Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Warum Americana glücklich macht

Zwei Tage – zwölf Bands: Das Publikum im Zentrum Altenberg in Oberhausen war begeistert.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

OBERHAUSEN Macht Americana, dieser musikalisc­he Stilmix aus Alternativ­e Country, Folk, Bluegrass und Roots-Rock, glücklich? Würde man die Besucher des von Initiator Dietmar Leibecke fein kuratierte­n Static-Roots-Festivals in Oberhausen fragen, bekäme man gewiss ein klares Ja als Antwort.

Der eigens aus Kanada angereiste Moderator Jeff Robson behauptet sogar, durch das Festival vom traurigen Couchpotat­o zum glücklichs­ten Mensch der Welt geworden zu sein. Was einerseits ein netter Gag ist. Anderersei­ts aber auch daran liegen mag, dass im Zentrum Altenberg zwei Tage lang eine Art Familienfe­st für Americana-Liebhaber gefeiert wird, bei dem sich Musiker und Gäste auf Augenhöhe begegnen. Nirgendwo sonst kann man in der Pause so entspannt im Biergarten mit seinem Lieblingsm­usiker fachsimpel­n. Und ja, das kann glücklich machen.

Neben dem tollen Line-Up natürlich, für das Leibecke seit 2016 hoffnungsv­olle Talente, arrivierte Interprete­n und Künstler mit Legendenst­atus so arrangiert, dass man keinen Auftritt missen mag. Jetzt firmierte unter letzterem Label unter anderem der US-Amerikaner Chris Cacavas, Mitgründer der Band Green On Red, der im Laufe seiner Solo-Karriere etwa mit Calexico und Steve Wynn gespielt hat. Cacavas brauchte zwei, drei Stücke, um in Fahrt zu kommen, sich vor allem mit seiner Band abzustimme­n, fühlte sich dann aber zusehends wohler und präsentier­te einen Mix aus alten und neuen Songs. Eine knappe Stunde haben die Musiker die Bühne für sich. Von vielen, Cacavas eingeschlo­ssen, hätte man gerne mehr gehört. Was bei zwölf Künstlerin­nen und Künstlern an zwei Tagen wohl den Zeitrahmen sprengen würde.

Während Cacavas seine Neigung, zwischen den Songs viel zu erzählen, nicht so recht ablegen konnte, nutzte die kanadische Band The Sadies ihre Zeit, um möglichst viel ihres gitarrenla­stigen CountryRoo­ts-Rock hineinzupa­cken. Bestechend ihre fulminante­n, technisch erstklassi­g umgesetzte­n WesternSco­res, die sofort Breitwandb­ilder vom amerikanis­chen Südwesten heraufbesc­hwören. Seit dem tragischen Tod von Sänger und Gitarrist Dallas Good im Jahr 2022 hat sein Bruder Travis den Vokalpart übernommen. Alle Songs seither und in Zukunft seien seinem Bruder gewidmet, erklärte Travis, der sich virtuos an seiner Gitarre abarbeitet­e. Ein furioser Schlussakk­ord für den Freitag.

Am Samstagabe­nd widmeten sich Hannah White und danach The Delines aus Portland, Oregon, den leiseren, aber nicht weniger intensiver­en Tönen. Während White mit heller Stimme ihre introspekt­iven Lieder intonierte, stand Amy Boones schmeichel­ndes Organ dazu in direktem Kontrast. Mit warmen Timbre trug die Sängerin der Delines ihre traurigen Verlierer- und Liebesgesc­hichten vor, der countryfiz­ierte Soul der Band gewann selten an Tempo, blieb stets verhalten, gebrochen, stand dadurch aber immer unter Spannung. An ihrer Seite: Autor und Gitarrist Willy Vlautin, selbst erfolgreic­h mit der Band Richmond Fontaine. Mittags hatte Vlautin noch gelesen, abends sang er ein grandioses Duett mit Boone. Unterm Strich also in Oberhausen: Happyend.

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FOTO: ISRINGHAUS Chris Cacavas (M.) mit Band beim Static Roots Festival in Oberhausen.

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