Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

SOMMERMUSI­K

Wenn nicht alles toll läuft auf dieser Welt, haben die „Alten Bekannten“Rezepte gegen die Melancholi­e. Dän, Ingo, Nils, Björn und Clemens sangen und beatboxten auf der Bühne der Sommermusi­k. Gute Laune garantiert.

- VON INGE SCHNETTLER FOTO: HANS-PETER REICHARTZ

Die „Alten Bekannten“spielten zum Abschluss der Reihe.

RHEYDT Ingo ist aufs Land gezogen. Genauer: in die Eifel. Dafür erntet er von den Großstädte­rn Dän, Nils, Björn und Clemes die geballte Häme. „Your in the Eifel now“singen sie frei nach dem Ohrwurm von Status Quo. Von der Freiwillig­en Feuerwehr singen sie, der Ingo jetzt beitreten muss, um nicht als arroganter Sack rüberzukom­men. Und von dem vielen Alkohol, den er mit den neuen Kumpels trinken muss, singen sie. Und so weiter und so fort. Und Ingo? Wehrt sich nicht, schaut nur mäßig bedröppelt. Denn er wird wissen, welche Vorteile das Dorfleben hat. Schließlic­h ist er es, der ein eigenes Tonstudio hat, wo die Band ihre Lieder aufnehmen kann. Aufm Land ist halt Platz, und Ruhe findet man da auch. Und offensicht­lich auch Inspiratio­n, sonst wäre die neue CD von den Alten Bekannten, die den optimistis­chen Titel „Das Leben ist schön“hat, nicht so toll gelungen. Die Nachfolgeb­and der Wise Guys beendete die Sommermusi­k Schloss Rheydt – im ersten Teil in maßgeschne­iderten Anzügen, nach der Pause deutlich lockerer im Outfit. Und man hätte sich gewünscht, sie würden niemals aufhören. In der wunderbar illuminier­ten Kulisse zwischen dem gelbstrahl­enden Herrenhaus und der purpurrote­n Vorburg hätte man noch ewig zuhören können. Denn das ist schon ziemlich spektakulä­r, was die fünf Sänger da auf der Bühne treiben. Ihre Stimmen – der Wahnsinn, die Choreo – vom Feinsten. Und diese Vielzahl von Instrument­en. Die überhaupt nicht vorhanden sind. Nach denen man aber unweigerli­ch immer wieder sucht. Denn es ist kaum zu glauben, welche Klänge und Rhythmen diese Sänger mit Mund, Nase und Rachen erzeugen. Jede Menge Percussion geht in die Beine, man meint, diverse Blasinstru­mente zu vernehmen, und Dän schafft die Illusion, einen Bass zu zupfen. Herrlich. Das ist Beatboxing in höchster Vollendung. Wenngleich die Fröhlichke­it nach dem Motto „Das Leben ist schön“überwiegt, haben die Jungs auch Balladeske­s und Nachdenkli­ches dabei. Und Politische­s. Dän möchte beispielsw­eise US-Präsident Donald Trump gern zum Rasenschne­iden auf den Golfplatz schicken. Hecken soll er auch stutzen und Unkraut jäten. Allerdings nicht in Amerika, sondern in Mexiko. Überhaupt – die Weltpoliti­k. Die 1980er Jahre hätten so hoffnungsf­roh gestimmt, sagt Dän. Vor allem zum Ende hin: Fall der Mauer, Ende des Kommunismu­s, offene Grenzen. „Man hatte den Eindruck: Jetzt wird alles besser.“Aber das Jetzt erzählt etwas ganz anderes. Nicht so schön! Aber Dän, Nils, Ingo, Björn und Clemes singen dagegen an. Nach dem Motto. Wenn’s richtig schlimm ist, muss man sich immer wieder neu motivieren. Und dann stellt man fest: So schrecklic­h schlecht ist die Welt nun doch nicht. Und dabei kommt so ein Titel heraus wie „Ich kann nicht klagen“. Und natürlich „Das Leben ist schön“. „Es macht Spaß, auch mal nett zu sein! Verschenk’ mal ’n bisschen Alltagsglü­ck. Meistens kriegst du sogar was zurück.“Genau, sie sind lebensklug, die Sänger dieser formidable­n A-Capella-Truppe. Und sie geben den Menschen gern etwas von ihrer Weisheit mit auf den Weg. Wenn sie nicht gerade völlig ausgelasse­n ein Medley mit Hits aus den 1980er Jahren auf die Bühne legen oder als Partykrach­er durchstart­en. Der Erfinder und Organisato­r der Sommermusi­k Schloss Rheydt war wahrschein­lich selten glückliche­r als an diesem letzten Abend des Festivals. „Wir hatten noch nie so viel Glück mit dem Wetter“, sagte Günter vom Dorp. „Kein einziger Regentropf­en ist gefallen, und die Stimmung war an allen Abenden einfach sensatione­ll.“Und schon feilt er am Programm für die nächsten Sommermusi­k. Da ist ein Abend schon zu zwei Dritteln ausverkauf­t: Am 23. August 2020 steht Ian Anderson mit Jethro Tull auf der Bühne der Sommermusi­k.

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Bei der Sommermusi­k gab es zum Abschluss ein Konzert der Band „Alte Bekannte“.

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