Von Bauhaus zu Bauhaus
Vor 100 Jahren wurde das Bauhaus gegründet. Im Jubiläumsjahr zeigen zahlreiche Einrichtungen in ganz Deutschland, was von der Gestalterbewegung übrig geblieben ist – zum Beispiel Türgriffe. Aber auch Bauwerke sind zu besichtigen.
WEIMAR (dpa) Türklinken, Pfefferund Salzstreuer auf Abertausenden Tischen und einfache Siedlungsbauten mit bezahlbaren Wohnungen: Das ist Bauhaus. Aber auch schicke, schlichte Einzelvillen oder noch heute begehrte Designerlampen und -möbel. Das Bauhaus wollte nach dem Ersten Weltkrieg neue Lebensverhältnisse für alle gestalten und bei der Lösung der sozialen Frage helfen.Was aus diesem Aufbruch in die Neue Sachlichkeit geworden ist, zeigen viele Gebäude und Veranstaltungen in Deutschland unter dem Motto Bauhaus100.
Weimar Exakt 100 Jahre nach der Gründung des Bauhauses inWeimar öffnet am 6. April der neue dreistöckige Kubus Bauhaus MuseumWeimar. Mit der Ausstellung „Das Bauhaus kommt ausWeimar“macht die Stadt Goethes und Schillers klar, wo die Bewegung der Neuen Sachlichkeit ihren Ursprung hatte.
1919 holte Henry van deVelde, Leiter der Kunstgewerbeschule, Walter Gropius. Deshalb widmet sich eine Ausstellung im Neuen Museum der zeitgenössischen Moderne, die zum Bauhaus hinleitete. Geführte Bauhaus-Spaziergänge zeigen etwa das geometrisch gestaltete Direktorenzimmer von Gropius.Wie die Architekten und Inneneinrichter sich das Wohnen vorstellten, ist ab Mai im ersten Musterhaus von 1923, dem „Haus Am Horn“, zu sehen.
Dessau Nachdem in Weimar die politische Rechte das Sagen hatte, entzog sie der fortschrittlichen Kunstschule die Gelder. Gropius verhandelte mit Frankfurt, entschied sich aber 1925 für Dessau als neuen Standort. Was dort vom Bauhaus zusammengetragen wurde, zeigt die Schau „Versuchsstätte Bauhaus“, mit der am 8. September das Bauhaus-Museum Dessau eröffnet wird. Im Studentenwohnhaus der ehemaligen Hochschule kann man das Bauhaus heute als Hotelgast originalgetreu erleben, mit Duschen auf dem Gang, was damals fortschrittlich war. Während im Museum die Kunstrichtung in ihrer ganzen Vielfalt zu sehen ist, können Besucher sich im Stadtteil Roßlau in den sogenannten Meisterhäusern umsehen. Eine Architekturführung in der Reihenhaussiedlung Dessau-Törten vermittelt, was das Bauhaus vor 100 Jahren für bezahlbar und modern hielt.
Berlin Die international einflussreiche Hochschule bestand nur 14 Jahre, Berlin war ihre letzte Station. Die NS-Regierung schloss die Schule 1933, viele Lehrer gingen ins Ausland oder in die innere Emigration. Die größte Bauhaussammlung der Welt blieb aber in der Stadt. Daraus werden unter dem Titel „Original Bauhaus“ab September in der Berlinischen Galerie 14 Objekte gezeigt.
Die Stadt beginnt das Bauhaus-Jubiläumsjahr schon am 16. Januar mit einem neuntägigen Festival in der Akademie der Künste. Es zeigt, wie Tänzer, Schauspieler und andere Künstler sich heute mit den Bauhausideen auseinandersetzen. Eigens geschulte Gästeführer bringen Besuchern unter anderem die Bau-
haus-Pädagogik nahe.
Frankfurt am Main Während das Bauhaus in Dessau noch experimentierte, zog Frankfurt unter Stadtrat Ernst May ab 1925 innerhalb von fünf Jahren 15.000 Wohnungen in 15 Siedlungen im Stil der Neuen Sachlichkeit hoch. Darunter die erste voll elektrifizierte Siedlung, die Römerstadt für die Mittelschicht mit der Frankfurter Küche, die als Ursprung aller Einbauküchen gilt. Das Deutsche Architekturmuseum am Museumsufer macht vom 23. März an mit den damals innovativen Konstruktionsprinzipien ver- traut. Der Katalog dient gleichzeitig als Stadtführer zu den Bauten der Neuen Sachlichkeit in der Stadt.
Ein paar Häuser weiter zeigt das Museum für Angewandte Kunst Bauhaus-Ikonen wie die Türgriffe von Ferdinand Kramer, die ZeissIkon-Leuchten von Adolf Meyer und die Kaiser-Idell-Leuchten von Christian Dell. Ein komplett rekonstruiertes Haus kann man bei Führungen durch die Römerstadt besuchen.
Stuttgart Ludwig Mies van der Rohe empfahl sich 1927 mit der Leitung der international renommierten Werkbundausstellung Weißenhofsiedlung in Stuttgart als dritter Bauhaus-Direktor nach Gropius und Hannes Meyer. 17 Architekten bestückten damals den Killesberg mit schnörkellosen Flachdachhäusern, einige Bauten wurden im Krieg zerstört und später ersetzt. In der Siedlung zeigt das Doppelhaus von Le Corbusier in der einen Hälfte die Geschichte der Siedlung und in der anderen die Wohnverhältnisse in der ursprünglichen Farbigkeit und Möblierung.Wie Künstler heute über das Bauhaus denken, ist ab Juni in der Ausstellung„Weissenhof City“der Staatsgalerie zu sehen.