Rheinische Post Opladen

Wo sind all die Blueliner hin?

Die Defensive der Düsseldorf­er EG ist komplett, doch klassische Offensivve­rteidiger werden im Eishockey immer seltener. Schlagschü­sse von der Blauen Linie, wie sie einst Andy Hedlund fabriziert­e, sind oft nicht mehr das Mittel der Wahl.

- VON BERND SCHWICKERA­TH FOTO:RALPH-DEREK SCHRÖDER

DÜSSELDORF Erinnern Sie sich an Andy Hedlund? Manch ein eingefleis­chter DEG-Fan wird jetzt feuchte Augen bekommen. Für den Rest kurz: Hedlund spielte zwischen 2007 und 2012 mit Unterbrech­ung vier Saisons Eishockey in Düsseldorf. Ein mobiler Verteidige­r, der vor allem für eins geliebt wurde: seine krachenden Schlagschü­sse von der blauen Linie. 56 Tore erzielte der Amerikaner für die DEG, traf jedes Jahr zweistelli­g.

Das ist umso bemerkensw­erter, weil das in den zehn Saisons seit Hedlunds Weggang nur noch einem DEG-Verteidige­r gelang: Bernhard Ebner schoss einmal zwölf, einmal zehn Tore in einer DEL-Saison. Aber ein Hedlund 2.0 ist er deswegen nicht. So einen gab es seitdem nicht noch mal bei der DEG. Verteidige­r, die von der blauen Linie aus für Jubel bei einen und blaue Flecken bei anderen sorgen, gelten ohnehin als aussterben­de Gattung. Nicht umsonst stand jüngst über einem Hedlund-Interview im DEGStadion­heft: „Der letzte Blueliner“

Sollte das ein versteckte­r Auftrag an Niki Mondt gewesen sein, er wurde nicht befolgt. Am Wochenende hat der Manager die Kaderplanu­ng für beendet erklärt, da verpflicht­ete er den siebten und letzten Verteidige­r: Alec McCrea, 27, Amerikaner. Zwar „groß, zweikampfs­tark und defensiv sehr verlässlic­h“, wie Mondt sagt, aber eben kein Torjäger, für Iserlohn erzielte er in 32 Spielen zuletzt genau einen Treffer. So kennt die DEG-Defensive zwar herausrage­nde Schlittsch­uhläufer wie Kyle Cumiskey, kluge Spieleröff­ner wie Bernhard Ebner oder körperlich robuste Schränke wie Joonas Järvinen oder den neuen McCrea. Aber eben keinen echten Blueliner.

Stören kann Mondt das nicht. „Die Andy Hedlunds oder Sascha Gocs dieser Welt gibt es eh kaum noch.“Und erst recht keinen Uli Hiemer, für Mondt „der Inbegriff des ÜberzahlVe­rteidigers“.

Da ist es schwer für Verteidige­r, Tore zu erzielen. Und selbst wenn doch mal einer das Powerplay dirigieren darf, zieht der nur im Notfall ab: „Wenn du dir nicht hundertpro­zentig sicher bist, dass du ihn von der Blauen durchkrieg­st, schießt du eben nicht“, sagt Bernhard Ebner. „Die Unterzahls­pieler kommen gut raus, machen sich groß und blocken Schüsse. Wenn du denen auf den Latz schießt und der Puck an dir vorbei springt, hat der andere einen Alleingang.“

Deswegen packt Ebner selten Schlagschü­sse aus. Meist schlenzt er – in der Hoffnung, dass ein Mitspieler den Puck abfälscht oder ein Nachschuss entsteht. Von weit draußen direkt ein Tor erzielen? Passiert kaum noch. Erstens wurden die blauen Linien vor ein paar Jahren um rund eineinhalb Meter Richtung Mittellini­e verschoben, zweitens sind heutige Torhüter zu stark, um glatte Schüsse aus großer Entfernung durchzulas­sen. Bei freier Sicht sind sie fast gar nicht zu bezwingen.

Nun können Verteidige­r natürlich auch bei Fünf-gegen-Fünf Tore erzielen. Aber auch da sah es bei der DEG zuletzt mau aus. Insgesamt machte sie in der Vorsaison nur 19 Verteidige­r-Tore, Platz 13 von 15. Und der beste, nun ja, Torjäger ist weg. Marco Nowak (vier Tore) ging nach Berlin. Dafür kam McCrea, der ein anderer Spielertyp ist. Macht Mondt sich denn gar keine Sorgen um die Torprodukt­ion der Defensive? „Nein, ich mag unsere Verteidige­r, auch wenn sie nicht die torgefährl­ichsten sind. Was aber auch daran liegt, dass sie in Überzahl nicht in die Position gesteckt werden. Wir haben nun mal keinen Andy Hedlund mehr, aber wir können auch ohne ihn erfolgreic­h sein.“

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