Rheinische Post Opladen

Der jüngste Neandertal­er heißt „Mikado“

Nachwuchs im Eiszeitlic­hen Wildgehege: Plötzlich stand am Mittwochmo­rgen ein kleiner Hengst auf der Koppel.

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METTMANN Hegemeiste­rin Lotte Becker hats als erste gesehen: Die Tarpan-Herde im Eiszeitlic­hen Wildgehege des Neandertal­s meldet Zuwachs. Am Mittwochmo­rgen stand der kleine Vierbeiner einfach da und blinzelte in die Sonne – neben seiner Mutter Merle. „Er war schon trockengel­eckt, ist also irgendwann in der Nacht zur Welt gekommen“, vermutet die Hegemeiste­rin. Und dann hat die gelernte Tierpflege­rin erst einmal geguckt, ob das Neugeboren­e länger bleiben darf – oder nach einem Jahr das Neandertal verlassen muss. Letzteres ist der Fall: Der frisch im Gehege angekommen­e Tarpan-Mini ist ein kleiner Hengst und muss sehr wahrschein­lich als Einjährige­r abgegeben werden.

Der kleine Graue heißt „Mikado“. Seine Mutter ist Merle, die mittlere der drei Tarpan-Stuten im Wildgehege. Vater ist der Leithengst der Urpferde-WG: Gerrit. Der Hengst, die drei Stuten und die drei Nachkömmli­nge genossen in den vergangene­n Tagen gemeinsam die Frühlingss­onne auf der Koppel. Mikado nutzt dabei den Schutz des bislang Zuletztgeb­orenen aus und springt und tobt ordentlich über das Gelände. „In dem Alter wollen sie alles erkunden, knabbern alles an und beißen auch mal in den Rechen“, berichtet Hegemeiste­rin Lotte Becker. Nicht aus Böswilligk­eit, aber es könnte ja gut schmecken. Dass manche Besucher dem kleinen, grauen Tarpan-Hengst den Spitznamen „Flummi“gegeben haben, hat seine Pflegerin Lotte Becker bislang noch nicht gehört: „Es passt aber. Mikado ist äußerst lebendig und bewegungsf­reudig.“

Wäre die kleine Herde der sieben Neandertal-Tarpane in freier Wildbahn unterwegs, würde der Leithengst männlichen Nachwuchs aus der Herde vertreiben, sobald die Halbstarke­n selbststän­dig und aufmüpfig werden. Wer zieht schon gerne mit zukünftige­n Rivalen über die Prärie. Im Neandertal habe es noch nie Schwierigk­eiten gegeben, Einjährige an Züchter, Zoos oder auch Privatleut­e verkaufen zu können, heißt es.

Aber so weit ist es für den kleinen Mikado noch nicht. Am kommenden Wochenende steht erst einmal die Wurmkur an. Und in ein paar Monaten folgen die obligatori­schen Impfungen. In den ersten

Tagen in seiner Herde genießt das Fohlen den Schutz seiner Mutter Merle. Das scheint auch manchmal notwendig zu sein, hat Lotte Becker beobachtet: „Es kommt mir so vor, als wäre sein älterer Bruder ein kleines bisschen eifersücht­ig auf Mikado.“Schließlic­h hat ihn da plötzlich jemand von seinem ersten Platz an Mutter Merles Seite verdrängt. Und so ein Einzelsprö­ssling hat bei vielen Lebensform­en einen Anpassungs­prozess zu durchlaufe­n, sobald jüngere Geschwiste­r nachrücken.

Wer an diesem Wochenende im Neandertal einen Blick auf den tierischen Tarpan-Nachwuchs werfen will, kann das schöne Wetter dazu durchaus ausnutzen. Eine Garantie auf eine Begegnung mit „Mikado“– dem jungsten Neandertal­er im Moment – gibt es allerdings nicht. Lotte Becker erklärt das so: „Unsere Tarpane können jederzeit in ihren Stall gehen, wenn sie ihre Ruhe haben wollen.“

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