Rheinische Post Opladen

„Gastronomi­e wird zum Luxusartik­el“

Seit Anfang des Jahres gilt in der Gastronomi­e wieder die 19-Prozent-Mehrwertst­euer-Regelung. Wir haben uns bei Gastronome­n in Mettmann und Wülfrath umgehört, wie sie damit umgehen, was sie befürchten und was ihnen zusätzlich zu schaffen macht.

- VON MALINA CERVENY

In der Corona-Pandemie mussten Gäste im Restaurant nur sieben, statt 19 Mehrwertst­euer auf die Speisen zahlen. Die Rückkehr zum alten Steuersatz zu Beginn des Jahres war umstritten, die Branche fürchtet nun das Aus bei vielen Betreibern. Wir haben uns bei den Inhabern umgehört, wie sie mit der Situation umgehen.

Wie zu erwarten, haben viele ihre Preise angepasst, so wie etwa Dietmar Faßbach, Betreiber von „Bürger und Edelmann“in Mettmann. Der Großteil der Kunden zeige sich verständni­svoll. „Es gibt zwar immer Leute, die etwas zu meckern haben, aber die Gäste kommen weiterhin, denn man möchte sich ja auch mal was gönnen“. Er versucht, seiner Kundschaft entgegenzu­kommen, sodass zwar viele der Preise angehoben wurden, manche Gerichte jedoch auch günstiger sind.

Auch Andonis Alexiou, Geschäftsf­ührer des Grillparad­ieses in Wülfrath, hat die Preise angehoben. Die Zufriedenh­eit seiner Kunden habe für ihn oberste Priorität und die Anpassung ermögliche es, die gleichblei­bende Qualität gewährleis­ten zu können. Seine Kundschaft schätze dabei vor allem das Preisleist­ungsverhäl­tnis, der Großteil sich zeige sich verständni­svoll.

Doch nicht alle geben die gestiegene­n Kosten weiter. Sabani’s und das Stadtwaldh­aus in Mettmann sowie die Kutscherst­uben in Wülfrath etwa halten ihre bisherigen Preise. Für Edin Aljukic, Geschäftsf­ührer des Stadtwaldh­auses, sei eine mögliche Anpassung im Frühling jedoch nicht völlig ausgeschlo­ssen, vermutlich aber nicht um die kompletten zwölf Prozent. Denn ihm sei es besonders

wichtig, nicht alles auf den Gast abzuwälzen, da auch andere Kosten angestiege­n sind. Bislang, sagt beispielsw­eise Björn Becker, Betreiber des Gasthofes Becker in Wülfrath, seien auch die Folgen der Mehrwertst­euererhöhu­ng noch nicht so gut zu beurteilen, da die Monate am Anfang des Jahres ohnehin

umsatzschw­ächer seien.

Eine Reduzierun­g der Portionsgr­öße scheint zumindest für die Befragten keine Option zu sein. Jose Alvarez-Mallo, Leiter von Postillon in Mettmann, betont, die Kunden sollen schließlic­h satt werden und zufrieden wiederkomm­en. Auch ein verstärkte­r Fokus auf Essen To-Go scheint für viele keine Option, obwohl bei Lieferunge­n und Abholungen weiterhin nur eine Mehrwertst­euer von sieben Prozent fällig ist. Die Corona-Pandemie hatte zwar bei vielen Betrieben die Abholung als weiteren Zweig gestärkt. Die Gastronome­n wollen sich aber vorrangig auf das Angebot vor Ort in ihrem Restaurant konzentrie­ren.

Dass Essen außer Haus, also von den Lieferdien­sten, weiterhin nur mit sieben Prozent versteuert wird, sorgt für Kritik. Hubertus Brand, der unter anderem die Road Stop-Filiale in Mettmann leitet, weist darauf hin, dass bei Lieferdien­sten einige Kosten wegfallen, die bei den Restaurant­s anfallen würden. Dadurch ginge die Rechnung nicht auf. Ihm zufolge sei der Umgang der Politik mit dem Thema geradezu dilettanti­sch, da nicht auf die geäußerte Kritik der Verbände eingegange­n werde. Brand befürchtet zudem massive Auswirkung­en und Einschränk­ungen in der Vielfalt der Gastronomi­e: „Die Bürger sind die Leidtragen­den der ständig steigenden Kosten. Mettmann ist noch relativ einkommens­stark, doch gerade in einkommens­schwächere­n Gebieten wird es langfristi­ge Folgen geben. Vor allem kleine Gastronome­n werden sich teilweise leider nicht mehr halten können, da man sich zukünftig häufiger und genauer überlegen wird, ob man sich etwas noch leisten kann und wo man hingehen möchte.“

Ebenfalls frustriere­nd für die Branche sind anderweiti­g stetig steigende Kosten. Michael Veit, Betreiber der Kutscherst­uben in Wülfrath, merkt dabei an: „Über die Anpassung der Mehrwertst­euer wussten wir Gastronome­n zumindest vorher Bescheid, wodurch man sich darauf einstellen konnte. Gleiches gilt jedoch nicht für den Anstieg der Einkaufs- und Energiepre­ise“. Die ständig steigenden Preise stellen ein weiteres Problem da, was von vielen Gastronome­n noch als gravierend­er eingestuft wird. „Gastronomi­e wird irgendwann zu einem Luxusartik­el werden“, befürchtet Dietmar Faßbach.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Die Rückkehr zur alten Mehrwertst­euer zwingt Gastronome­n teilweise in die Knie.

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