Leverkusens Wirtschaft verliert an Boden
Die Wirtschaftsleistung der Stadt dreht ins Minus. Das zeigen die jetzt veröffentlichen Zahlen für 2022.
Im Jahr 2022 ist die Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) in fast allen nordrhein-westfälischen Kreisen und kreisfreien Städten gestiegen. Nicht so in Leverkusen: Dort wurde ein Rückgang von 2,8 Prozent ermittelt. „Hier trug das verarbeitende Gewerbe zum negativen Ergebnis bei“, schreibt das Statistische Landesamt NRW anlässlich der Bekanntgabe seiner Zahlen.
Auch bei den Pro-Kopf-Zahlen sieht Leverkusen vergleichsweise schlecht aus. Mit 101.533 Euro pro erwebstätigem Einwohner befindet sich die Stadt zwar weiter im oberen Bereich der NRW-Städte und Gemeinden, verbucht jedoch 4,3 Prozent Minus im Vergleich zum Vorjahr, während andere Städte zulegten.
Absolut betrachtet erwirtschaftete NRW eine Wirtschaftsleitung von insgesamt rund 794 Milliarden Euro (+6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Wie das Statistische Landesamt weiter mitteilt, erreichten Duisburg (+12,7 Prozent), Bochum (+12,1 Prozent) und Gelsenkirchen (+11,7 Prozent) die höchsten Zuwachsraten imVergleich zumVorjahr.„MaßgeblicheWachstumsimpulse kamen aus dem verarbeitenden Gewerbe“, heißt es in der Berichtsmeldung. Insgesamt verzeichnete das Ruhrgebiet einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um +7,4 Prozent und liegt damit knapp über dem Bundeswert (+7,2 Prozent). Die niedrigsten Zuwachsraten in NRW wurden in Solingen (+1,3 Prozent) und in Krefeld (+0,1 Prozent) verzeichnet.
Die Stadt Bonn erreichte mit 104.469 Euro je erwerbstätige Person den höchsten Wert aller Kreise und kreisfreien Städte des Landes (+5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Auf den weiteren Plätzen folgten Düsseldorf mit 103.369 Euro (+4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und eben Leverkusen mit 101.533 Euro (-4,3 Prozent). Die niedrigsten Werte ergaben sich für
Hamm (69.405 Euro), Oberhausen (67.629 Euro) und Bottrop (66.707 Euro). Für NRW errechnete das Statistische Landesamt einen durchschnittlichen Wert von 81.605 Euro je erwerbstätige Person (+4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).
Wie ist der Abstieg Leverkusens auf hohem Niveau zu erklären? „Die zugrunde liegende Statistik vergleicht die Jahre 2022 und 2021“, sagt Christian Zöller, Prokurist bei der städtischen Wirtschafsförderung WfL. „Im Jahr 2021 erlebte Leverkusen ein besonders erfolgreiches Wirtschaftsjahr. Im darauffolgenden Jahr verzeichnete die Stadt Zuwächse in den Bereichen Forstwirtschaft und Dienstleistungen.“Letzteres unterstreiche auch die Rolle Leverkusens als Bürostandort. Der beobachtete Rückgang im produzierenden Gewerbe erfordere eine detaillierte Analyse der individuellen Wertschöpfungsketten am Standort, um eine fundierte Aussage treffen zu können, sagt Zöller weiter. Und:„DieWfL engagiert sich kontinuierlich und vorausschauend für optimale Standortbedingungen. Dadurch können sich neue, nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln, die dasWirtschaftswachstum in Leverkusen stärken. So werden langfristig Existenzen gesichert und neue Perspektiven geschaffen.“
„Die Zahlen sind natürlich erst einmal eine Momentaufnahme und müssen im Detail analysiert werden“, sagt auch Andreas Tressin. Er ist Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands der Metall- und Elektroindustrie Rhein-Wupper und des Unternehmerverbands RheinWupper. „Besorgniserregend ist aber schon, dass offensichtlich ganz maßgeblich das verarbeitende Gewerbe zum negativen Ergebnis der Wirtschaftsleistung beigetragen hat und durch den Dienstleistungsbereich nicht kompensiert werden konnte.“Die Zahlen zeigten damit leider zumindest indiziell, „dass die Deindustrialisierung angesichts hoher Energiepreise und überbordender Bürokratie bereits im Gange ist.“