Das Schlüsselprojekt für die Region
In neuer Funktion wird Jochen Kral, bisher Technischer Beigeordneter in Ratingen, das Projekt im Blick haben. Die Wiederbelebung der Weststrecke bietet Chancen: Man verspricht sich einen großen Schub für die Region. Start ab 2030 ist offen
RATINGEN Als neuer Beigeordneter für Mobilität wird Jochen Kral im nicht allzu fernen Düsseldorf ein Projekt besonders im Blick haben: die Westbahn. Der Technische Beigeordnete, noch in Diensten der Stadt Ratingen, hat Visionen. Und es ist wohl das Größte für ihn, wenn Skizzen, Pläne und Ideen tatsächlich in Erfüllung gehen. Dem Planungsdezernenten schwebt vor, dass die U 81, die vom Düsseldorfer Flughafen aus auf Ratinger Gebiet geführt werden soll, irgendwann mit der Weststrecke verbunden wird. Den Standort und Knotenpunkt dafür gibt es bereits. „Es handelt sich um den alten Westbahnhof“, betont Kral, der anfügt, dass es mit Blick auf die U 81 Gespräche mit der Stadt Düsseldorf gibt. Und die kann er in neuer Position weiter forcieren. Insgesamt verbindet man mit beiden Infrastrukturprojekten große Hoffnungen. Und entlang der Weststrecke sollen neue Wohngebiete erschlossen werden. Nicht ohne Grund hatte Olaf Tünkers, Vorsitzender des Unternehmensverbandes Ratingen (UVR), betont, dass man aus Einpendlern Einwohner machen will.
Eine tragende Projektsäule ist das sogenannte Regionetzwerk, das nach eigenen Angaben mit sechs Gründungspartnern eine neuartige, starke Kooperation im Herzen Europas bildet. Die Großstädte Duisburg, Düsseldorf und Krefeld, die angrenzenden Städte Meerbusch und Ratingen sowie der Kreis Mettmann
sind in vielfältiger Weise miteinander verbunden. Zehn Leitprojekte wurden politisch beschlossen, eines davon ist die Reaktivierung der Ratinger Weststrecke.
Für Thomas Frühbuss, Ratinger Unternehmer und Vorsitzender der Standortinitiative InWest, steht fest: „Die Zahl der guten Argumente addiert sich.“Für Pendler, sagt der IHK-Verkehrsexperte Thomas Vieten, „wäre das ein Glücksfall und damit auch für die Unternehmen“. Und Jan Heinisch, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen und früherer Heiligenhauser Bürgermeister, unterstreicht: „Es ist ein Infrastrukturprojekt, von dem die Region von Duisburg über den Kreis Mettmann bis Düsseldorf profitiert.“
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) koordiniert den Projekt-Lenkungskreis, der die Planung der
Westbahn kräftig vorantreiben soll. Eigentlich wäre das Aufgabe der Deutschen Bahn (DB) AG, deren regionale Planungskapazitäten sind jedoch vollständig durch den RheinRuhr-Express (RRX) und den Ausbau der Strecke Oberhausen-Arnheim gebunden. Daher wollten die Städte und der VRR die ersten Planungsphasen selbst übernehmen, um keine Zeit zu verlieren.
Der erste Planungsschritt ist bereits vollzogen. Eine im Herbst 2019 vorgelegte Machbarkeitsstudie ergab, dass die Reaktivierung der „Ratinger Weststrecke“, wie das Projekt offiziell heißt, baulich machbar, bezahlbar und volkswirtschaftlich sinnvoll ist.
Eine Machbarkeitsstudie, so aufwendig und fachkundig sie auch ausgeführt sein mag, hat jedoch noch unverbindlichen Charakter. Um das Projekt zu konkretisieren und in den Bedarfsplan des Landes aufnehmen zu lassen, ist eine deutlich vertiefte Planung nötig. Die so genannten Leistungsphasen 1 und 2 gemäß Honorarordnung für Architekten und Ingenieure übernimmt in solchen Fällen in der Regel bereits die Deutsche Bahn AG. Doch von dort ist zurzeit nichts zu erwarten. Denn die Bahn hat weder Kapazitäten noch Grund zur Eile.
Dies liegt daran, dass der Ausbau der aktuell rege für den Güterverkehr genutzten Westbahn-Strecke in Duisburg, Ratingen und Düsseldorf faktisch nicht vor 2030 möglich ist. Mindestens bis dahin wird die Bahn die Weststrecke als Umleitung benötigen, wenn für den Vollbetrieb des RRX die Hauptstrecke zwischen Düsseldorf und Duisburg über Flughafen um bis zu zwei Gleise erweitert wird. Immerhin bringt dieses Provisorium auch einen kleinen Vorteil für die Westbahn: Damit die RRX-Umleitung ausreichend funktioniert, muss der eine oder andere Engpass beseitigt werden, die Strecke würde man punktuell ausbauen.
Die beteiligten Städte befürchten jedoch, dass nicht nur der Bau der Westbahn erst nach Fertigstellung des RRX beginnt, sondern auch die Planung, wenn man sie ganz der DB überlässt. Daher wollte man aus Ratinger Sicht die Zeit nutzen und alle Planungsschritte, die irgend möglich sind, vorab in Eigenregie gemeinsam mit den Partnern und natürlich in enger Abstimmung mit der Bahn vornehmen.
Um den Personenverkehr auf der Ratinger Weststrecke wieder in Betrieb zu nehmen, muss auf der gesamten
Initiative Jochen Kral, der Technische Beigeordnete, hat sich für die Wiederbelebung der Weststrecke stark gemacht. Man sei auf einem guten Weg, meint er. Ob ab 2030 eine ein konkreter Start möglich ist, bleibt offen.
Strecke zwischen Duisburg-Wedau und Düsseldorf-Rath ein drittes Gleis gelegt werden. Außerdem müssen Bahnhöfe am Sportpark Duisburg, in Duisburg-Wedau, Lintorf, Tiefenbroich und Ratingen West errichtet werden. In bestimmten Bereichen, zum Beispiel im Bereich Lintorf, sind sogar zwei neue Gleise erforderlich, damit sich die Züge dort begegnen können. Der Nutzen der neuen S-Bahn für Ratingen liegt auf der Hand, könnten doch auf einen Schlag Lintorf, Tiefenbroich, Ratingen-West und Teile der Innenstadt direkt an den Schienennahverkehr angeschlossen werden. In Duisburg sieht es ähnlich aus: Neben den bereits bestehenden Wohngebieten an der Bahn entsteht mit dem Projekt „Sechs-Seen-Wedau“gerade ein ganz neues Stadtviertel. Viele der künftigen „Sechs-Seen“-Anwohner werden in Düsseldorf arbeiten, denn in der Pendler-Hauptstadt NRWs wird der Wohnraum seit Jahren knapp.