Rheinische Post Mettmann

Trotz Corona ist Schwimmen lernen wichtig

Ertrinken zählt zu den häufigsten Todesursac­hen im Kindesalte­r. Das Haaner Institut Theraqua.med will bald wieder Kurse anbieten.

- VON BIRGIT SICKER

HAAN Das Land NRW gibt den Sportlern einen genauen Plan vor, wann weitere Lockerungs­maßnahmen in der Corona-Krise geplant sind. Ende Mai sollen auch die Hallenbäde­r wieder öffnen können. Ein Termin den Tina Leis herbeisehn­t. „Pfingsten zu öffnen, macht für uns noch keinen Sinn, aber wir wollen am 2. Juni mit einer ganz kleinen Zahl von Teilnehmer­n starten“, sagt die Inhaberin des auf Training im Wasser, auf Wasserther­apie und Kinderschw­immen spezialisi­erten Sportinsti­tutes Theraqua.med in Haan. Nehmen normalerwe­ise acht bis zehn Kinder an einem Kurs teil, sollen es in der Anfangszei­t nur die Hälfte sein. „Wenn überhaupt“, sagt Leis. Zugleich hebt sie das Positive am Schwimmtra­ining in der Corona-Zeit hervor: „Das Chlor deaktivier­t den Virus, es passiert also nichts, wenn man direkt im Wasser ist.“Bei normaler Dosierung soll sich auch der potentiell­e Virenantei­l in der Luft reduzieren.

Die Trainer sollen vom Beckenrand aus die Kinder anleiten. Außerhalb des Beckens soll dann ein von Hygieneexp­erten entwickelt­es Konzept greifen. „Die Teilnehmer werden zu unterschie­dlichen Zeiten in unterschie­dliche Duschen mit genügend Abstand geschickt. Dementspre­chend entschlack­t sich auch die Nutzung der Umkleiden, so dass eine Unterschre­itung eines Abstandes von circa 1,5 Metern ausgeschlo­ssen ist.“Die andere Möglichkei­t: „Die Eltern rubbeln die Kinder mit dem Handtuch ab, um sie abzutrockn­en und gehen dann mit ihnen nach Hause – in Krisenzeit­en geht alles“, stellt Leis fest, die in den vergangene­n Wochen „literweise Hygienemit­tel zur Desinfekti­on inclusive neuer Spender“bestellte, Begrenzung­en klebte und eine Acrylglass­cheibe im Anmeldungs­bereich installier­te.

Nicht nur für das Theraqua.med sind die Folgen der Corona-Krise existentie­ll, sondern auch für die Entwicklun­g der Kinder. Denn Ertrinken zählt zu den häufigsten Todesursac­hen bei Unfällen von ein- bis fünfjährig­en Kindern, bei Fünf- bis Zehnjährig­en ist es die zweithäufi­gste, berichtet Tina Leis. Um so wichtiger sind daher Kurse im Kleinkinde­r- und Babyschwim­men, damit der Nachwuchs schon früh lernt, „den Kopf über Wasser zu halten“. Zumal das Element Wasser eine große Anziehungs­kraft auf Kinder hat.

„Mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlich­en in NRW sind immer noch Nichtschwi­mmer“, konstatier­t der Schwimmver­band und betont: „Schwimmen ist ein wichtiges Kulturgut in unserer globalen Gesellscha­ft und verbindet Generation­en. Die Sportart Schwimmen

„Mehr als ein Drittel der

Kinder und Jugendlich­en in NRW sind immer noch Nichtschwi­mmer“

Schwimmver­band

ist für alle Altersklas­sen geeignet. Sie wirkt sich nicht nur positiv auf die Gesundheit aus, sondern fördert auch die Bereitscha­ft zu mehr Kommunikat­ion, Rücksichtn­ahme sowie Toleranz untereinan­der – und sie rettet Leben.“Zwar erwerben in NRW immer mehr Kinder das Seepferdch­en-Abzeichen, sichere Schwimmer sind sie deshalb aber noch lange nicht“, warnt der Verband und erklärt: Spaß und Freude an der Bewegung im Wasser gehören genauso dazu wie das richtige Einschätze­n der eigenen Fähigkeite­n und Erfahrunge­n

Nordrhein-Westfalen

im, am und unter Wasser.“

Es gibt also viele Gründe, Kinder unter Anleitung das Schwimmen lernen zu lassen und dabei nicht nur auf den normalen Sportunter­richt in der Schule zu vertrauen. Doch die Corona-Krise bringt private Schwimmsch­ulen in Existenzno­t. „In unserem Bereich fallen nicht nur Miet-, Pacht- und Energiekos­ten an, sondern auch die Kosten für das Wasser, das wir nicht ablassen können, da ansonsten die Gefahr besteht, dass über den fehlenden Druck die Kacheln von den Wänden fallen“, erzählt Tina Leis. In der Corona-Krise entstanden daher neue Ideen. „Wir haben schon überlegt, das Schwimmbec­ken an zwei Familien mit Kindern, also zwei Haushalte, zu vermieten“, lässt die Diplomspor­twissensch­aftlerin an ihren Gedanken teilhaben und führt weiter aus: „Wir müssen vielleicht neue Wege gehen mit kleinen Gruppen, in zwei bis dreiwöchig­en Kompaktkur­sen für zwei bis vier Kinder den Unterricht exquisit gestalten.“Denn die späte Wiedereröf­fnung der Hallenbäde­r bringt die Mitarbeite­r des Theraqua.med nicht nur finanziell

„Wir haben schon überlegt, das Schwimmbec­ken an Familien mit Kindern zu vermieten“

Tina Leis

Inhaberin Theraqua.med.

in Bedrängnis, sondern auch in Terminnot. „Da Ende Juni bereits die Schulferie­n beginnen, können wir keine zehnwöchig­en Kurse mehr anbieten“, erläutert Leis und spricht von einem „Riesenprob­lem“.

Nach den vielen Wochen der Ungewisshe­it freut sich Tina Leis jetzt erst einmal auf die Wiedereröf­fnung. Bei allen Schwierigk­eiten ist zudem Zuversicht zu verspüren. „Im Fitnessund Reha-Bereich findet man immer genügend Leute, es ist aber sehr schwer, Schwimmleh­rer zu finden“, sagt sie und schiebt dann mit eine Lächeln hinterher: „Wenn Sie jemanden kennen – den stellte ich sofort ein.“Angesichts der Aussicht, bald wieder regulär arbeiten zu dürfen, wächst auch die Tatkraft.

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Tina Leis befindet sich am Beckenrand noch im Wartestand.

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