Erste Hilfe: Viele haben Berührungsängste
Mitarbeiter des Evangelischen Krankenhauses haben in der Königshof-Galerie demonstriert, wie man Leben retten kann. Groß war der Zuspruch nicht.
METTMANN Der Mann, der regungslos auf dem Boden im Untergeschoss der Königshof-Galerie liegt, könnte 20 oder 40 Jahre alt sein. Der Mann ist aus Hartgummi, er ist ein sogenannter Dummy.„Anhand dieser Puppe können Passanten hier mal prüfen, wie gut sie auf darauf vorbereitet sind, wenn da plötzlich jemand liegt und Hilfe braucht“, erklärt Stefan Smeets, Leiter der Notaufnahme im Evangelischen Krankenhaus Mettmann (EVK). An einem kleinen Stehtisch haben er und seine beiden Kollegen Broschüren ausgelegt. „Wann haben Sie das letzte Mal einen Erste-Hilfe-Kursus absolviert?“, fragt Krankenpfleger Tobias Dorn freundlich von einem älteren Herrn.
„Och Gottchen“, antwortet der, „das muss so um die fuffizig Jahre her sein.“Tobias Dorn lenkt den Blick des Mannes auf die Dummypuppe. „Dann kommen sie doch mal her und schauen Sie, ob IhrWissen für den Notfall noch ausreicht.“Aber der Senior winkt ab und geht weiter. „Viele reagieren so, wir sind ein wenig enttäuscht“, seufzt Oliver Schliegsel, stellvertretender Leiter der Intensivstation. Sehr viele meinen, dass sie damit nichts zu tun haben.“Berührungsängste dagegen hat der sechsjährige Yannick gar nicht. Zielstrebig steuert er den Dummy an, kniet sich daneben. Oliver Schliegsel. zeigt sofort, wie eine richtige Reanimation funktioniert. „Du legst eine Hand auf den Brustkorb und die zweite drauf und drückst feste zu.“
Yannick beginnt sofort mit der Herzmassage. „Ihr Kinder müsst das eigentlich noch gar nicht können, aber Ihr solltet, wenn ihr einen hilflosen Menschen seht, Erwachsene ansprechen und sie bitten, zu helfen und den Notarzt zu rufen.“Erste Hilfe müsste bereits im Grundschulalter auf dem Lehrplan stehen. „In Skandinavien ist das ein Pflicht- fach und das ist richtig, denn Erste Hilfe muss verinnerlicht werden, da reicht es nicht, alle paar Jahrzehnte einen Kursus zu besuchen.“
Eine ältere Dame kommt näherund fragt:„Früher empfahl man die Mund-zu-Mund-Beatmung, das ist aber heute überholt, oder?“Stefan Smeets nickt. „Die richtige Reanimation läuft so: Als erstes überprüfen Sie, ob die Person ansprechbar ist, falls nicht, ob sie atmet, ob sich der Brustkorb hebt und senkt. Das kann man besser erkennen, wenn man den Kopf desjenigen vorsichtig nach hinten durchstreckt. Sollte er nicht atmen, legen sie beiden Hände aufeinander genau in die Mitte auf Höhe der Brustwarzen und pumpen kräftig und zügig, möglichst rhythmisch.“
Die Frau hört interessiert zu.„Aber kann ich ihm nicht wehtun oder etwas brechen?“Die Frage kennt der erfahrene Pfleger. „Theoretisch ja, aber all das ist nicht schlimm im Vergleich dazu, dass er ansonsten vermutlich verstirbt. Das Allerwichtigste ist, zu handeln und nicht wegzuschauen.“