Kunden suchen den persönlichen Kontakt
Wie andere Wirtschaftsbereiche wirkt sich die Digitalisierung auch auf Privatbanken aus. Doch den persönlichen Kontakt zu den Anlegern können Roboter und Programme nicht ersetzen.
Digitalisierung – die große Herausforderung für die Finanzbranche: Werden Roboter den Berater ersetzen? Suchen die Anleger künftig nicht nur Informationen im Netz, sondern gleich dazu auch die Anlagestrategien? Auch die Privatbanken müssen sich mit den neuen Trends auseinandersetzen. Darüber sind sich die Diskussionsteilnehmer beim 9. RP-Finanzforum Privatbanken einig. Doch bereits bei der Definition, um was es geht, zeigt sich Klärungsbedarf.
„Wichtig ist für uns, dass wir nicht einfach digitalisieren um der Sache willen. Wir müssen unseren Kunden einen Mehrwert bieten“, definiert Oliver Plaack (HSBC) die Aufgabenstellung. Banken weisen auf dem Gebiet viel Seriosität und Kompetenz auf, „das kommt aber draußen nicht an“, wirft der Vermögensforscher Prof. Dr. Thomas Druyen ein. Die Finanzbranche habe hier ein Wahrnehmungsproblem.
Digitalisierung fängt bereits bei der Geldanlage an, manche Häuser haben sie längst in ihre Strategie einbezogen. „Wir arbeiten mit einem quantitativen Management“, beschreibt Friedrich W. Rogge (Sal. Oppenheim) die Grundlagen: Zur Modellierung der Porfolios, dem Risikomanagement und weiteren Prozessen wenden die Experten computergesteuerte Programme an. „So werden Emotionen ausgeschaltet“; letztlich entscheide aber nach wie vor der Mensch. „Quantitative Indikatoren sind wichtig bei der Auswertung und Auswahl von Aktien“, fügt Daniel Wendig (M.M.Warburg & Co) hinzu. „Das hilft, dem Kunden ein transparentes Bild der Entwicklung zu geben.“Allerdings bewahren selbst die ausgefeiltesten Programme nicht vor Unvorhergesehenem, so Wendig. „Die menschliche Komponente bleibt im Entscheidungsprozess scheidend.“
„Eine gute Modellierung mit quantitativen Faktoren ist hilfreich bei der Anlageentscheidung“, bestätigt Dr. Kirsten Teegen (National-Bank). Die Digitalisierung verbessere die Entscheidungen signifikant. „Die Digitalisierung der Informationsbereitstellung hinge-
ent- gen gewinnt als Ergänzung zum klassischen Gespräch an Bedeutung.“
Druyen greift Wendigs Hinweis auf Unberechenbares auf: „Digitalisierung schafft nicht automatisch Vorhersehbarkeit.“Viele Entwicklungen verlaufen exponentiell, das heißt, sie beschleunigen sich in einem für Menschen überra- schenden Tempo. Darauf müssten sich auch die Banken einstellen.
Das greift auch Hanspeter Sauter (Julius Bär) auf: Die Berater aus dem Private Banking müssten angesichts der Tatsache, dass sich eben vieles schnell ändert und unerwartete Entwicklungen auftreten können, ihre „VeränderungsKompetenz“unter Beweis stellen: „Wir müssen in solchen Situationen früh erkennen, wohin die Reise geht, und schnell reagieren.“Damit bleibe aber auch das Vertrauensverhältnis zum Kunden auch zukünftig die Basis.
Digitalisierung – das heißt aber auch: Im Internet entstehen neue Modelle und Plattformen, die insbesondere junge Menschen ansprechen. Privatanleger stellen ihre Anlagestrategien ins Netz, OnlineBanken bieten Dienstleistungen aller Art. Selbst bankfremde Unternehmen wie Google schauen auf den Finanzmarkt. „Fintech“nennt sich der neue Trend bei den Finanzdienstleistungen. Eine Herausforderung auch für Privatbanken?
„Zum einen stellen wir selbst gerade sämtliche Angebote für Privatkunden auf einer Plattform zusammen“, sagt Volker Siedhoff (DZ Privatbank). Die Bank schaut sich aber auch die Fintech-Angebote an, 70 Produkte habe man als interessant herauskristallisiert – auch in dem Sinne, dass sie finanziert werden müssen und deswegen für Privatanleger eine Perspektive sein könnten.
„Unsere Alltagswelt ist dabei, sich tiefgreifend zu wandeln“, meint Ulrich Endemann (Deutsche Bank). „Die Digitalisierung des Bankgeschäftes und anderer Industrien birgt viele teils noch ungeahnte Möglichkeiten und Entwicklungschancen. Die für uns entscheidenden Kriterien sind Sicherheit, Relevanz, Komfort und Kundenzufriedenheit. Es geht um die intelligente Verzahnung von Online und Offline im täglichen Leben der Kunden.“
Tilo Croonenberg (Berenberg) unterscheidet in der Diskussion zwischen verschiedenen Kundensegmenten. Im Retail-Geschäft mit eher standardisierten Leistungen fän- den sich sicherlich gute Chancen in der Fintech-Welt. „Aber der vermögende Privatkunde sucht uns als Wissensmanager und erwartet maßgeschneiderte Dienstleistungen. Hier ist das persönliche Gespräch nicht zu ersetzen.“Christoph Neu (Merck Finck) bestätigt diese Sichtweise. Das RetailGeschäft sei nicht der Konkurrenzmarkt für Privatbanken. „In der höherwertigen Anlageberatung bleibt hingegen das persönliche Gespräch wichtig.“Allerdings lassen – so Neu – Privatbanken viele Möglichkeiten zur Kontaktpflege über soziale Netzwerke wie Facebook ungenutzt.
Facebook sei für Privatbanken aber keine geeignete Plattform, wirft Jens Ennenbach (Bethmann Bank) ein, wohl aber Portale, die einen direk- ten sachlichen Austausch mit Kunden erlaubten, etwa Xing. Wichtig sei dabei, relevante Inhalte zu liefern und sie regelmäßig zu pflegen. Den Fintech-Markt sieht Ennenbach ebenfalls nicht als Bedrohung: Technik allein könne echtes Private Banking nicht ersetzen.
„Die Finanzkommunikation in den sozialen Medien steckt noch in den Kinderschuhen“, meint Andreas Bergmann (Commerzbank). Die Bank nutze sie aber, um Erfahrungen zu sammeln. Vor allem aber das Multikanalbanking eröffne Banken und Kunden viele Möglichkeiten. „Die Kommunikation wird vielfälti- ger und schneller, so gewinnen wir Zeit für die Kunden.“
„Digitale Instrumente dienen zur Ergänzung unserer Arbeit“, sagt Daniel Sauerzapf (UBS). „Sie helfen, Szenarien zu besprechen, Thesen zu erörtern, um gute Entscheidungen zu treffen. Für neue Generationen gehört dies dazu, ist es ein weiterer Baustein in einer insgesamt digitalen Welt. Aber letztlich bleibt das persönliche Gespräch wichtig.“
„Wir müssen die Entwicklungen vom Kundennutzen aus betrachten“, ist auch Michael C. Maletzky (Bankhaus Lampe) überzeugt. „Es muss unser Ziel bleiben, ein guter Berater zu sein, der den Kunden versteht.“Dafür sei Fintech keine Konkurrenz. Dem stimmen Tobias Graf von Bernstorff (Bankhaus Metzler) und Hans Staudinger (Walser Privatbank) zu – wie auch die Mehrheit der Forumsteilnehmer. „Die persönliche Beratung ist unsere große Chance“, betont Graf von Bernstorff. Allerdings müssten Berater heute angesichts der Informationsflut über frühere Zeiten hinaus heute für ihre Kunden erreichbar sein.
„Die Zukunft liegt für die Walser Privatbank in der intelligenten Kombination von Digitalisierung und persönlicher Beratung mit emotionaler Bindung zur Beraterpersönlichkeit“, sagt Staudinger. „Der Berater wird zum Coach in einem digital optimal unterstützten Kundenprozess.“Zeit sei heute eine „seltene Ressource“. Wenn Berater diese für ihre Kunden aufbringen, werde das honoriert. „Vertrauen und Redlichkeit werden immer einen hohen Stellenwert behalten.“
„Die Finanzkommunikation in den sozialen Medien steckt noch in den Kinderschuhen“