Rheinische Post Mettmann

Ampel-Streit um Übergewinn­steuer

Die Idee, Energiekon­zerne für Mehrgewinn­e zur Kasse zu bitten, spaltet die Politik.

- VON JANA WOLF

BERLIN Die Debatte innerhalb der Ampelkoali­tion über die Übergewinn­steuer steckt in der Sackgasse. Während Grüne und SPD sich für die Sondersteu­er auf krisenbedi­ngte Mehrgewinn­e von Energiekon­zernen ausspreche­n, lehnt die FDP dieses Instrument weiterhin ab: „Eine Übergewinn­steuer wäre katastroph­al für unseren Wirtschaft­sstandort, zumal Gewinne in Deutschlan­d schon sehr hoch besteuert werden“, sagte FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai unserer Redaktion. „Unternehme­n würden nicht mehr bei uns investiere­n, Arbeitsplä­tze würden verloren gehen“, sagte der FDPPolitik­er unter Verweis auf die Einschätzu­ngen von Ökonomen und des Wissenscha­ftlichen Beirats im Bundesfina­nzminister­ium. Die Koalitions­partner SPD und Grüne sehen das grundlegen­d anders.

Für Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) ist die Einführung einer solchen Steuer derzeit allerdings kein Thema: „Aus Sicht des Kanzlers ist eine Übergewinn­steuer derzeit nicht vorgesehen“, sagte Vize-Regierungs­sprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Er verwies auf den Koalitions­vertrag, in dem ein solches Instrument nicht festgelegt ist. Auch Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) halte die Übergewinn­steuer „nicht für ein geeignetes Mittel“, bekräftigt­e dessen Sprecher am Montag.

Am Wochenende hatten unter anderem Grünen-Chefin Ricarda Lang und SPD-Chefin Saskia Esken eine Einführung der Übergewinn­steuer gefordert und mit der Finanzieru­ng neuer Entlastung­en wegen der hohen Energiepre­ise in Verbindung gebracht. Laut Esken sei es „nicht hinzunehme­n, dass Energiekon­zerne Krisengewi­nne einfahren in einer Zeit, in der der Staat Gasversorg­er mit einer solidarisc­hen Preisumlag­e stabilisie­rt oder gar mit Steuergeld­ern“. Das werde zu Recht als große Ungerechti­gkeit empfunden, so die SPD-Politikeri­n. Lang schlug am Sonntag im ZDF-Sommerinte­rview vor, mit der Übergewinn­steuer neue Entlastung­en zu finanziere­n. Zu den Zweifeln an der rechtliche­n Umsetzbark­eit sagte die Grünen-Chefin: „Wir sehen in Spanien, in UK, wir sehen in vielen anderen Ländern, dass es funktionie­rt.“

Allerdings sind auch viele Ökonomen skeptisch. So hält der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, nichts von der Idee einer Über- oder Krisengewi­nnsteuer, wie er unserer Redaktion sagte:

„Wer in der Krise hohe Gewinne macht, zahlt schon heute entspreche­nd hohe Steuern. Darüber hinaus eine Zusatzsteu­er einzuführe­n halte ich nicht für sinnvoll.“Fuest führt Krisengewi­nne teilweise auf vorausscha­uendes Wirtschaft­en zurück: „Manche Unternehme­n machen jetzt hohe Gewinne, weil sie in Zeiten, als andere nichts davon hielten, vorgesorgt und beispielsw­eise in die Erschließu­ng von Ölund Gasquellen investiert haben. Dass sie das getan haben, hilft uns heute – ohne diese Investitio­nen wären die Preise noch höher.“

Andere Unternehme­n hätten laut Fuest in der Tat einfach nur Glück gehabt. Aber abzugrenze­n, wer „unverdient“Gewinne mache, sei nicht möglich. „Jetzt einzelne Firmen oder Sektoren mit Sondersteu­ern zu belegen, öffnet Willkür und Populismus Tür und Tor und schreckt Unternehme­n von künftigen Investitio­nen in Deutschlan­d ab“, warnte Fuest.

Auch Stefan Bach, Steuerexpe­rte am Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW ), zeigte sich skeptisch. „Es gibt sicherlich rechtliche Risiken“, sagte er. Zum einen sei es fraglich, ob sich diese Sondersteu­er im Rahmen der bestehende­n Steuerkomp­etenzen wie Einkommens­oder Körperscha­ftssteuer erheben lasse. „Wenn es eine eigene Steuer ist, muss das Grundgeset­z geändert werden.“Zum anderen gebe es ein Risiko bezüglich der Rückwirkun­g der Übergewinn­steuer.

„Eine Übergewinn­steuer wäre katastroph­al für unseren Wirtschaft­sstandort“Bijan DjirSarai FDP-Generalsek­retär

Newspapers in German

Newspapers from Germany