Schatten auf der Lichtgestalt
Es hört sich erstmal ganz harmlos, fast belanglos an. Eine „provisorische“Sperre hat der Fußball-Weltverband gegen Franz Beckenbauer ausgesprochen. Provisorisch, na und? Der Mann will ja weder noch einmal Fußball spielen noch eine Mannschaft betreuen. Da ist es nicht so schlimm, 90 Tage keine Aufgabe übernehmen zu müssen. Und Ambitionen auf hohe Ämter in der Sportpolitik hat er ohnehin keine mehr.
Auf den zweiten Blick aber ist die Meldung, die gestern Abend von Zürich in die Welt hinausging, ein Hammer. Die Fifa hat einen Schatten auf die Lichtgestalt, auf einen der wichtigsten Repräsentanten des Weltfußballs, gelegt. Diesen Makel wird der „Kaiser“so schnell nicht mehr los. Seine angeblich nur losen Kontakte nach Katar haben nun mehr als ein Geschmäckle. Die Aufregung, die in Beckenbauers Umfeld herrschte, als er von der „Sunday Times“am vergangenen Wochenende erstmals in diesen Zusammenhang gestellt wurde, hatte also ihren guten Grund.
Offensichtlich hat Beckenbauer gelogen, als er seine angeblich mangelhaften Englisch-Kenntnisse als Grund dafür angegeben hat, dass er nicht mit dem Ermittler zusammengearbeitet hat, der die umstrittene Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an das Emirat untersucht. Nach Angaben der Fifa hätte der Oberbayer auch auf Deutsch befragt werden können. Zumindest mangelnder Wille zur Aufklärung ist Beckenbauer damit vorzuwerfen.
Auch die enge Verbindung, die er als Gazprom-Sportbotschafter nach Russland pflegt, verdient offenbar noch mehr Aufmerksamkeit. Nach der Vergabe der WM 2018 an Putins Reich hat der Münchner diesen Job übernommen.
An den Zweifeln, die der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger gesät hat („Franz ist auch Geschäftsmann“), ist augenscheinlich etwas dran. Zwanzigers Nachfolger Wolfgang Niersbach hatte indes zuletzt betont, dass „der Franz“ein „absoluter Ehrenmann“sei. Was ist von dieser Aussage zu halten?
Martin Beils