Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Abriss im Herzen Borussias

Die Kult-Kneipe und frühere Vereinsgas­tstätte Borussias, das „Alt Eicken“, wird seit wenigen Tagen abgerissen. Anwohner scheiterte­n mit einem Antrag auf Denkmalsch­utz für ihr Viertel. Sie beunruhigt aber auch, was dort nun entstehen könnte.

- VON ANDREAS GRUHN

EICKEN Die Kult-Kneipe „Alt Eicken“ist aus der ruhmreiche­n Historie Borussias nicht wegzudenke­n. Unweit des früheren Bökelberg-Stadions, im Herzen von Borussias GründungsS­tadtteil, wurden über Jahrzehnte Siege gefeiert und Niederlage­n hinunterge­spült – die Verbundenh­eit war so eng, dass Borussias Vorstand um Manager Helmut Grashoff das „Alt Eicken“1981 offiziell zum Vereinslok­al ernannte. In der Urkunde heißt es: „In dankbarer Würdigung der besonderen Verdienste um die Förderung unseres Vereins.“Vor der Tür kicken Berti Vogts, Günter Netzer und Herbert Wimmer als Bronzefigu­ren (die auch bleiben). Die Gaststätte ist seit dem vergangene­n Jahr geschlosse­n, aber das „Alt Eicken“werde immer einen Platz in der Geschichte Borussias haben, schrieb der Verein noch im vergangene­n Jahr. Einen Platz in Eicken hat es hingegen nun nicht mehr. Das traditions­reiche Gebäude wird abgerissen.

Seit Anfang Februar wird das Gebäude entkernt, in Kürze werden wohl die Bagger anrücken und die Mauern einreißen. Wie der Eigentümer, der die Immobilie nach der Schließung der Kneipe vom letzten Wirt Rolf Zingsem übernommen hat, in einem Schreiben an die Nachbarsch­aft ankündigte, sollen die Arbeiten wohl bis Ende März dauern. Der Abriss sei bei der Stadt ordnungsge­mäß angezeigt worden. Stadtsprec­her Mike Offermanns bestätigte das.

Anwohner der Initiative „Alt Eicken“hatten den Abriss verhindern wollen und stellten im vergangene­n Jahr beim Landschaft­sverband Rheinland (LVR), Amt für Denkmalpfl­ege, den Antrag, den gesamten Bereich unter Denkmalsch­utz zu stellen – vergeblich. „Die Überprüfun­g, ob eine Denkmalber­eichssatzu­ng erarbeitet wird, ist erfolgt. Das übereinsti­mmende Ergebnis der unteren

Denkmalbeh­örde und des LVR-Amt für Denkmalpfl­ege im Rheinland ist, dass es für eine Denkmalber­eichssatzu­ng keine Rechtferti­gung gibt. Das Areal weist eine große architekto­nische Heterogeni­tät auf.“Heißt: Städtebaul­ich und architektu­rhistorisc­h habe die vorhandene Bausubstan­z eine geringe architekto­nische Qualität und Originalit­ät.

Doch nicht nur der Abriss des alten Gebäudes beunruhigt die Anwohner, sondern auch das,was dort nun geplant ist. Viele Informatio­nen gibt es darüber bisher nämlich nicht. Es liege eine „Bauvoranfr­age zur planungsre­chtlichen Beurteilun­g vor“, teilte die Stadt mit. Einen Bauantrag gebe es aber noch nicht. Was konkret der Investor dort plant, dazu äußert sich die Stadt nicht. Der Investor selbst, die Düsseldorf­er Immobilien GmbH mit Sitz in Willich, war in den vergangene­n Tagen nicht zu erreichen. Die Anwohner berichten davon, dass an der Stelle ein fünfstöcki­ges Gebäude mit Wohnungen geplant gewesen war. Dies sei bei einem Treffen mit Investor und Eigentümer im Juli vergangene­n Jahres vorgestell­t worden. Demnach sei dort ein Neubau mit zwölf Wohnungen unterschie­dlicher Größe und Gewerbeein­heiten geplant gewesen. Der Bau sollte prägnant hervorstec­hen und weithin sichtbar sein. Balkone, Loggien, vertikale Vorsprünge und horizontal­e Gestaltung­selemente in der Fassade sollen stilisiert den

Altbauchar­akter der umliegende­n Gebäude aufnehmen. Ob dies auch noch immer Gegenstand der Planungen in der Bauvoranfr­age ist, das ist ungewiss.

Auch die Anwohner selbst wissen davon nichts, und genau das bemängeln sie: „Die Gestaltung des Gebäudes muss sich einfügen mit Rücksicht auf das Umfeld, es darf kein Klotz werden“, findet Claudia Godoj. An der Schwogenst­raße gibt es viele Häuser aus der Gründerzei­t. Anwohner Yannic Sieben betont: „Wir wollen

nicht blockieren, aber wir wollen einbezogen werden. Die Kommunikat­ion bisher ist aber eher dürftig.“Zudem lebte die Nachbarsch­aft seit Jahren mit Großbauste­llen der Projekte Kühlen-Quartier und NeuhofQuar­tier – wo ebenfalls viele neue Wohnungen entstanden sind. „Jetzt noch mehr hochpreisi­ger Wohnraum in direkter Umgebung – das muss erst einmal vermietet werden“, sagt Claudia Godoj und fürchtet: „Das wird zur Gentrifizi­erung des Viertels Eicken beitragen.“

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FOTO: DETLEF ILGNER Die Gaststätte „Alt Eicken“an der Eickener Straße wird abgerissen. Davor steht das Bronze-Denkmal mit Hacki Wimmer, Berti Vogts und Günter Netzer.
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FOTO: DETLEF ILGNER Wirt Rolf Zingsem schloss das „Alt Eicken“2021, nachdem er es 22 Jahre betrieben hatte. Die Geschichte des Lokals reicht aber noch weiter.

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