Der Drängler aus Franken
Schon als Kind blickte er Franz Josef Strauß in die Augen: täglich beim Aufwachen, da der Bayernherrscher als überlebensgroßes Poster über seinem Bett hing. Markus Söder erzählt es unbefangen, weil er ganz zu Recht nicht den geringsten Grund sieht, sein frühzeitiges politisches Interesse zu verbergen. Partizipieren wollte er auch und konsequent: seit dem sechzehnten Lebensjahr CSU-Mitglied, dann Vorsitzender der Jungen Union, mit 40 Minister, kurz für Bundes- und Europaangelegenheiten, dann für Umwelt zur Zeit der Fukushima-Krise, für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat in Zeiten des Booms.
Für Europa hat er sich nicht wirklich interessiert. Fukushima wendete nicht nur die Energiepolitik, sondern auch ihn, wohl weniger aus Überzeugung als aus Sensibilität für Stimmungen im Land. Im Boom wuchs dem Finanzminister die Chance zu, Wohltaten über das Land zu streuen. Einerseits entstanden daraus Loyalitäten, förderlich für weitere Karriereschritte. Anderseits stellte sich die Herausforderung nicht, ein Zukunftskonzept zu entwickeln, dessen Notwendigkeit jedoch der brillante Situationspolitiker im Amt des Ministerpräsidenten, Horst Seehofer, ohnehin kaum eingesehen hätte.
Das Vorbild Strauß hätte wahrscheinlich anders agiert – aber auch unter anderen Umständen. Mit Klugheit und Dynamik nach oben zu kommen, ist in Gründerzeiten einfacher, als wenn die Claims schon abgesteckt sind. Gleichwohl ging Strauß Konrad Adenauer damals ebenso auf den Keks wie Söder jetzt