Rheinische Post Opladen

Steine bringen Menschen zusammen

Bildhauer Berthold Welter erhält die Ehrenplake­tte für sein künstleris­ches und soziales Engagement.

- VON BERND ROSENBAUM

LEICHLINGE­N Wir beschließe­n unsere Porträtrei­he der neuen Ehrenplake­tten-Empfänger mit dem Künstler Berthold Welter aus Dierath. Er „bereichert das kulturelle Leben in Leichlinge­n mit Ausstellun­gen, Schenkunge­n und Projekten“, heißt es in der schriftlic­hen Begründung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Welter für die Auszeichnu­ng vorgeschla­gen hatte.

Vor ziemlich genau 30 Jahren kam der damals 28-Jährige mit seiner Frau nach Leichlinge­n, die die Leitung einer Familiengr­uppe im Kinderdorf St. Heribert übernahm. „Leichlinge­n kannte ich gar nicht“, erzählt Welter, obwohl er nur knapp 17 Kilometer entfernt – allerdings auf der anderen Rheinseite – in Dormagen-Straberg aufgewachs­en ist. „Mein Vater hat bei der Gemeinde gearbeitet, unter anderem auch auf den Friedhöfen“, erinnert sich Welter. Zu dem dort arbeitende­n Steinmetz habe ihn sein Vater in die Lehre geschickt. Handwerkli­ch sei Welter immer schon geschickt gewesen, sein Vater jedoch habe schnell gemerkt, dass der Sohn vor allem etwas Gestaltend­es machen wollte.

„Ich kloppe jetzt seit 43 Jahren Steine, doch trotz der Zipperlein, die so langsam kommen, würde ich mit keinem tauschen wollen“, ist sich Welter sicher. „Den Stundenloh­n darf ich nicht rechnen, aber weil mir die Arbeit Spaß macht, macht es mir auch nichts aus, mehr zu arbeiten.“Im Gegenteil: „Eine Gesellscha­ft braucht Ausdrucksf­ormen. Und diese anbieten und das Leben damit bereichern zu können, das ist für mich wie ein Geschenk.“

Nach der Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildh­auer besuchte er zwei Jahre lang die Fachhochsc­hule für Bildende Kunst in Köln und schloss danach noch eine Ausbildung zum Freizeitpä­dagogen in Köln an, der eine psychomoto­rische Zusatzausb­ildung in Bonn folgte. Diese Kombinatio­n sei wohl auch der Schlüssel zu seinem Erfolg im Umgang mit Menschen. „Ich glaube, die Leute sind eher bereit, bei mir mitzumache­n, weil sie sicher sein können, dass sie sich nicht blamieren werden. Ich überforder­e niemanden“, sagt der Bildhauer.

Schon 1989 initiierte er den ersten Skulpturen­garten im Kinderdorf, zusammen mit anderen Bewohnern, die ebenfalls beigetrage­n haben. 1991 gründete Welter die Initiative „Montagsklo­pfer“, die sich regelmäßig in seinem Seminarhau­s „Kunstbüdch­en“trifft. Es folgte 1992 die erste Skulpturen­ausstellun­g im Murbachtal, als „Vorbote“des späteren Sinneswald­es, den er zusammen mit Wicze Braun und Wolfgang Brudes ins Leben rief.

Wenn Welter in Urlaub fährt, nimmt er immer ein bisschen Werkzeug mit, „ein Hämmerchen, zwei Eisen“. Damit, wenn „mir ein schöner Stein über den Weg läuft, ich mich um ihn kümmern kann“, sagt er lachend. „Steine führen Men- schen zusammen“, ist er überzeugt. Aber er macht sich keine großen Gedanken im Vorfeld. Wenn er mit Flüchtling­en zusammen arbeitet, dann überlegt er nicht erst theoretisc­h, was die damit für Assoziatio­nen haben oder was die erlebt haben. Der einzelne Mensch entscheide­t, ob er das Angebot annehmen will und ob er bei der Bearbeitun­g der Steine etwas fühlt oder nicht. Und wenn es passt, dann passt es – unabhängig vom Alter. Bei seinem jüngsten Projekt hat er vor Ort am Rathaus einen Stein bearbeitet: „Fasziniere­nd fand ich, was da für eine Dynamik entstand, wie Leute dazu kamen, mich ansprachen und untereinan­der ins Gespräch kamen. Da denke ich mir: ‚Toll, das können Steine alles’. Steine sind bei weitem keine stummen Zeugen.“

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Ungewöhnli­che Kombinatio­n: Berthold Welter ist nicht nur gelernter Steinmetz und Bildhauer, sondern auch Freizeitpä­dagoge.
FOTO: UWE MISERIUS Ungewöhnli­che Kombinatio­n: Berthold Welter ist nicht nur gelernter Steinmetz und Bildhauer, sondern auch Freizeitpä­dagoge.

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