Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
SOMMERMUSIK
Wenn nicht alles toll läuft auf dieser Welt, haben die „Alten Bekannten“Rezepte gegen die Melancholie. Dän, Ingo, Nils, Björn und Clemens sangen und beatboxten auf der Bühne der Sommermusik. Gute Laune garantiert.
Die „Alten Bekannten“spielten zum Abschluss der Reihe.
RHEYDT Ingo ist aufs Land gezogen. Genauer: in die Eifel. Dafür erntet er von den Großstädtern Dän, Nils, Björn und Clemes die geballte Häme. „Your in the Eifel now“singen sie frei nach dem Ohrwurm von Status Quo. Von der Freiwilligen Feuerwehr singen sie, der Ingo jetzt beitreten muss, um nicht als arroganter Sack rüberzukommen. Und von dem vielen Alkohol, den er mit den neuen Kumpels trinken muss, singen sie. Und so weiter und so fort. Und Ingo? Wehrt sich nicht, schaut nur mäßig bedröppelt. Denn er wird wissen, welche Vorteile das Dorfleben hat. Schließlich ist er es, der ein eigenes Tonstudio hat, wo die Band ihre Lieder aufnehmen kann. Aufm Land ist halt Platz, und Ruhe findet man da auch. Und offensichtlich auch Inspiration, sonst wäre die neue CD von den Alten Bekannten, die den optimistischen Titel „Das Leben ist schön“hat, nicht so toll gelungen. Die Nachfolgeband der Wise Guys beendete die Sommermusik Schloss Rheydt – im ersten Teil in maßgeschneiderten Anzügen, nach der Pause deutlich lockerer im Outfit. Und man hätte sich gewünscht, sie würden niemals aufhören. In der wunderbar illuminierten Kulisse zwischen dem gelbstrahlenden Herrenhaus und der purpurroten Vorburg hätte man noch ewig zuhören können. Denn das ist schon ziemlich spektakulär, was die fünf Sänger da auf der Bühne treiben. Ihre Stimmen – der Wahnsinn, die Choreo – vom Feinsten. Und diese Vielzahl von Instrumenten. Die überhaupt nicht vorhanden sind. Nach denen man aber unweigerlich immer wieder sucht. Denn es ist kaum zu glauben, welche Klänge und Rhythmen diese Sänger mit Mund, Nase und Rachen erzeugen. Jede Menge Percussion geht in die Beine, man meint, diverse Blasinstrumente zu vernehmen, und Dän schafft die Illusion, einen Bass zu zupfen. Herrlich. Das ist Beatboxing in höchster Vollendung. Wenngleich die Fröhlichkeit nach dem Motto „Das Leben ist schön“überwiegt, haben die Jungs auch Balladeskes und Nachdenkliches dabei. Und Politisches. Dän möchte beispielsweise US-Präsident Donald Trump gern zum Rasenschneiden auf den Golfplatz schicken. Hecken soll er auch stutzen und Unkraut jäten. Allerdings nicht in Amerika, sondern in Mexiko. Überhaupt – die Weltpolitik. Die 1980er Jahre hätten so hoffnungsfroh gestimmt, sagt Dän. Vor allem zum Ende hin: Fall der Mauer, Ende des Kommunismus, offene Grenzen. „Man hatte den Eindruck: Jetzt wird alles besser.“Aber das Jetzt erzählt etwas ganz anderes. Nicht so schön! Aber Dän, Nils, Ingo, Björn und Clemes singen dagegen an. Nach dem Motto. Wenn’s richtig schlimm ist, muss man sich immer wieder neu motivieren. Und dann stellt man fest: So schrecklich schlecht ist die Welt nun doch nicht. Und dabei kommt so ein Titel heraus wie „Ich kann nicht klagen“. Und natürlich „Das Leben ist schön“. „Es macht Spaß, auch mal nett zu sein! Verschenk’ mal ’n bisschen Alltagsglück. Meistens kriegst du sogar was zurück.“Genau, sie sind lebensklug, die Sänger dieser formidablen A-Capella-Truppe. Und sie geben den Menschen gern etwas von ihrer Weisheit mit auf den Weg. Wenn sie nicht gerade völlig ausgelassen ein Medley mit Hits aus den 1980er Jahren auf die Bühne legen oder als Partykracher durchstarten. Der Erfinder und Organisator der Sommermusik Schloss Rheydt war wahrscheinlich selten glücklicher als an diesem letzten Abend des Festivals. „Wir hatten noch nie so viel Glück mit dem Wetter“, sagte Günter vom Dorp. „Kein einziger Regentropfen ist gefallen, und die Stimmung war an allen Abenden einfach sensationell.“Und schon feilt er am Programm für die nächsten Sommermusik. Da ist ein Abend schon zu zwei Dritteln ausverkauft: Am 23. August 2020 steht Ian Anderson mit Jethro Tull auf der Bühne der Sommermusik.