Zwischen Liebe und Freiheitsdrang
Ein unaufgeklärter Todesfall, eine Dreiecksbeziehung und ein Reise quer durch die Welt bilden den Kern der Serie „Funeral for a Dog“.
Wer während der 1990erJahre in Westeuropa von der Jugend ins Erwachsenenleben wechselte, durfte sich glücklich schätzen. Der Kalte Krieg und seine Erstarrungen waren vorüber, die Klimakrise war noch kein großes Thema, und die Anschläge des 11. Septembers 2001 lagen noch in ferner, dunkler Zukunft. Die Gedankenhorizonte waren weit, die Lebensperspektiven zahlreich und der ganze Globus ein potenzielles Reiseziel.
In seinem 2011 veröffentlichten und viel beachteten Debütroman „Bestattung eines Hundes“tauchte Thomas Pletzinger ein in das Lebensgefühl dieser Generation, der die Welt zu Füßen lag, die sich dennoch selbst im Wege stand und mit den einstürzenden Türmen des World Trade Centers unsanft aus der Sorglosigkeit erwachte.
Nun hat der Pay-TV-Sender Sky das 350 Seiten starke Buch unter dem internationalen Titel „Funeral for a Dog“in eine achtteilige Serie verwandelt. Ein ambitioniertes Vorhaben, denn der Roman springt nicht nur zwischen verschiedenen Zeit- und Erzählebenen hin und her, sondern reist auch von Kolumbien über Finnland, New York und Berlin bis zum Luganer See.
Wie in der Vorlage führt auch in der TV-Version unter der Regie von David Dietl und Barbara Albert der Journalist Daniel Mandelkern (Albrecht Schuch) ins Geschehen ein. Der Mann sieht aus wie ein Wrack, übergibt sich auf der Flugzeugtoilette und spült den Ehering gleich mit hinunter. Daniel ist auf dem Weg nach Italien, um den Schriftsteller Mark Svensson (Friedrich Mücke) zu interviewen, dessen Roman „Astroland“ihn nachhaltig beeindruckt hat. Seit Jahren lebt der Autor zurückgezogen in einem Haus am See und hat nach seinem erfolgreichen Debüt nichts mehr veröffentlicht. Wie der Drehbuch-Zufall es will, entpuppt sich die Frau auf dem Nebensitz, die Daniel einen Kaugummi gegen Reiseübelkeit anbietet, als jene geheimnisvolle Tuuli, die in Svenssons Roman eine zentrale Rolle spielt. Und schon beamt sich die Geschichte zurück ins Jahr 1998 nach Kolumbien, wo Mark und sein bester Freund Felix (Daniel Sträßer) als Freiwillige in einem kirchlichen Hilfsprojekt arbeiten. Zu ihnen stößt die finnische Medizinstudentin Tuuli (Alina Tomnikov), in die sich die beiden jungen Männer gleichermaßen verlieben. Aus dem Reiseflirt wird eine feste Dreiecksbeziehung, deren Reise über Finnland schließlich 2001 nach New York führt.
Dort findet das Trio vorübergehend sein gemeinsames Glück, als Tuuli ihren beiden Geliebten eröffnet, dass sie schwanger ist. Aber dann kommt mit dem 11. September der Tag, der in New York, der ganzen Welt und auch in der idyllischen Dreisamkeit alles verändert.
In einer spannungsfördernden Häppchen-Dramaturgie wird das emotionale Auf und Ab dieser Ménage-à-trois erzählt und mit stimmungsvollen Reisebildern aus Kolumbien (gedreht wurde wegen der Corona-Lage allerdings auf Kuba), dem nördlichen Polarkreis und dem Big Apple unterlegt. Kameramann Frank Griebe, der fast alle Filme Tom Tykwers ins Bild fasste, sorgt hier für eine visuelle Qualität, die im TV-Format keine Selbstverständlichkeit ist.
Dazwischen kehrt die Erzählung immer wieder zurück zum Haus am See. Dort versucht Journalist Daniel, der selbst einen dramatischen Beziehungskonflikt mit seiner Ehefrau Elisabeth (Anne Ratte-Polle) im Gepäck führt, das Geheimnis der Dreiecksbeziehung zu erkunden, die mit dem vermeintlichen Unfalltod von Felix ein tragisches Ende genommen hat. Der erfahrene Wassersportler soll ertrunken sein, heißt es, aber seine Leiche wurde nie gefunden. Die Auflösung der Todesumstände sorgt für eine solide Krimi-Spannung, die allerdings nicht ganz über die acht jeweils 45 Minuten langen Episoden gehalten werden kann.
Insgesamt hätte die Serie von einer größeren Verdichtung profitiert. Sicherlich sind der vielschichtige Stoff und seine verschlungene Erzählstruktur zu komplex für einen abendfüllenden Spielfilm, aber im epischen Serienformat kommt es hier doch deutlich zu einigen Längen und Redundanzen, die den Schwung aus der Erzählung nehmen. Entwickeln die Rückblenden vor wechselnden Locations die Atmosphäre eines „Jules und Jim“für die Millenniums-Generation, tritt die Geschichte in der erzählten Gegenwart immer wieder auf der Stelle, woran selbst der stets brillante Albrecht Schuch in der Rolle des teilnehmenden Beobachters nur wenig ändern kann.
„Funeral for a Dog“,