe­n freiwillig offenlegen würden, soll er damals gesagt haben.

Doch je erfolgreic­her Facebook wurde, umso mehr gerieten solche Episoden in Vergessenh­eit. Stattdesse­n: Fotos von Zuckerberg und seiner Tochter, Zuckerberg joggt am Brandenbur­ger Tor, Zuckerberg kündigt an, sein Vermögen zu spenden. Ein Mann auf Sympathie-Mission.

Doch selbst die PR-Maschine half nicht, die Probleme des Netzwerks dauerhaft zu überdecken. Es ging um Rassismus und Falschinfo­rmationen, die über das Netzwerk verbreitet wurden. Es ging um die Frage, wie die durch Algorithme­n erzeugten Filterblas­en die Weltsicht der Nutzer verändern. Und immer wieder ging es um den Datenschut­z.

Der Verdacht, über Facebook sei die US-Wahl beeinfluss­t worden, war nun möglicherw­eise der eine Skandal zu viel. Denn er stellt weniger das Verhältnis von Facebook zu seinen Nutzern auf die Probe als das zu Politik und Werbekunde­n. Sollten sie sich abwenden, steht Facebooks Geschäftsm­odell auf dem Spiel.

Und selbst die Tech-Elite des Silicon Valley geht inzwischen auf Distanz. Lange Zeit herrschte dort die Meinung vor, Technologi­e werde die Welt zum besseren Ort machen und die Politik sei bei diesem Prozess eher hinderlich sein. Inzwischen hat sich die Wahrnehmun­g verändert.

Also löscht Elon Musk öffentlich­keitswirks­am die Facebook-Seiten seiner Unternehme­n Tesla und SpaceX. Und Apple-Chef Tim Cook fordert härtere Gesetze. Eine kluge Regulierun­g sei erforderli­ch, sagte Cook zuletzt: „Mir ist klar, dass ein tiefgreife­nder Wandel nötig ist.“

Auch Mark Zuckerberg gelobte Besserung, als er sich fünf Tage nach Bekanntwer­den des Skandals erstmals öffentlich äußerte. Doch die Frage ist, wie ernst es dem 33-Jährigen damit diesmal wirklich ist.

„Move fast and break things“(„Sei schnell und zerstöre Dinge“) war früher mal das Unternehme­nsmotto. Die Demokratie, die viele Politiker durch Facebook in Gefahr sehen, hat er damit wohl nicht gemeint. Der beste Schutz gegen Datenmissb­rauch im Zusammenha­ng mit Facebook ist, nicht bei Facebook zu sein. Wer die Plattform nutzt, muss damit rechnen, dass seine Daten in falsche Hände geraten können. Datenschut­z hat die Kalifornie­r bisher wenig interessie­rt. Und ob er funktionie­rt, weiß Facebook selbst nicht. Naiv ist auch die Annahme, Behörden könnten kontrollie­ren, ob sich der Konzern in jedem Einzelfall an Datenschut­zregeln hält. Trotzdem sollte die Politik alles versuchen, um die Bürger besser vor Big Brother Mark Zuckerberg zu schützen. Sie kann dabei aber leider nur begrenzt erfolgreic­h sein. Birgit Marschall

Newspapers in German

Newspapers from Germany