Rheinische Post Mettmann

Das ist Kunst und kann nicht weg

- VON VALESKA VON DOLEGA

Was andere wegwerfen, ist für Dagmar Kern wichtigste­r Rohstoff ihrer Bilder. Wie diese Ideen ausschauen, zeigt die erste Ausstellun­g. Im Rathaus wurde sie jetzt eröffnet.

WÜLFRATH Was zerrissen, verschliss­en, zerschnitt­en oder zusammenge­knüllt und eigentlich bereits für den Abfall bestimmt ist, ist das von Dagmar Kern bevorzugte Material. „Nichts entgeht ihrem Blick, nichts darf weggeworfe­n werden“, sagt dazu Sunci Matijanic. Sie muss es wissen, sie leitet zusammen mit Manuel Rohde das „Offene Atelier“, in dem die Künstlerin seit drei Jahren Dauergast ist. In ihrer ersten eigenen Ausstellun­g namens „Zu-fall“im Rathaus-Foyer zeigt sie jetzt ihre Kunst.

„Da ist dieses Gefühl in mir, Kunst machen zu müssen“, sagt die bald 63-Jährige. Intuition und Zufall sind dann die bestimmend­en Momente im Zusammensp­iel mit der „Bereitscha­ft, sich auf ein Abenteuer einzulasse­n“, die sie dann zu Schnüren, Schnipseln oder anderen Accessoire­s greifen lassen. „Über mehrere Ateliertis­che wird großformat­iges Papier verteilt“, beschreibt Sunci Matijanic die Vorgehensw­eise, die zunächst „chaotisch“ist. Mit „feinem Gespür“würden so die „abstrakten, bunten und expressive­n Arbeiten“entstehen, die ebenso „lebensfroh und humorvoll“sind wie Dagmar Kern selbst.

Im Eingangsbe­reich des Rathauses stehen, liegen und hängen nun diese gemalten Experiment­e mit Titeln wie „Rein Fall“, „Ein Fall“, „Auf alle Fälle“oder „Feder Fall“. Letzte- rem Bild liegt offensicht­lich der Fund einer Vogelfeder zugrunde. Mit ihr als Vorlage wurde eine formals kanarienge­lbe Fläche zum wild gemusterte­n Terrain. „Ich bin ein unkonventi­oneller Mensch der Tat“, sagt Dagmar Kern über sich selbst.

Aber nicht nur Arbeiten auf Papier zeigt die 1954 in Wuppertal geborene Autodidakt­ion, die 30 Jahre künstleris­che Arbeit als Werkleiter­in der Buchbindew­erkstatt im Troxlerhau­s leistete. Eine eigentlich viel zu voluminöse Dickmadame, federleich­t springend und fröhlich hüpfend, hat sie als kunterbunt­e Plastik geschaffen. Und frei nach Goethe ist des Lebens goldener Baum bei nicht bloß einfarbig schimmernd, sondern leuchtet mit vielen kleinforma­tigen Bildern vielschill­ernd. „Kreativ sein ist für mich eine lustvolle Angelegenh­eit, ein pures Vergnügen.“

Viel Applaus gab es zur Vernissage vor vollem Haus aber nicht allein für die etwa 30 ausgestell­ten künstleris­chen Einlassung­en. Lutz Griebel zeichnete für die musikalisc­he Gestaltung verantwort­lich. Er trug Lieder vor, die „wie ein Blick durchs Fenster, also Stilleben“sind. Und weil er als Kind Mitte der 1970er Jahre einen Teil seiner Jugend in Brasilien verbrachte, also mit der Sprache vertraut ist, tat er das teilweise auf Portugiesi­sch.

Zusammen mit Manuel Rohde interpreti­erte der Gitarrist und Sänger außerdem das von Dagmar Kern ersonnene Gedicht „Für und auf alle Fälle“, in dem sie in den ihr eigenen Worten Wege ihrer Kunstarbei­t beschreibt: „Der Zu Fall / bringt den Ein Fall. / mit Ab Fall / den Weg Fall zu vermeiden. / Bei Ge Fall en wäre Bei Fall schön.“

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