Ampel-Streit um Übergewinnsteuer
Die Idee, Energiekonzerne für Mehrgewinne zur Kasse zu bitten, spaltet die Politik.
BERLIN Die Debatte innerhalb der Ampelkoalition über die Übergewinnsteuer steckt in der Sackgasse. Während Grüne und SPD sich für die Sondersteuer auf krisenbedingte Mehrgewinne von Energiekonzernen aussprechen, lehnt die FDP dieses Instrument weiterhin ab: „Eine Übergewinnsteuer wäre katastrophal für unseren Wirtschaftsstandort, zumal Gewinne in Deutschland schon sehr hoch besteuert werden“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai unserer Redaktion. „Unternehmen würden nicht mehr bei uns investieren, Arbeitsplätze würden verloren gehen“, sagte der FDPPolitiker unter Verweis auf die Einschätzungen von Ökonomen und des Wissenschaftlichen Beirats im Bundesfinanzministerium. Die Koalitionspartner SPD und Grüne sehen das grundlegend anders.
Für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist die Einführung einer solchen Steuer derzeit allerdings kein Thema: „Aus Sicht des Kanzlers ist eine Übergewinnsteuer derzeit nicht vorgesehen“, sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Er verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem ein solches Instrument nicht festgelegt ist. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) halte die Übergewinnsteuer „nicht für ein geeignetes Mittel“, bekräftigte dessen Sprecher am Montag.
Am Wochenende hatten unter anderem Grünen-Chefin Ricarda Lang und SPD-Chefin Saskia Esken eine Einführung der Übergewinnsteuer gefordert und mit der Finanzierung neuer Entlastungen wegen der hohen Energiepreise in Verbindung gebracht. Laut Esken sei es „nicht hinzunehmen, dass Energiekonzerne Krisengewinne einfahren in einer Zeit, in der der Staat Gasversorger mit einer solidarischen Preisumlage stabilisiert oder gar mit Steuergeldern“. Das werde zu Recht als große Ungerechtigkeit empfunden, so die SPD-Politikerin. Lang schlug am Sonntag im ZDF-Sommerinterview vor, mit der Übergewinnsteuer neue Entlastungen zu finanzieren. Zu den Zweifeln an der rechtlichen Umsetzbarkeit sagte die Grünen-Chefin: „Wir sehen in Spanien, in UK, wir sehen in vielen anderen Ländern, dass es funktioniert.“
Allerdings sind auch viele Ökonomen skeptisch. So hält der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, nichts von der Idee einer Über- oder Krisengewinnsteuer, wie er unserer Redaktion sagte:
„Wer in der Krise hohe Gewinne macht, zahlt schon heute entsprechend hohe Steuern. Darüber hinaus eine Zusatzsteuer einzuführen halte ich nicht für sinnvoll.“Fuest führt Krisengewinne teilweise auf vorausschauendes Wirtschaften zurück: „Manche Unternehmen machen jetzt hohe Gewinne, weil sie in Zeiten, als andere nichts davon hielten, vorgesorgt und beispielsweise in die Erschließung von Ölund Gasquellen investiert haben. Dass sie das getan haben, hilft uns heute – ohne diese Investitionen wären die Preise noch höher.“
Andere Unternehmen hätten laut Fuest in der Tat einfach nur Glück gehabt. Aber abzugrenzen, wer „unverdient“Gewinne mache, sei nicht möglich. „Jetzt einzelne Firmen oder Sektoren mit Sondersteuern zu belegen, öffnet Willkür und Populismus Tür und Tor und schreckt Unternehmen von künftigen Investitionen in Deutschland ab“, warnte Fuest.
Auch Stefan Bach, Steuerexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW ), zeigte sich skeptisch. „Es gibt sicherlich rechtliche Risiken“, sagte er. Zum einen sei es fraglich, ob sich diese Sondersteuer im Rahmen der bestehenden Steuerkompetenzen wie Einkommensoder Körperschaftssteuer erheben lasse. „Wenn es eine eigene Steuer ist, muss das Grundgesetz geändert werden.“Zum anderen gebe es ein Risiko bezüglich der Rückwirkung der Übergewinnsteuer.
„Eine Übergewinnsteuer wäre katastrophal für unseren Wirtschaftsstandort“Bijan DjirSarai FDP-Generalsekretär