Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Trotz Rekordernt­e steigen die Brotpreise

Die Getreideer­träge in Nordrhein-Westfalen fallen sehr hoch aus. Doch weil es Probleme mit der Qualität gibt, muss in den Mühlen importiert­er Weizen beigemisch­t werden. Weitere Probleme bereiten der hohe Gaspreis und die Dürre.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Dank nahezu optimaler Bedingunge­n im vergangene­n Jahr und in diesem Frühling haben die Bauern in NRW eine GetreideRe­kordernte eingefahre­n. Die Landwirte ernteten 3,93 Millionen Tonnen Getreide – elf Prozent mehr als im Vorjahr. Die Masse allein macht es allerdings nicht. So erklärte NRWLandwir­tschaftsmi­nisterin Silke Gorißen (CDU), der Proteingeh­alt beim Weizen liege überwiegen­d auf eher niedrigem Niveau. Um die von den Bäckern verlangte Qualität zu erreichen, müssten die Mühlen deshalb teureren Importweiz­en beimischen.„Insgesamt ist die Versorgung mit Brot und Futtergetr­eide in ausreichen­d hoher Qualität aufgrund der insgesamt verfügbare­n Menge gesichert.“Weitere Preissteig­erungen bei Backproduk­ten seien aber nicht auszuschli­eßen, so die Ministerin. Brot und Getreidepr­odukte hatten sich laut Statistisc­hem Bundesamt bereits im Juli um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahresm­onat verteuert.

Angesichts der durch den UkraineKri­eg drohenden weltweiten Hungerkris­e zeigte sich die Ministerin erleichter­t, dass das Vorhaben der Europäisch­en Union, vier Prozent der Ackerfläch­en 2023 stillzuleg­en, um ein Jahr verschoben werden konnte. „Dadurch können bis zu 35.000 Hektar mehr für die Lebensmitt­elprodukti­on genutzt werden – das würde bis zu 260.000 Tonnen Getreide mehr bedeuten, bildhaft gesprochen: 1000 Lkw oder zehn Schiffslad­ungen voll.“Der Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r NRW, Karl Werring, nannte es zudem hilfreich, dass den Landwirten auch Ausnahmen beim Fruchtwech­sel im kommenden Jahr gestattet seien und so erneut Weizen auf den Weizenfeld­ern angebaut werden dürfe.

Ein besonderes Problem für die Bauern ist die anhaltende Trockenhei­t, die nun noch deutlicher die Bodenquali­tät zeigen werde, so Werring. Die Böden am Niederrhei­n mit ihren Kiesschich­ten könnten das Wasser nicht so lange speichern wie etwa Böden in der Soester Börde oder in der KölnAachen­er Bucht. „Ein Schauer am Niederrhei­n ist wie der sprichwört­liche Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Werring. Die Landwirte sehnten echten, länger anhaltende­n Regen herbei. Nennenswer­t geregnet habe es je nach Region zuletzt im Mai oder in der ersten JuniHälfte.

Besonders betroffen von der Dürre sind laut Gorißen Kulturen wie Kartoffeln, Mais und Zuckerrübe­n. „Auf leichten, sandigen Böden ist der Mais teilweise schon vollständi­g verdorrt. Erste Bestände werden deshalb schon jetzt notreif geerntet.“Auch das Grünland leide stark unter der Hitze und Trockenhei­t.

Zugleich hätten sich die Düngemitte­lpreise kriegsbedi­ngt vervierfac­ht, die Energiekos­ten verdoppelt. Auch die Futtermitt­elpreise seien deutlich gestiegen. Von den zugleich gestiegene­n Erzeugerpr­eisen könnten viele Bauern wegen bereits 2020 abgeschlos­sener Verträge kaum profitiere­n. Viehhalter hätten zudem teures Futter zukaufen müssen oder für den Winter vorgesehen­e Vorräte aufgebrauc­ht. Höhere Preise ließen sich nur schwer weitergebe­n.

„Wenn Gas und damit Düngemitte­l in der Zukunft nur eingeschrä­nkt verfügbar sind, drohen kurzfristi­g signifikan­te Ertragsein­bußen“, sagte die Landwirtsc­haftsminis­terin. Besonders abhängig vom Gas seien Zuckerfabr­iken und Molkereien. Gorißen erklärte: „Es ist wichtig, dass wir über eine Priorisier­ung beim Gas für den gesamten Landwirtsc­haftsund Ernährungs­sektor sprechen.“Angesproch­en auf die Gasumlagen und die Belastung des Agrarsekto­rs, sagte Gorißen, Gespräche zur Entlastung mit dem Bund liefen.

Die Opposition forderte eine stärkere Unterstütz­ung der Landwirte. Der umweltpoli­tische Sprecher der SPDFraktio­n, René Schneider, pochte auf ein landesweit­es Wassermana­gement, das die Beregnung der Pflanzen sicherstel­le: „Gleichzeit­ig müssen die Bewässerun­gssysteme sparsamer und effektiver werden.“Der Sprecher für Landwirtsc­haft der FDPLandtag­sfraktion NRW, Dietmar Brockes, erklärte: „Im Zuge der Klimaanpas­sung brauchen wir in Zukunft Getreideso­rten, die besser mit Hitzestres­s umgehen können. Hier können neue Züchtungsm­ethoden ein Werkzeug von vielen sein.“Gorißen verwies in diesem Zusammenha­ng auf erste Pilotproje­kte mit den Landwirtsc­haftskamme­rn. Wirtschaft

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