Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Kampf um Gold – und den Trainer
Die Eishockey-Nationalmannschaft will wieder eine Medaille – und damit Toni Sölderholm zum Verbleib überzeugen.
PEKING (dpa) WM-Halbfinale, Olympia-Medaille und dann Abschied als Eishockey-Bundestrainer? Nationalmannschaftskapitän Moritz Müller hat vor dem Start des OlympiaTurniers in Peking ein Plädoyer für Bundestrainer Toni Söderholm gehalten und einen flammenden Appell an den Deutschen EishockeyBund gerichtet. „Es muss alles dafür getan werden, dass er bleibt“, sagte der 33-Jährige. „Toni ist mit Abstand die wichtigste Personalie beim DEB. Kein Spieler fällt so sehr ins Gewicht.“
Seit Monaten sind Verband und der gebürtige Finne Söderholm in Gesprächen über eine mögliche Verlängerung des nach der Weltmeisterschaft in Helsinki im Mai auslaufenden Vertrags. „Ich bin sehr zuversichtlich“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl. Doch eine Einigung gibt es bislang nicht. Söderholm scheint mit sich zu ringen und will erst nach den Winterspielen, aber noch vor der WM entscheiden.
„Die Wertschätzung der Spieler bedeutet mir unglaublich viel“, sagte Söderholm, formulierte indes auch ein „Aber“: „Wie bei jedem Menschen entscheiden am Ende auch Dinge wie das Finanzielle oder die Vertragslänge.“Dass der DEB mit den Gehältern europäischer Spitzenclubs nicht mithalten kann, ist schon seit Jahrzehnten so.
Und Söderholm hat durch seine Arbeit als Bundestrainer internationale Begehrlichkeiten geweckt. Den 43-Jährigen Ende 2018 als Nachfolger
für den Olympia-Silbercoach Marco Sturm zu holen, erschien als Wagnis. Söderholm trainierte damals den Drittligisten SC Riessersee. Es wurde aber ein Volltreffer. „Er hat uns spielerisch noch einmal weiter entwickelt. Wir sind jetzt in der Lage, große Nationen auch zu bespielen und nicht nur dagegenzuhalten“, sagte Müller. Mit Einsatz und Akribie bereitet Söderholm seinen Kader auf jeden einzelnen Gegner vor. Die Spieler sind begeistert und folgen uneingeschränkt.
Auch langjährige NHL-Stars wie Tom Kühnhackl, Tobias Rieder oder Dominik Kahun warfen sich beim ersten WM-Halbfinaleinzug seit 2010 im vergangenen Mai im lettischen Riga in jeden Schuss. Der Lohn: Deutschland ist nun in der Weltspitze etabliert und aktuell Weltranglisten-Fünfter. „Die Jungs sind bereit für den nächsten Schritt, etwas Großes zu erreichen“, sagte Söderholm. Eine erneute Medaille wäre in diesem Jahr keine Sensation mehr – natürlich auch dadurch bedingt, dass die besten Spieler der Welt aus der NHL wieder nicht dabei sind.
Der Bundestrainer wirkt vor dem ersten Spiel am Donnerstag (14.10 Uhr/ZDF und Eurosport) gegen Kanada noch fokussierter als sonst. Sein Ehrgeiz ist in jedem Blick auf und abseits des Eises, bei jeder Ansprache, in jedem Training zu spüren. „Toni ist immer ehrgeizig. Der will immer das Maximale erreichen. Das überträgt sich natürlich auf die Mannschaft“, sagte Verteidiger Korbinian Holzer.
Was eine Olympia-Medaille bewirken kann, hat der Bundestrainer schon bei Vorgänger Sturm beobachtet. Dem gelang nach Silber vor vier Jahren der Sprung als (Assistenz-)Coach zu den Los Angeles Kings. In die NHL will auch Söderholm, der im vergangenen Jahr bereits bei den Florida Panthers hospitierte. „Für mich war keine Tür geschlossen“, erzählte er anschließend. „Das Interesse am deutschen Eishockey ist definitiv größer geworden.“Die Verlängerung seines Vertrages mit dem DEB würde ihm die mögliche Option NHL indes kaum verbauen. Denn wie bei Sturm würde der Eishockeybund ihn auch ohne Ausstiegsklausel gehen lassen, sollte tatsächlich eine Mannschaft aus der nordamerikanischen Liga locken.
Außer dem Gehalt treibt den Familienvater noch etwas anderes um: „Ich muss natürlich einfach wissen, wo der Verband steht. Ich weiß sehr genau, wo ich sportlich hin will.“Das neue DEB-Präsidium kann er erst nach den Wahlen am 7. Mai dazu befragen. Bis dahin aber will Söderholm entschieden haben.