Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Genügend Weiß vorhanden: Im Tal wird Schneevorrat für den Wintersport produziert.
Winkl, der nicht gerade für sein Nachtleben berühmt ist. Statt nach Après-Ski-Bars zu suchen, fährt man abends besser hinauf zur Winklmoosalm. Seit Mai 2018 ist sie der erste Sternenpark der Alpen. Warum?
Das sieht man nach ein paar Minuten, nachdem sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Langgezogen schimmert die Milchstraße am Nachthimmel, inmitten unzähliger Sterne. Über den Loferer Steinbergen glitzern sie herab bis zum schwarz gezackten Gipfelkamm. Salzburg ist nur ein schwaches Glimmen am fernen Horizont.
Die Zertifizierung durch die International Dark-Sky Association (IDA) sei knifflig gewesen, erzählt Weindl. Denn auf der Alm stehen Hotels und Gasthöfe. Deren Besitzer seien zuerst skeptisch gewesen. Schließlich galt es, mehr als 100 Lichtquellen zu ändern, um die strengen Kriterien der IDA zu erfüllen. Manche wurden abgeschirmt, damit sie nicht mehr nach oben strahlen. Andere wurden durch ein wärmeres Licht ersetzt. „Und der Wirt dort drüben schaltet seine Giebelbeleuchtung ab 22 Uhr ganz aus“, sagt Weindl.
Die auf weit über 1000 Metern Höhe gelegenen Almen werden für Reit im Winkl immer wichtiger. Denn selbst hier im Schneeloch, wo sich im Kessel der umliegenden Berge jeden Winter ein Kaltluftsee bildet, lässt der Klimawandel die Wintersportler immer öfter hängen. Auf den Höhenloipen auf der Hemmersuppen- und Winklmoosalm dagegen können Langläufer in der Regel schon Anfang Dezember ihre Runden drehen.
Bisher gab es keinen Anlass, auf den Almen Geld für Schneekanonen zu verpulvern. Aber mittlerweile überlegen selbst die Winklmooser, ihr Hochplateau zu beschneien. „Es wird sich an der Finanzierung entscheiden“, sagt Weindl. Im vergangenen Winter haben sich die Winklmooser viel Geld gespart. Ihre österreichischen Partner im Teilgebiet Steinplatte hatten wie gewohnt üppig ihre Pisten beschneit – und blieben mangels deutscher Gäste auf den Kosten sitzen.
Im Tal dagegen produziert Reit im Winkl einen künstlichen Schneevorrat, um offene Stellen an den Loipen, Straßenübergängen und steilen Abfahrten auszubessern. „Das weiße Band auf der grünen Wiese“habe man aber bisher erst zwei Mal gelegt, berichtet Weindl. Damit die Profis trainieren können. Mehr als 200 Kilometer Loipen bietet Reit im Winkl. Sportliche Langläufer bevorzugen die Chiemgauloipe, die gut 24 Kilometer weit bis nach Ruhpolding führt. Die meisten aber lieben die flache Sonnenloipe, die ihren Namen vollkommen zu Recht trägt. Noch schöner ist die Kulisse der Skating-Loipe im etwas höher gelegenen Ortsteil Blindau, wo man mit Logenblick auf den Wilden Kaiser dahin gleitet.
Als Langlaufen in den 1970er-Jahren mit der Fitnesswelle zum Breitensport wurde, wünschten die Langläufer steile, fordernde Loipen. Heute sind sonnige, entspannte Loipen en vogue. Selbst beim Event Chiemgau Trophy laufen die Teilnehmer die 42 Kilometer ohne Stoppuhr. Manche gleiten im Bienenkostüm dahin, andere in Lederhosen.
Gerade in den vergangenen Jahren wurden einige Loipen entschärft. Um während der Corona-Pandemie die Abstandsregeln einhalten zu können, walzte man die Pisten für Skater noch breiter. „Je mehr Leute kommen, desto sanfter muss es sein“, sagt Weindl. „Über kurz oder lang werden wir manche schwarze Loipe nicht mehr spuren.“Dafür gibt es seit 2018 eine Kinderloipe. Entworfen hat sie der Langlauftrainer Andreas Mühlberger. Seine Tochter stand mit drei Jahren das erste Mal auf Skiern. Dabei sah der Vater, dass sie auf der für Erwachsene angelegten Spur extrem breitbeinig dahin rutschte. Er bat einen Hersteller von Pistengeräten, eine Platte für eine schmalere, weniger tiefe Spur zu entwickeln. Und weil Kinder ungern kilometerweit monoton marschieren, führte er die Kinderloipe um bunte Figuren herum.