Kommt nach der Top-Quote der Boom?
Frauen-Fußball hat im Kreis Mettmann schon eine lange Tradition. Die Vereine hoffen jetzt auf noch mehr Interesse bei den Mädchen.
KREIS METTMANN Die Begeisterung war groß, als Alexandra Popp und Simone Laudehr im Dezember 2012 die Fußballerinnen des SV HildenNord beim Training besuchten und den Sportlerinnen Technik-Tipps gaben. Fast zehn Jahre ist das inzwischen her – und die jungen Talente von einst sind längst den Kinderschuhen entwachsen. Ein Jahr später gründete sich der FSV Mädchenpower. Sein Ziel: Mädchenund Frauen-Fußball im Kreis Mettmann zu fördern.
Als Popp der Itterstadt einen Besuch abstattete, lief sie noch für den FCR Duisburg auf, wechselte später zum VfL Wolfsburg. Kurz nach der Gründung des FSV in 2013 fragte der Vorstand bei der Bundesliga-Spielerin an, ob sie nicht Botschafterin für den Hildener Mädchenverein werden wolle, um ihn so zu unterstützen. Spontan sagte Popp zu und schickt seither unter anderem immer wieder Videobotschaften, wenn sie mit ihrem Bundesliga-Team oder der deutschen Nationalmannschaft unterwegs ist.
„Ich glaube und hoffe das. So wie damals Steffi Graf einen Tennisboom ausgelöst hat“Holger Reinders Vorsitzender der SpVg. Hilden 05/06
„Der Kontakt besteht immer noch“, bestätigt Uwe Boß. Zugleich erzählt der aktuelle Vorsitzende des FSV Mädchenpower: „In den letzen drei Jahren war es schwierig, den Kontakt lebendig zu halten. Sie ist eine der wenigen Profis in Deutschland und hat viel mit sich und ihren Spielen zu tun.“Und dann kam auch noch Corona dazwischen. Doch Boß betont: „Wir werden versuchen, die Sache wieder mit Leben zu füllen.“
Fünf Jugend- und eine Seniorenmannschaft hat der FSV für die nächste Saison gemeldet und damit die Anzahl der vergangenen Jahre aufrecht erhalten. „Wir sind gut durch Corona gekommen“, betont Boß und berichtet weiter: „Wir sind an der Schwelle, weitere Mannschaften aufzubauen, doch dazu fehlen uns in einzelnen Jahrgängen noch Spielerinnen.“
Ob die guten Leistungen der Frauenmannschaft bei der Europameisterschaft eine Euphorie entfachen können? Dem zurzeit 130 Mitglieder zählenden FSV Mädchenpower käme sie durchaus gelegen. „Die Erfahrung der letzten Turniere hat gezeigt, dass sich durch die starke mediale Präsenz das eine oder andere Mädchen für Fußball interessiert hat und wir dadurch im kleineren Bereich einen guten Zulauf hatten“, erklärt der Vorsitzende. Doch auch schon vor der EM verzeichnete der FSV viele Zugänge, unter anderem von Vereinen, die die Corona-Krise nicht so gut meisterten. Zudem warb der Klub in den Grundschulen.
Neu im Geschäft Mädchen- und Frauenfußball ist die SpVg. Hilden 05/06. In der vergangenen Saison schickten die Süder erstmals eine Frauenmannschaft ins Rennen, die in der Kreisliga viel Lehrgeld zahlte, aber den Spaß am Kicken nicht verlor. Im Gegenteil. „Trotz der desaströsen Erfahrung der ersten Saison zeigen die Spielerinnen Leidenschaft und tatsächlich auch Ehrgeiz – die Trainingsbeteiligung wird immer besser“, erzählt Holger Reinders. Der Vorsitzende der SpVg. 05/06 bekennt: „Ich hatte meine Bedenken, habe sie aber vollkommen abgelegt und bin wirklich zu einem
Fan geworden.“
Unabhängig von der Frauen-EM gibt es im Süder Klub schon seit längerem Überlegungen, ein JugendTeam aufzubauen. „Wir haben für die Damenmannschaft zwei neue Trainer aus dem eigenen Verein. Einer davon ist sehr interessiert, wenn wir Jugendliche zusammenbekommen, sich auch darum zu kümmern“, berichtet Reinders. „Noch sind Ferien, aber danach wollen wir uns an Kindergärten und Schulen wenden, um tatsächlich Werbung für Kindermannschaften zu machen.“
Kann die Frauen-EM, die für TopEinschaltquoten sorgte, das Interesse für Mädchenfußball wecken? „Ich glaube und hoffe das. So wie damals Steffi Graf einen Tennisboom ausgelöst hat, kann ich mir wirklich vorstellen, dass das auch im Fußball funktioniert. Das waren bei der EM richtig spannende und gute Spiele. Die Mädels – auch andere Teams – haben alles reingeworfen. Ich habe schon lange micht mehr so viel Kampf bei Fußballmannschaften gesehen. Die sind jedem verlorenen Ball hinterher gegangen. Dieser Enthusiasmus
und diese Leidenschaft kann eine Entwicklung positiv beeinflussen“, führt Reinders aus. Und dann sagt der Süder Vorsitzende noch: „Ich bin der Überzeugung, dass auch im Verein Frauen dem Fußball gut tun. Atmosphärisch und für die Stimmung aller – es ist lockerer und gelöster.“Die Mannschaft von ME-Sport machte in diesem Sommer gerade erst selbst Werbung für FrauenFußball, denn das Team stieg souverän in die Landesliga auf. Die Jugendarbeit liegt jedoch brach. „Wir hatten früher von den Damen bis zur U 11 alle Altersklassen, aber dann sind die Jugendteams alle zum FC Mettmann 08 abgewandert“, erzählt Andreas Wagenknecht bedauernd. Der Abteilungsleiter von ME-Sport hofft, dass sich die eine oder andere Spielerin im EM-Nachgang dem Verein anschließt. „Im älteren Bereich ist das aber schwierig, weil sich viele dann schon für Volleyball, Basketball oder Handball enschieden haben“, stellt Wagenknecht fest, betont aber zugleich: „Wenn das Interesse da ist, würden wir versuchen, ein zweites Damen-Team zu bilden.“
Der SC Unterbach schickt erstmals in dieser Saison eine Frauenmannschaft an den Start. „wir hatten schon in der Vergangenheit darüber nachgedacht, jetzt aber haben wir mit Jolina Niewiadomski eine Spielertrainerin gefunden, die in Unterbach verwurzelt ist. Wir haben uns ausgetauscht und sie hat total Lust auf dieses Projekt“, erzählt Jörg Spanihel. Der Abteilungsleiter blickt gespannt nach vorne: „Wir sind erstmal froh, dass der SCU in der Branche angekommen ist. Und wir würden uns über weitere Spielerinnen freuen, die Lust haben, die Fußballschuhe zu schnüren. Es wäre wunderbar, wenn die EM solche Auswirkungen hätte. Das Interesse am Frauenfußball wächst auf jeden Fall.“
Schon länger im Geschäft ist der SC Rhenania Hochdahl. „Bereits seit mehr als zehn Jahren“, schätzt Christian Schumacher. Der Sportliche Leiter sagt: „Mit vier Jugendmannschaften und einem Frauen-Team sind wir sehr gut aufgestellt.“Im Jugendbereich sei der Zulauf bei Jungen und Mädchen gleichermaßen gut – auch ohne Europameisterschaft. An mehr Anfragen in der EM-Euphorie glaubt er weniger und stellt fest: „Wir würden nicht nein sagen, aber wir kommen tatsächlich an unsere Kapazitätsgrenzen, müssten dann auch mit der Stadt reden.“
„Wenn das Interesse da ist, würden wir versuchen, ein zweites Damen-Team zu bilden“Andreas Wagenknecht Abteilungsleiter ME-Sport
„Wir würden uns über weitere Spielerinnen freuen, die Lust haben, die Schuhe zu schnüren“Jörg Spanihel Abteilungsleiter SC Unterbach
„Wir würden nicht nein sagen, aber wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen“Christian Schumacher Sportlicher Leiter SC Rhenania Hochdahl