Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Abriss im Herzen Borussias
Die Kult-Kneipe und frühere Vereinsgaststätte Borussias, das „Alt Eicken“, wird seit wenigen Tagen abgerissen. Anwohner scheiterten mit einem Antrag auf Denkmalschutz für ihr Viertel. Sie beunruhigt aber auch, was dort nun entstehen könnte.
EICKEN Die Kult-Kneipe „Alt Eicken“ist aus der ruhmreichen Historie Borussias nicht wegzudenken. Unweit des früheren Bökelberg-Stadions, im Herzen von Borussias GründungsStadtteil, wurden über Jahrzehnte Siege gefeiert und Niederlagen hinuntergespült – die Verbundenheit war so eng, dass Borussias Vorstand um Manager Helmut Grashoff das „Alt Eicken“1981 offiziell zum Vereinslokal ernannte. In der Urkunde heißt es: „In dankbarer Würdigung der besonderen Verdienste um die Förderung unseres Vereins.“Vor der Tür kicken Berti Vogts, Günter Netzer und Herbert Wimmer als Bronzefiguren (die auch bleiben). Die Gaststätte ist seit dem vergangenen Jahr geschlossen, aber das „Alt Eicken“werde immer einen Platz in der Geschichte Borussias haben, schrieb der Verein noch im vergangenen Jahr. Einen Platz in Eicken hat es hingegen nun nicht mehr. Das traditionsreiche Gebäude wird abgerissen.
Seit Anfang Februar wird das Gebäude entkernt, in Kürze werden wohl die Bagger anrücken und die Mauern einreißen. Wie der Eigentümer, der die Immobilie nach der Schließung der Kneipe vom letzten Wirt Rolf Zingsem übernommen hat, in einem Schreiben an die Nachbarschaft ankündigte, sollen die Arbeiten wohl bis Ende März dauern. Der Abriss sei bei der Stadt ordnungsgemäß angezeigt worden. Stadtsprecher Mike Offermanns bestätigte das.
Anwohner der Initiative „Alt Eicken“hatten den Abriss verhindern wollen und stellten im vergangenen Jahr beim Landschaftsverband Rheinland (LVR), Amt für Denkmalpflege, den Antrag, den gesamten Bereich unter Denkmalschutz zu stellen – vergeblich. „Die Überprüfung, ob eine Denkmalbereichssatzung erarbeitet wird, ist erfolgt. Das übereinstimmende Ergebnis der unteren
Denkmalbehörde und des LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland ist, dass es für eine Denkmalbereichssatzung keine Rechtfertigung gibt. Das Areal weist eine große architektonische Heterogenität auf.“Heißt: Städtebaulich und architekturhistorisch habe die vorhandene Bausubstanz eine geringe architektonische Qualität und Originalität.
Doch nicht nur der Abriss des alten Gebäudes beunruhigt die Anwohner, sondern auch das,was dort nun geplant ist. Viele Informationen gibt es darüber bisher nämlich nicht. Es liege eine „Bauvoranfrage zur planungsrechtlichen Beurteilung vor“, teilte die Stadt mit. Einen Bauantrag gebe es aber noch nicht. Was konkret der Investor dort plant, dazu äußert sich die Stadt nicht. Der Investor selbst, die Düsseldorfer Immobilien GmbH mit Sitz in Willich, war in den vergangenen Tagen nicht zu erreichen. Die Anwohner berichten davon, dass an der Stelle ein fünfstöckiges Gebäude mit Wohnungen geplant gewesen war. Dies sei bei einem Treffen mit Investor und Eigentümer im Juli vergangenen Jahres vorgestellt worden. Demnach sei dort ein Neubau mit zwölf Wohnungen unterschiedlicher Größe und Gewerbeeinheiten geplant gewesen. Der Bau sollte prägnant hervorstechen und weithin sichtbar sein. Balkone, Loggien, vertikale Vorsprünge und horizontale Gestaltungselemente in der Fassade sollen stilisiert den
Altbaucharakter der umliegenden Gebäude aufnehmen. Ob dies auch noch immer Gegenstand der Planungen in der Bauvoranfrage ist, das ist ungewiss.
Auch die Anwohner selbst wissen davon nichts, und genau das bemängeln sie: „Die Gestaltung des Gebäudes muss sich einfügen mit Rücksicht auf das Umfeld, es darf kein Klotz werden“, findet Claudia Godoj. An der Schwogenstraße gibt es viele Häuser aus der Gründerzeit. Anwohner Yannic Sieben betont: „Wir wollen
nicht blockieren, aber wir wollen einbezogen werden. Die Kommunikation bisher ist aber eher dürftig.“Zudem lebte die Nachbarschaft seit Jahren mit Großbaustellen der Projekte Kühlen-Quartier und NeuhofQuartier – wo ebenfalls viele neue Wohnungen entstanden sind. „Jetzt noch mehr hochpreisiger Wohnraum in direkter Umgebung – das muss erst einmal vermietet werden“, sagt Claudia Godoj und fürchtet: „Das wird zur Gentrifizierung des Viertels Eicken beitragen.“